Leiharbeiter sind ohne Recht auf Festanstellung beim Entleiher

Das BAG hat aktuell einem dauerhaft beim Entleiher beschäftigten Leiharbeiter den Anspruch auf Festanstellung verwehrt. Der Arbeitsrechtler Dr. Marc Spielberger erläutert die Folgen des Urteils.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 10. Dezember 2013 entschieden, dass kein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher zustande kommt, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt und der Verleiher eine Verleiherlaubnis hat (Az. 9 AZR 51/13).

Das Urteil gliedert sich in eine Reihe von aktuellen Entscheidungen zum Thema Leiharbeit ein. Auch die Politik wird jetzt tätig werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was dieses Urteil für die Praxis bedeutet und was voraussichtlich auf den Arbeitsmarkt zukommt.

Haufe Online-Redaktion: Was halten Sie von dem Urteil?

Dr. Marc Spielberger: Das Urteil ist für Arbeitgeber, aber auch für Verleihunternehmen durchaus ein Meilenstein und damit zu begrüßen. Hätte der 9. Senat des BAG entschieden, dass ein Arbeitsverhältnis zustande kommt – wie die Vorinstanz – hätte dies zu einer Klagewelle geführt. Weiterhin ungeklärt geblieben ist, was zeitlich unter "vorübergehend" zu verstehen ist, wo also die Grenze liegt.

Haufe Online Redaktion: Können sich Arbeitgeber (Entleiher) nun entspannt zurücklehnen und Leiharbeiter unbegrenzt beschäftigen, ohne eine Festanstellung zu riskieren oder gibt es aus anderen Aspekten eine Grenze?

Spielberger: Bei entleihenden Arbeitgebern, die einen Betriebsrat haben, kann dieser über § 99 BetrVG die Einstellung eines Leiharbeitnehmers blockieren, wenn dessen Einsatz nicht "vorübergehend" erfolgt. Verleiher müssen befürchten, dass ihre Verleiherlaubnis widerrufen, zurückgenommen oder zukünftig versagt wird. Entleiher ohne Betriebsrat können derzeit noch aufatmen. Allerdings reicht ein Federstrich der großen Koalition aus und schärfere Sanktionen werden gesetzlich eingeführt. So wäre es durchaus möglich, dass die Politik die BAG-Entscheidung konterkariert und als Rechtsfolge festschreibt, dass ein Arbeitsverhältnis doch zustande kommt. Insgesamt gilt für Arbeitgeber, dass sie ihre Leiharbeitseinsätze und Werkvertragskonzepte jetzt genau auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen und sich mit dem Thema intensiv befassen sollten. Die Signale aus Politik und Rechtsprechung müssen ernst genommen werden. So können im Einzelfall Alternativkonzepte, wie zum Beispiel die gezielte Bildung von Gemeinschaftsbetrieben, tarifliche Lösungen oder Ausgründungskonzepte der bessere Weg sein.

Haufe Online Redaktion: Ist der Gesetzgeber nun gefordert? Muss er beim Thema Leiharbeit tätig werden? Im Koalitionsvertrag wurde dazu bereits etwas vereinbart...

Spielberger: Der Koalitionsvertrag sieht sowohl zur Leiharbeit als auch zu missbräuchlichen Werkvertragsgestaltungen gesetzliche Neuerungen vor. Bei der Leiharbeit ist eine feste zeitliche Grenze von 18 Monaten im Koalitionsvertrag vorgesehen. Ausnahmen sind mit Tarifvertrag möglich. Nach neun Monaten müssen Leiharbeitnehmer dasselbe verdienen wie Stammbeschäftigte. Bei den Werkverträgen sieht der Koalitionsvertrag vor, dass im Fall des Missbrauchs zwischen Auftraggeber und den im Rahmen eines vermeintlichen Werkvertrags eingesetzten Beschäftigten eines Dritten ein Arbeitsverhältnis entstehen soll. Das wäre eine gravierende Rechtsfolge für Unternehmen.

Haufe Online Redaktion: Was halten Sie von den geplanten Neuregelungen? Hätten Sie eine Idee für eine andere, sinnvollere Regelung?

Spielberger: Aus Arbeitgebersicht positiv ist, dass auch auf Dauerarbeitsplätzen eine Beschäftigung von Leiharbeitnehmern möglich bleibt, was in der Rechtsprechung teils anders gesehen wird. Fraglich ist, auf was sich die 18 Monate beziehen werden – den konkreten Arbeitsplatz, den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern. Ebenso ist noch unklar, ob nach einer bestimmten Pause die 18 Monate wieder neu zu zählen anfangen, sodass hier Arbeitgeber Flexibilität bekommen. Insgesamt wäre für Arbeitgeber und Verleiher eine deutlich längere Zeit als 18 Monate begrüßenswert und im Rahmen der betrieblichen Flexibilität wichtig, zum Beispiel eine Höchstverleihdauer von mindestens drei Jahren und der Möglichkeit, nach einer Wartezeit von zum Beispiel sechs Monaten den Leiharbeitnehmer wieder beschäftigen zu können.

Dr. Marc Spielberger ist Partner der Kanzlei Beiten Burkhardt in München, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Schlagworte zum Thema:  Leiharbeit, Werkvertrag, Arbeitnehmerüberlassung