0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) ab 1981 in Kraft und wurde in Abs. 1 Nr. 3 durch das Zweite Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (2. VwVfÄndG) v. 6.8.1998 (BGBl. I S. 2022) teilweise geändert. Sie gilt nun in der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1.2001.
Die Vorschrift wurde zum 1.9.2009 durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) v. 17.12.2008 (BGBl. I S 2586) in den Abs. 1 und 2 teilweise geändert. Da die Aufgaben der aufgelösten Vormundschaftsgerichte von den Familiengerichten und den neu geschaffenen Betreuungsgerichten übernommen wurden, ist § 15 entsprechend angepasst worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 15 entspricht weitgehend § 16 VwVfG. Die Vorschrift dient sowohl den Interessen der einzelnen Beteiligten wie auch denen der Behörde. Durch die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen gleicht die Behörde die fehlende oder unzureichende Repräsentanz auf der Seite des Beteiligten aus. Da es Fälle gibt, in denen der Beteiligte zwar nicht aus rechtlichen, wohl aber aus tatsächlichen Gründen im Verwaltungsverfahren nicht tätig werden kann, schließt § 15 eine neben der gewillkürten Vertretung nach § 13, der gesetzlichen Vertretung und der Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten nach § 14 bestehen gebliebene Lücke. Ein Ersuchen auf Bestellung eines Vertreters scheidet aus, sofern der Beteiligte schon – sei es gewillkürt oder gesetzlich – vertreten ist. Sofern ein Betreuer bestellt ist, kommt es mithin darauf an, ob der Aufgabenkreis die Vertretung im Verwaltungsverfahren nach dem SGB X umfasst. Falls der Beteiligte lediglich einen Empfangsbevollmächtigten hat, steht dies der Bestellung eines Vertreters von Amts wegen nicht entgegen.
Ob ein Vertreter von Amts wegen zu bestellen ist, entscheidet die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei muss der Beteiligte in die Bestellung des Vertreters von Amts wegen nicht einwilligen, besitzt aber ein Beschwerderecht gegen die Bestellung (§ 58 FamFG). Bei einer Ablehnung der Bestellung ist regelmäßig die Behörde beschwerdeberechtigt. Die ersuchende Behörde kann gegenüber dem Familien- bzw. Betreuungsgericht entsprechende Vorschläge für einen geeigneten Vertreter machen.
2 Rechtspraxis
2.1 Fallgruppen
Rz. 3
Die Gründe für die Bestellung sind in § 15 Abs. 1 abschließend aufgezählt. Im Falle des Abs. 1 Nr. 1 – Vertreterbestellung für einen unbekannten Beteiligten – liegt zwar bereits ein Beteiligungsverhältnis vor, ungewiss ist aber, welche konkrete Person Beteiligter ist. Dabei kommen insbesondere Fälle in Betracht, in denen nicht sicher ist, wem ein Recht zusteht, und in denen ungewiss ist, wer Beteiligter im Sinne von § 12 ist. Unbekannt ist eine Person dann, wenn der Behörde nicht bekannt ist, wem die mit der Beteiligtenbestellung verknüpften Rechte und Pflichten zustehen. Als unbekannt kann die Person des Beteiligten aber erst angesehen werden, wenn die Behörde zuvor nach § 20 ernsthaft zu ermitteln versucht hat. Der wichtigste Fall im Sozialrecht dürfte die Erbengemeinschaft sein, deren Zusammensetzung innerhalb angemessener Frist nicht geklärt werden kann. Vertreter von Amts wegen können nicht nur für natürliche Personen, sondern nach herrschender Meinung auch für juristische Personen bestellt werden, sofern der gesetzliche Vertreter unbekannt ist.
Rz. 4
Abs. 1 Nr. 2 betrifft einen bekannten Beteiligten, dessen Aufenthalt unbekannt ist (1. Alternative) oder der an der Besorgung seiner Angelegenheiten wegen der räumlichen Entfernung verhindert ist (2. Alternative). Unbekannt ist der Aufenthalt, wenn der Ort, an dem sich der Beteiligte aufhält, und die Anschrift, unter der er erreicht werden kann, nicht bekannt sind. Kurzzeitige Abwesenheit mit unbekanntem Aufenthalt, bei der mit einer Rückkehr gerechnet werden kann, genügt regelmäßig nicht; es reicht aber aus, dass die Behörde nicht ohne schwierige zeitraubende Ermittlungen feststellen kann, wo sich der Beteiligte aufhält. Verhindert im Sinne der 2. Alternative ist ein Beteiligter, dem die Besorgung seiner Angelegenheiten wegen Abwesenheit oder aus anderen Gründen nicht möglich ist. Für die Abwesenheit ist auf den Ort abzustellen, an dem die Verfahrenshandlung vorzunehmen ist. Regelmäßig dürfte dies der Wohnort sein. Eine Verhinderung zu bejahen ist bei einer längeren Auslandsreise.
Rz. 5
In Abs. 1 Nr. 3 ist die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen für einen Beteiligten geregelt, der einerseits keinen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB hat und der andererseits erfolglos zur Ernennung eines selbst gewählten Vertreters aufgefordert worden ist. Dabei kommen nur bekannte Beteiligte in Betracht. Es kommt auf den tatsächlichen Aufenthalt für einen nicht ganz unerheblichen Zeitraum und nicht auf den Wohnsitz an. Bei der Fristsetzung sind die mit der Ortsferne verbundenen Schwierigkeiten von der Behörde entsprechend zu berücksichtigen. Bei ihrer Bemessung gelten dieselbe...