Grundsätzlich gilt auch in der Krise: versprochen ist versprochen. Leistungen, die weder unter Vorbehalt noch befristet oder kündbar zugesagt sind, können in aller Regel auch anlässlich der Energiekrise nicht einseitig eingestellt werden.

Einsparungen können hingegen kurz- oder mittelfristig erreicht werden, wenn die jeweiligen Leistungsversprechen kündbar sind oder unter einem Widerrufsvorbehalt stehen. Häufig wird zudem schon das Versprechen selbst unter der Voraussetzung bestimmter wirtschaftlicher Kennzahlen erteilt. Für die Einstellbarkeit von Leistungen kommt es daher wie so oft darauf an, was vereinbart ist. Die größten Erfolgsaussichten für rechtssichere Einsparungen bieten in der Regel Leistungen aus Betriebsvereinbarungen.

Für Unternehmen kann es sich also in Krisenfällen lohnen, die Rechtsgrundlagen ihrer Zahlungen auf folgende Merkmale zu untersuchen:

  • Leistungsversprechen ist flexibel ausgestaltet,
  • Leistung ist durch Betriebsvereinbarung geregelt,
  • Leistung ist einem wirksamen Widerrufsvorbehalt unterstellt,
  • Leistung ist mit einem wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt versehen.

3.1 Flexible Leistungsversprechen

Bestimmte Leistungen sind schon ihrer Natur nach an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens, bestimmter Geschäftsbereiche oder einzelner Mitarbeiter gekoppelt. So z. B. variable Vergütungen oder Erfolgsprämien, die direkt oder indirekt vom Unternehmensergebnis oder bestimmter Umsatzzahlen des Unternehmens abhängen. In anderen Fällen sind variable Vergütungen, Boni oder Sonderzahlungen auch in das Ermessen des Arbeitgebers ("kann ein Bonus gewährt werden") gestellt – was zulässig ist. Dieses Ermessen ist durch das Arbeitsgericht allerdings voll überprüfbar.[1] Nachweisbarer Umsatzrückgang und beachtliche finanzielle Schwierigkeiten stellen im Rahmen der hier anzustellenden Interessensabwägung gewichtige Argumente gegen eine Auszahlung dar bzw. können zur Reduktion bis auf Null führen.

Bei der eben genannten Art von Leistungen ist die Reduktion bzw. Einstellung schon im Leistungsversprechen selbst angelegt. Hier geht es folglich nur um die Prüfung und konsequente Nutzung der schon vorhandenen Spielräume.

Gleiches gilt für Provisionen, Verkaufsprämien und Akkordlöhne. Auch hier dürfte sich ein Auftragsrückgang in der Regel ohne weitere Umwege auf die Vergütungshöhe auswirken.

3.2 Leistungen, die in Betriebsvereinbarungen geregelt sind

Sämtliche Leistungen, die allein auf Betriebsvereinbarungen beruhen, können grundsätzlich unter Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist eingestellt werden. Sie sind – soweit nichts anderes vereinbart ist – mit einer Frist von 3 Monaten kündbar.[1] Eine Begründung ist nicht erforderlich. Besondere Beachtung verdient hier das Thema Nachwirkung: Eine Kündigung im Krisenfall wirkt kurzfristig nur dann entlastend, wenn nach Ablauf der Kündigungsfrist keine Nachwirkung eintritt. Will ein Arbeitgeber mit der Kündigung einer Betriebsvereinbarung über teilmitbestimmte Leistungen seine Zahlungen vollständig und ersatzlos einstellen, tritt keine Nachwirkung ein. Dasselbe gilt, wenn eine Nachwirkung ausdrücklich ausgeschlossen wurde und das Gegenteil gilt, wenn sie ausdrücklich in der Betriebsvereinbarung vereinbart wurde.

 
Praxis-Tipp

Verhandlungen mit dem Betriebsrat

Auch wenn eine finanzielle Entlastung wegen der Kündigungsfrist in der Regel nicht sofort eintritt, kann es sich bei der Kündigung und schon der Kündigungsankündigung um ein wirksames Mittel für Einsparungen handeln: Besteht die ernsthafte Bereitschaft des Arbeitgebers, eine Betriebsvereinbarung ohne Nachwirkung zu kündigen und so die Leistungen dauerhaft und ersatzlos zu streichen, steigt naturgemäß auch die Verhandlungsbereitschaft des Betriebsrates. Die Verhandlungen können sich sodann darauf richten, dass die in der Betriebsvereinbarung vorgesehene Leistung z. B. nur kurzfristig reduziert anstatt dauerhaft gestrichen wird.

3.3 Widerrufsvorbehalte

Wurde für Sonderzahlungen ein Widerrufsvorbehalt vereinbart, ist im ersten Schritt die Wirksamkeit dieses Vorbehalts zu überprüfen:

Besteht die Vergütung aus verschiedenen Entgeltbestandteilen, können einzelne Bestandteile – nicht jedoch das Fixgehalt – einem Widerrufsvorbehalt unterstellt werden. Die widerrufliche Leistung muss nach Art und Höhe angegeben sein. Der widerrufliche Vergütungsbestandteil darf nach allgemeiner Meinung nicht mehr als 25 % des Gesamtverdienstes ausmachen. Die Vertragsklausel muss außerdem die Richtung angeben, aus welcher Grund der Widerruf möglich sein soll,[1] z. B. wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers.

Der Vorbehalt, eine Leistung "im Fall der wirtschaftlichen Notlage" des Unternehmens zu widerrufen, ist z. B. wirksam und darf jedenfalls dann ausgeübt werden, wenn das Unternehmen in seiner Existenz bedroht ist und am Rande einer Insolvenz steht.

Ist ein Widerrufsvorbehalt wirksam vereinbart, ist in einem zweiten Schritt erforderlich, dass der Arbeitgeber hiervon auch in angemessener Art und Weise gebraucht macht (sog. "Billigkeit"). Dies bedeutet konkret, dass der W...

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