Streit um höheren Mindestlohn ab 2017

Die Mindestlohn-Kommission muss bis Ende Juni die konkrete Höhe der Lohnuntergrenze ab 2017 festlegen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter bringen sich mit den jeweiligen Argumenten in Stellung. Die Frage bleibt: Wie viel Spielraum für eine Erhöhung lässt das Gesetz?

Seit beinahe eineinhalb Jahren sind die 8,50 Euro der Betrag für den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Klar dürfte aber auch sein: Die magische Grenze scheint bald ausgedient zu haben. Bis Ende des Monats soll eine neue Zahl feststehen.

Allerdings: Drei Wochen vor der Entscheidung spitzt sich der Streit über die künftige Höhe des Mindestlohns zu. Gewerkschaften und SPD betonten, es gebe gesetzlichen Spielraum für eine deutliche Erhöhung. Arbeitgeber und der CDU-Wirtschaftsflügel pochten auf eine enge Auslegung der Vorgaben. Zu entscheiden hat darüber die Mindestlohnkommission.

Mindestlohn-Kommission: Orientierung an Tarifindex?

Mit dem Vorsitzenden Jan Zilius entscheiden in der Kommission jeweils drei Spitzenvertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Anpassung. Zwei Vertreter der Wissenschaft haben beratende Funktion. Die Entscheidung muss laut Gesetz bis zum 30. Juni fallen. Laut Fahrplan der Kommission soll sie am 28. Juni getroffen werden.

Bei der Entscheidung über die künftige Höhe des Mindestlohns  hat sich die Kommission an der Entwicklung der Tariflöhne zu orientieren, die das Statistische Bundesamt im Tarifindex zusammenfasst. Gemäß dieser Vorgabe dürfte der Mindestlohn künftig unter 8,80 Euro bleiben. Denn der Tarifindex lag im Mai bei plus 3,1 Prozent im Vergleich zu Dezember 2014. Laut einer Simulation dürfte es im Juni ein Plus von 3,2 Prozent sein, wie eine Sprecherin des Statistischen Bundesamts sagte.

Gewerkschaften: Abwägung verlangt höheren Mindestlohn

Der Vorsitzende der IG BAU, Robert Feiger, hatte eine stärkere Anhebung verlangt als durch die reine Tarifentwicklung bis dann vorgegeben. Im Mindestlohngesetz ist von einer Abwägung die Rede, die die Kommission auch unter Berücksichtigung unter anderem des angemessenen Schutzes der Arbeitnehmer zu treffen habe. Laut der Geschäftsordnung der Kommission gilt zunächst aber die Maßgabe des Tarifindexes.

Burkhard Siebert, Vize-Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): "Der gesetzliche Mindestlohn sollte ab 2017 deutlich über neun in Richtung zehn Euro steigen."

Arbeitgeber: Aktuelle Tarifabschlüsse nicht zu berücksichtigen

"Es gibt überhaupt keine Veranlassung, auch nur einen Cent über den Tarifindex hinauszugehen", meint dagegen die Geschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA, Ingrid Hartges, gegenüber der dpa. "Das wäre eine Fortsetzung der Eingriffe in die Tarifautonomie." Auch Arbeitgebervertreter Reinhard Göhner hatte betont, Spielraum für Verhandlungen gebe es nicht.

Die Arbeitgeber lehnen insbesondere die Forderung der Gewerkschaften ab, auch die Tarifabschlüsse für die Metall- und Elektroindustrie sowie für den öffentlichen Dienst zu berücksichtigen. Der Index bis Juni enthält diese noch nicht.

Politik: Angemessene Erhöhung durch Mindestlohnkommission

Der Chef des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion, Christian von Stetten, sagte der dpa, der Vorschlag der Gewerkschaften dürfe nicht umgesetzt werden. "Die Mindestlohnkommission tagt unabhängig von der Politik, aber an Recht und Gesetz müssen sich die Mitglieder ebenfalls halten."

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Katja Mast, hingegen betonte: "Wir wollen eine Gesamtabwägung, wie sie im Gesetz steht. Dabei sollte ein angemessener Mindestschutz berücksichtigt werden." Sie erwarte eine angemessene Erhöhung, die den Wert der Arbeit steigere.

dpa
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