Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Der Rechtsstreit wird um Überbrückungsgeld auf Zeit geführt.
Der im Jahre 1938 geborene Kläger war - zuletzt als Kapitän bei einer Flensburger Reederei - von 1953 bis zum 31. Juli 1979 in der Handelsschiffahrt beschäftigt und während dieses Zeitraums für mehr als 240 Kalendermonate bei der Seekasse (Rentenversicherungsanstalt für Seeleute) versichert. Ab 1. August 1979 wurde er vom Bundesministerium der Verteidigung im "Marinearsenal - Arsenalbetrieb Kiel" als Steuermann eingestellt und vorwiegend auf dem im Bereich des Kieler Hafens fahrenden Hafenschlepper "E…" eingesetzt sowie gelegentlich nach Maßgabe im Einzelfall erteilter Ein- und Ausschiffungsanordnungen für Fahrten an Bord anderer Schiffe im Bereich der Nordsee und der Ostsee abgeordnet.
Den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Überbrückungsgeldes auf Zeit vom 25. Januar 1980 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Mai 1980 ab, weil der Kläger als Steuermann eines Hafenschleppers auch über den 31. Juli 1979 hinaus als Seemann in der Seefahrt tätig und damit nicht aus der Seefahrt ausgeschieden sei. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 17. September 1980).
Das Sozialgericht (SG) Kiel hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. Juli 1981) und das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 2. Juni 1983). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe ein Überbrückungsgeld auf Zeit nicht zu. Er erfülle nicht die dafür nach § 9 Abs. 1 der Satzung der Beklagten (im folgenden nur bezeichnet als: Satzung) erforderliche Voraussetzung, daß er auf Dauer nicht mehr als Seemann tätig sei. Den in dieser Vorschrift nicht näher definierten Begriff des "Seemanns" habe der Satzungsgeber grundsätzlich im Sinne der in der Sozialversicherung für Seeleute gebräuchlichen Bedeutung verwenden wollen. Er werde für die Bereiche des Kranken-, Unfall- und Rentenversicherungsrechts mit Wirkung ab 1. Juli 1977 durch § 1 Abs. 1 i. V. m. § 13 Abs. 1 und 2 des Sozialgesetzbuchs, Viertes Buch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB 4) vom 23. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3845) verbindlich definiert. In diesem Sinne sei der Kläger auch aufgrund seines Arbeitsvertrages mit der Bundesmarine Besatzungsmitglied eines deutschen Seeschiffes und damit immer noch Seemann. Der Hafenschlepper "E…" sei ein "deutsches Seeschiff" im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB 4. Er sei zur Seeschiffahrt bestimmt. Als solche gelte nach § 836 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) u. a. die Fahrt auf Buchten. Die Kieler Förde einschließlich des Hafens sei eine Bucht. Die "E…" sei auch zur Führung der Bundesflagge berechtigt. Der Auffassung des Klägers, der Vorgang des Ausscheidens aus der Seefahrt decke sich sachlich und zeitlich mit der Beendigung der Mitgliedschaft in der See-Berufsgenossenschaft (See-BG), könne nicht gefolgt werden. Eine solche Absicht des Satzungsgebers lasse sich weder dem Wortlaut der Satzungsbestimmungen noch den Satzungsmaterialien entnehmen. Nach dem Zweck der Regelung solle mit dem Überbrückungsgeld auf Zeit Seeleuten Hilfe für den Aufbau einer beruflichen Existenz an Land geleistet werden. Unter Berücksichtigung dieses Normzwecks komme es für die Bestimmung dessen, was als Ausscheiden aus der Seefahrt zu gelten habe, entscheidend darauf an, ob der Vorgang zur Aufnahme einer Tätigkeit führe, welche Kenntnisse und Fertigkeiten erfordere, über die ein Seemann nicht oder nur in so geringem Umfange verfüge, daß er zur vollwertigen Berufsausübung einer völlig neuen oder ergänzenden Berufsausbildung bedürfe. Nur dann bestehe Anlaß zur Gewährung einer diesem Zweck dienenden finanziellen Hilfe. Die am 1. August 1979 und somit unmittelbar im Anschluß an sein Ausscheiden bei der Reederei in Flensburg aufgenommene Tätigkeit des Klägers an Bord der "E…" habe jedoch eine neue oder ergänzende Ausbildung des Klägers nicht erfordert und sei nicht mit einem Berufswechsel verbunden gewesen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Er rügt eine Verletzung des § 9 Abs. 1 der Satzung und trägt zur Begründung vor: Das LSG habe den Begriff des "Seemanns" verkannt. Er (Kläger) sei jetzt in der Behördenschiffahrt in der Kieler Bucht tätig und betrachte sich nicht als Seemann. Ebensowenig werde er von seinen früheren Berufskollegen oder nach der Verkehrsanschauung der betroffenen Kreise als Seemann angesehen. Er sei nicht mehr bei der See-BG gegen Unfall versichert. Sinn und Zweck der Seemannskasse sei es gerade, den aus dem Geltungsbereich der See-BG ausgeschiedenen Versicherten das Überbrückungsgeld zu gewähren. Das habe auch objektiven Niederschlag in der Satzung gefunden. Nach deren § 7 seien alle Seeleute im Sinne der Satzung pflichtversichert. Damit seien alle Nichtversicherten auch keine Seeleute. Nur so sei auch verständlich, daß Seeleute auf ausgeflaggten Schiffen ausdrücklich von der Leistung hätten ausgenommen werden müssen. Denn an sich hätten sie wegen Ausscheidens aus dem Geltungsbereich der See-BG Anspruch auf das Überbrückungsgeld gehabt. Weitere Personenkreise habe der Satzungsgeber nicht vom Bezug des Überbrückungsgeldes auf Zeit ausgeschlossen. Auch in der Literatur werde von Seeleuten normalerweise nur dann gesprochen, wenn es sich um pflichtversicherte Seeleute handele. Das LSG habe bei der Heranziehung der Definition des Seemanns in § 13 Abs. 1 SGB 4 übersehen, daß dort ausdrücklich "die Reise des Schiffes" als rechtliches Erfordernis erwähnt werde. Das gelte nicht nur für die sonstigen Arbeitnehmer an Bord von Seeschiffen, sondern selbstverständlich auch für Kapitäne und Besatzungsmitglieder. Sie seien von Hause aus nicht Seeleute, wenn sie nicht auf Fahrt gingen. Dieses Erfordernis der "Fahrt" finde sich schon in dem bis zum 30. Juni 1977 geltenden (= a. F.) § 163 Abs. 2 RVO. Sein (des Klägers) Schiff gehe jedoch nicht "auf Reise" oder "auf Fahrt". Schließlich habe das LSG Sinn und Zweck des Überbrückungsgeldes verkannt. Es solle den regelmäßigen Minderverdienst nach dem Ausscheiden aus der Seefahrt kompensieren und eine Ergänzung im Landberuf sein. Eine solche typische Situation sei auch bei ihm (Kläger) gegeben. Er habe als technischer Angestellter der Bundesrepublik Deutschland ein erheblich geringeres Einkommen als an Bord eines deutschen Seeschiffes und schon durch den Wegfall der ständig anfallenden Überstunden eine wesentliche Einkommenseinbuße erlitten.
Der Kläger beantragt,die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 2. Juni 1983 und des Sozialgerichts Kiel vom 7. Juli 1981 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom27. Mai 1980 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. September 1980 zu verurteilen, ihm ein Überbrückungsgeld auf Zeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Kläger sei nach wie vor als Seemann tätig. Grundvoraussetzung jeder Leistungsgewährung aus der Seemannskasse sei die dauernde Aufgabe einer Tätigkeit als Seemann. Das ergebe sich schon aus dem Konzeptionsvorschlag der See-BG vom 16. August 1971, der Grundlage der Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien über die Einführung einer "Seemannsrente" vom 17. März und 14. Juni 1972 sowie - nach Schaffung der gesetzlichen Grundlage in § 891a RVO - der Einrichtung der Seemannskasse und ihrer Satzung geworden sei. Das Ausscheiden aus der See-Unfallversicherung bei der See-BG und damit auch aus der Versicherung bei der Seemannskasse sei nicht der Aufgabe einer Tätigkeit als Seemann gleichzusetzen. Daß der Kläger nicht mehr der Unfallversicherung bei der See-BG unterliege, beruhe allein darauf, daß nach § 850 Abs. 3 RVO die Bundesrepublik Träger der See-Unfallversicherung sei. Die Zuständigkeit des See-Unfallversicherungsträgers sei jedoch für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 der Satzung unerheblich. Der Begriff der "Seeleute" im Sinne des § 7 der Satzung sei in § 13 SGB 4 definiert. § 7 Nr. 1 der Satzung enthalte keine abweichende Begriffsbestimmung, sondern beschränke lediglich den Kreis der Versicherten auf die bei der See-BG unfallversicherten rentenversicherungspflichtig beschäftigten Seeleute. Der Satzungsgeber habe in Anbetracht der seit Jahrzehnten bestehenden gesetzlichen Regelung des Seemannsbegriffs auf eine besondere Definition verzichtet. Es hätte jedoch einer besonderen Satzungsregelung bedurft, um die Tätigkeit eines Seemanns außerhalb der Versicherung der See-BG und der Seekasse einer Landtätigkeit gleichzustellen und damit für den Bezug des Überbrückungsgeldes unschädlich zu machen. Eine solche Regelung fehle. Damit könne nur der Seemannsbegriff des SGB 4 maßgebend sein. Ihm entspreche die Tätigkeit des Klägers als Steuermann auf dem Schlepper. Dabei sei insbesondere die Dauer der Reise unerheblich, sondern allein maßgebend, daß der Kläger als Besatzungsmitglied eines Seeschiffes in der Seefahrt, wozu auch die Fahrt auf Buchten, Haffen und Watten der See gehöre, beschäftigt sei. Zumindest wegen seines gelegentlichen Einsatzes außerhalb der Seegrenzen als Besatzungsmitglied anderer Fahrzeuge habe er seine Tätigkeit als Seemann nicht auf Dauer aufgegeben. Angesichts dessen würde die Gewährung eines Überbrückungsgeldes an den Kläger nicht dem Sinn dieser Leistung entsprechen.
Nach Kenntnis des Urteils des erkennenden Senats vom 16. Februar 1984 - 1 RS 5/83 - haben die Beteiligten ihre Ausführungen unter Aufrechterhaltung des jeweiligen Rechtsstandpunktes ergänzt.
Entscheidungsgründe
II.
Die durch Zulassung statthafte Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger begehrt mit der von ihm erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) die Gewährung eines Überbrückungsgeldes auf Zeit. Rechtsgrundlage dieses Anspruchs sind §§ 8 und 10 Abs. 1 i. V. m. § 9 der Satzung der Beklagten vom 21. August 1973 (HANSA 1973, 2249) in der zuletzt (betr. § 10 Abs. 1 und 2 der Satzung) durch den 5. Nachtrag zur Satzung vom 29. Mai 1979 (HANSA 1979, 1166a) geänderten und seither unverändert geltenden Fassung. Danach werden an Leistungen der Beklagten nur Überbrückungsgeld auf Zeit und Überbrückungsgeld gewährt (§ 8 der Satzung). Überbrückungsgeld für längstens drei Jahre (Überbrückungsgeld auf Zeit) erhält ein Versicherter nach Vollendung des 40. Lebensjahres, wenn er im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Seefahrt das 52. Lebensjahr nicht vollendet hat. Nach Vollendung des 35. Lebensjahres muß eine nach § 7 versicherungspflichtige Seefahrtzeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt sein (§ 10 Abs. 1 der Satzung). Überbrückungsgeld auf Zeit oder Überbrückungsgeld erhält auf Antrag ein Versicherter, wenn er auf Dauer als Seemann, als nach § 1227 Abs. 1 Nr. 4 RVO versicherter Küstenschiffer und Küstenfischer und sonst als Selbständiger in der Seefahrt an Bord - auch auf Seefahrzeugen unter ausländischer Flagge - nicht mehr tätig ist, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder eines Altersruhegeldes nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherungen nicht vorliegen und er die Wartezeit sowie die in §§ 10 oder 11 genannten Voraussetzungen erfüllt (§ 9 Abs. 1 der Satzung). Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Versicherte eine nach § 7 versicherupgspflichtige Seefahrtzeit von 240 Kalendermonaten zurückgelegt hat (§ 9 Abs. 2 Satz 1 der Satzung).
Der Kläger hat diese Wartezeit ebenso wie die in § 10 Abs. 1 der Satzung festgelegten altersmäßigen Voraussetzungen für die Gewährung eines Überbrückungsgeldes auf Zeit erfüllt. Das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Streitig ist allein, ob der Kläger seit Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses als Kapitän bei einer Flensburger Reederei zum 31. Juli 1979 und Aufnahme seiner Tätigkeit als Steuermann des Hafenschleppers "E…" im Sinne des § 9 Abs. 1 der Satzung "auf Dauer als Seemann … nicht mehr tätig ist". Diese Voraussetzung haben die Vorinstanzen zu Recht verneint. Der Kläger ist auch seit dem 1. August 1979 weiterhin als Seemann tätig.
Die Satzung der Beklagten enthält eine eigenständige Definition des Begriffs des "Seemanns" nicht. Eine solche kann entgegen der Meinung des Klägers insbesondere nicht dem § 7 Nr. 1 der Satzung entnommen werden. Nach dieser Vorschrift in ihrer seit dem 1. Januar 1983 geltenden Fassung des 10. Nachtrags zur Satzung vom 1. Dezember 1982 (HANSA 1983, 314 und 966) werden bei der Seemannskasse u. a. versichert Seeleute, die auf Seefahrzeugen gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung ohne Entgelt rentenversicherungspflichtig oder nach § 2 Abs. 3 SGB 4 rentenversichert beschäftigt und bei der See-BG unfallversichert sind. § 7 der Satzung dient damit ersichtlich - wie die ihm vorausgehende Überschrift des Abschnitts III: "Versichertenkreis" zusätzlich bestätigt - ausschließlich und allein der Eingrenzung des Kreises der bei der Beklagten versicherten Personen und beschränkt ihn - abgesehen von den in § 7 Nr. 2 der Satzung genannten Küstenschiffern und Küstenfischern - auf die auf Seefahrzeugen rentenversicherungspflichtig oder rentenversichert beschäftigten und zugleich bei der See-BG unfallversicherten Seeleute. Damit gehören dem Kreis der bei der Beklagten Versicherten z. B. nicht die in einem für Rechnung des Bundes gehenden, der Seefahrt dienenden Unternehmen (§ 835 RVO), für welches der Bund Träger der See-Unfallversicherung ist (§ 850 Abs. 3 RVO) und der zuständigen Berufsgenossenschaft nicht beigetreten ist (§ 653 Abs. 2 RVO), tätigen Personen an. Das allein sagt aber über die Seemannseigenschaft dieser Personen nichts aus, sondern bedeutet lediglich, daß sie selbst bei Vorliegen dieser Seemannseigenschaft nicht bei der See-BG und damit auch nicht bei der Beklagten versichert sind (zum Rechtscharakter des § 835 RVO als einer reinen Zuständigkeitsregelung vgl. auch Urteil des Bundessozialgerichts -BSG- vom 28. Juni 1981 - 2 RU 45/83 -). Daß der Kläger seit dem1. August 1979 nicht mehr bei der See-BG unfallversichert ist, ist nach alledem entgegen seiner Auffassung für die Frage, ob er weiterhin als Seemann tätig ist, ohne Belang. Dementsprechend ist diesem Umstand bereits im Urteil des Senats vom 16. Februar 1984 - 1 RS 5/83 - keine entscheidende Bedeutung beigemessen worden.
Der Begriff des "Seemanns" im Sinne des § 9 Abs. 1 der Satzung beurteilt sich somit nach anderen Kriterien. Er ist identisch mit dem in der der Satzung zugrundeliegenden Ermächtigungsnorm des § 891a RVO in der Pluralform verwendeten Begriff der "Seeleute". Das hat der Senat bereits in seinem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 16. Februar 1984 - 1 RS 5/83 - entschieden. Für den vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Allerdings enthält § 891a Abs. 1 RVO seinerseits wiederum eine eigenständige Definition der Begriffe des "Seemanns" bzw. der "Seeleute" nicht. Insofern ist jedoch auf die in § 13 SGB 4 enthaltenen Begriffsbestimmungen zurückzugreifen (vgl. Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Band 4, § 891a, Anm. 7 - Stand September 1979 - und Anhang zu § 836, § 13 SGB 4, Anm. 2 - Stand April 1981 -). § 13 SGB 4 bestimmt für alle Zweige der Sozialversicherung einheitlich die Begriffe "Seeleute" und "deutsche Seeschiffe" (Kaltenbach/Maier, Die Rentenversicherung im Sozialgesetzbuch, Band III, § 13 SGB 4, Anm. 1, Stand Juli 1978; vgl. auch Hauck/Haines, SGB IV/1, K § 13, Rdz. 1, Stand Juni 1979) und ist damit auch für die Zuständigkeit der Beklagten gemäß § 891a Abs. 1 RVO von Bedeutung (v. Maydell in Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, 1978, § 13 SGB 4 Anm. 1).
Nach den Definitionen des § 13 SGB 4 sind Seeleute Kapitäne und Besatzungsmitglieder von Seeschiffen sowie sonstige Arbeitnehmer, die an Bord von Seeschiffen während der Reise im Rahmen des Schiffsbetriebes beschäftigt sind, mit Ausnahme der Lotsen (Abs. 1). Als deutsche Seeschiffe gelten alle zur Seefahrt bestimmten Schiffe, die berechtigt sind, die Bundesflagge zu führen (Abs. 2). Der Begriff der Seefahrt ergibt sich aus § 836 RVO (Kaltenbach/Maier, a. a. O., § 13 SGB 4, Anm. 6; differenzierend Gurgel in RVO-Gesamtkommentar, § 13 SGB 4, Anm. 7). Danach gilt als Seefahrt u. a. die Fahrt auf See außerhalb der Grenzen, die § 1 der Dritten Durchführungsverordnung zum Flaggenrechtsgesetz vom 3. August 1951 (BGBl. II S. 155; im folgenden: 3. DVO-FlagRG) festsetzt (Nr. 1), sowie die Fahrt auf Buchten, Haffen und Watten der See (Nr. 2).
Auf der rechtlichen Grundlage dieser Vorschriften ist der Hafenschlepper "E…" als deutsches Seeschiff im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB 4 anzusehen. Er ist berechtigt, die Bundesflagge zuführen. Das ergibt sich aus § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 des Gesetzes über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz) vom 8. Februar 1951 (BGBl. I S. 79; im folgenden: FlagRG). Danach haben die Bundesflagge alle Kauffahrteischiffe und sonstigen zur Seefahrt bestimmten Schiffe (Seeschiffe) zu führen, deren Eigentümer Deutsche sind und ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG) haben (§ 1 Abs. 1 FlagRG). Das Recht zur Führung der Bundesflagge wird durch das Schiffszertifikat nachgewiesen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 FlagRG). Seeschiffe im Eigentum und öffentlichen Dienst des Bundes, eines zum Bunde gehörigen Landes oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Anstalt mit Sitz im Geltungsbereich des GG weisen sich durch eine Flaggenbescheinigung aus (§ 4 Abs. 1 FlagRG). Hierzu zählen auch die Schiffe der Bundesmarine (Kaltenbach/Maier, a. a. O., § 13 SGB 4, Anm. 7). Der Hafenschlepper "E…" Ist ferner zur Seefahrt bestimmt. Dabei kann auf sich beruhen, ob er bestimmungsgemäß auch seewärts der Verbindungslinie zwischen dem Leuchtturm Bülk und dem Marine-Ehrenmal Laboe (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 10 der 3. DVO-FlagRG) und damit zur Seefahrt im engeren Sinne eingesetzt wird. Jedenfalls erfolgt sein Einsatz auf einer "Bucht der See" im Sinne des § 863 Nr. 2 RVO. Zu diesen Buchten zählt die Kieler Förde einschließlich des Kieler Hafens (Lauterbach/Watermann, a. a. O., § 836 Anm. 5, Stand Mai 1978 m. w. N.).
Der Kläger ist als Steuermann des Hafenschleppers "E…" Besatzungsmitglied eines Seeschiffes im Sinne des § 13 Abs. 1 SGB 4. Insoweit sind die Vorschriften des Seemannsgesetzes vom 26. Juli 1957 (BGBl. II S. 713; im folgenden: SeemG) maßgebend. Danach (§ 3 SeemG) sind Besatzungsmitglieder die Schiffsoffiziere, die sonstigen Angestellten und die Schiffsleute. Schiffsoffiziere sind u. a. die Angestellten des nautischen oder des technischen Schiffsdienstes, die eines staatlichen Befähigungszeugnisses bedürfen (§ 4 Nr. 1 SeemG). Sonstige Angestellte sind Besatzungsmitglieder, die, ohne Schiffsoffiziere zu sein, nach der seemännischen Verkehrsanschauung als Angestellte angesehen werden, insbesondere wenn sie eine überwiegend leitende, beaufsichtigende oder büromäßige Tätigkeit oder eine verantwortliche Tätigkeit ausüben, die besondere Kenntnisse erfordert (§ 5 SeemG). Es kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls welches Befähigungszeugnis der Kläger als Steuermann eines im Kieler Hafen fahrenden Hafenschleppers der Bundesmarine benötigt und ob er deswegen zu den Schiffsoffizieren zu rechnen ist. Jedenfalls gehört er aufgrund dessen, daß er nach eigenem Vorbringen von der Bundesrepublik Deutschland als technischer Angestellter eingestellt worden ist, zu den sonstigen Angestellten (§ 5 SeemG) und als solcher zu den Besatzungsmitgliedern (§ 3 SeemG). Daran vermag der Hinweis des Klägers, der Hafenschlepper "E…" gehe nicht auf "Reise", nichts zu ändern. Insoweit braucht nicht erörtert zu werden, was unter dem Begriff der "Reise" zu verstehen und insbesondere ob er - wie dies offensichtlich der Kläger meint - identisch ist mit demjenigen der "Hochseefahrt". Denn jedenfalls bezieht sich das in § 13 Abs. 1 SGB 4 statuierte Erfordernis der Beschäftigung "an Bord von Seeschiffen während der Reise im Rahmen des Schiffsbetriebes" nur auf die sonstigen Arbeitnehmer, die nicht in einem Heuerverhältnis zum Reeder des Schiffes stehen. Sie gehören nicht zur Besatzung. Deswegen sind auf sie die Vorschriften des SeemG sinngemäß nur dann anzuwenden, wenn sie während der Reise im Rahmen des Schiffsbetriebes an Bord tätig sind (§ 7 Abs. 1 SeemG), und sie lediglich unter dieser Voraussetzung gemäß § 13 Abs. 1 SGB 4 als Seeleute anzusehen (vgl. Lauterbach/Watermann, a. a. O., Anhang zu § 836, S. 13 SGB 4, Anm. 5). Für die echten Besatzungsmitglieder (§ 3 SeemG) gilt diese einschränkende Voraussetzung hingegen nicht. Sie sind "Seeleute" unbeschadet dessen, ob sich ihr Seeschiff auf "Reise" befindet oder nicht.
Der Kläger ist nach alledem auch seit dem 1. August 1979 weiterhin als Seemann tätig und erfüllt damit die von § 9 Abs. 1 der Satzung der Beklagten geforderte gegenteilige Voraussetzung für die Gewährung eines Überbrückungsgeldes auf Zeit nicht. Mit dieser Entscheidung setzt sich der erkennende Senat entgegen der Meinung des Klägers nicht in Widerspruch zu seinem Urteil vom 16. Februar 1984 - 1 RS 5/83 -. Darin ist ausgesprochen worden, daß der Schiffsführer eines vor der deutschen Küste fest auf Position liegenden Feuerschiffes im Sinne des § 891a Abs. 1 Satz 1 RVO aus der Seefahrt ausgeschieden und somit nicht mehr Seemann sei. Maßgebend dafür ist die Erwägung gewesen, daß ein fest auf Position liegendes Feuerschiff der Deutschen Wasser- und , Schiffahrtsverwaltung nicht dazu bestimmt sei, sich außerhalb der Grenzen des FlagRG auf See, deren Buchten, Haffen und Watten fortzubewegen und dabei Personen und Sachen zu tragen, und somit kein Seeschiff sei. Der vom Kläger gesteuerte Hafenschlepper "E…" ist dagegen aus den bereits dargelegten Gründen ein solches Seeschiff.
Die Urteile der Vorinstanzen erweisen sich als zutreffend. Dies führt zur Zurückweisung der Revision des Klägers.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen