Keine Gewerkschaftsinfo per E-Mail an Beschäftigte

Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, der Belegschaft per E-Mail gewerkschaftliche Informationen zu schicken. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Gewerkschaft das hauseigene Intranet nutzen darf, um die Information allen Beschäftigten zur Verfügung zu stellen, entschied das Arbeitsgericht Bonn.

Die Arbeit von Gewerkschaften ist grundsätzlich durch Art. 9 GG geschützt. Das betrifft die Betätigungsfreiheit und damit auch die Information über die Aktivitäten der Gewerkschaft und die Werbung von Mitgliedern. Wenn eine Arbeitnehmervereinigung dabei darauf angewiesen ist, Betriebsmittel des Arbeitgebers zu nutzen, ist regelmäßig eine Abwägung zwischen den unterschiedlichen Interessen erforderlich: Dem Gewerkschaftsinteresse, die Arbeitnehmenden zwecks Mitgliederwerbung zu Aufgaben und Leistungen zu informieren und dem Interesse des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf ohne übermäßige Inanspruchnahme seiner Ressourcen. Im vorliegenden Fall ergab die Abwägung für das Arbeitsgericht Bonn, dass die klagende Gewerkschaft den Beschäftigten E-Mails auf den Dienstaccount schicken darf, vom Arbeitgeber verlangen kann sie dies nicht.

Gewerkschaft klagt auf Informationsweitergabe durch Arbeitgeber

Die Gewerkschaft war der Überzeugung, dass sie ihre Aufgaben als Berufsverband aufgrund der Coronapandemie nur noch eingeschränkt wahrnehmen könne. In einer Situation, in der Mitarbeitende überwiegend im Homeoffice seien und Informationsveranstaltungen oder Betriebsversammlungen nur noch online stattfänden, sei eine Mitgliederwerbung nicht mehr möglich.

Die Gewerkschaft könne weder auf sich noch auf ihre Inhalte aufmerksam machen. Daher klagte sie vor Gericht darauf, dass der Arbeitgeber, ein Telekommunikationsunternehmen, seinen Beschäftigten im Homeoffice gewerkschaftliche Informationen an die dienstlichen E-Mail-Adressen weiterleitet. Der Arbeitgeber verweigerte dies. Nach seiner Ansicht sei es ausreichend, dass er der Arbeitnehmervereinigung über das Intranet Zugangsmöglichkeiten zu allen im Homeoffice tätigen Beschäftigten ermöglicht habe.

Unternehmen muss keine E-Mails der Gewerkschaft verschicken

Das Arbeitsgericht Bonn folgte der Auffassung des Arbeitgebers. Es entschied, dass dieser nicht dazu verpflichtet werden kann, den Beschäftigten eigenhändig die Information der Gewerkschaft an die dienstlichen E-Mails weiterzuleiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei klar, dass die Gewerkschaft -auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers- Information an die ihr bekannten dienstlichen E-Mail-Adressen verschicken dürfe. Das Begehren der Gewerkschaft gehe vorliegend jedoch weit darüber hinaus, stellte das Gericht fest, da es dem Arbeitgeber eine aktive Pflicht zum Handeln auferlegen würde.

Rechte der Gewerkschaft ausreichend gewahrt

Zudem wäre der Arbeitgeber dazu gezwungen, im Interesse der Gewerkschaft seine Ressourcen zu verwenden, dadurch dass er den E-Mail-Versand organisieren müsse und die Arbeitnehmenden die E-Mails in ihrer Arbeitszeit zur Kenntnis nehmen würden. Aus Sicht des Gerichts reichte es aus, um die Rechte der Gewerkschaft nach Art.  9 Abs. 3 GG zu wahren, dass der Arbeitgeber ihr den Zugang zu den im Homeoffice tätigen Beschäftigten über das Intranet ermöglicht habe. Alles andere würde den Betriebsablauf des Arbeitgebers zu stark beeinträchtigen.

Hinweis: Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 11. Mai 2022, Az: 2 Ca 93/22


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