Diskrminierung: Keine AGG-Entschädigung für Übergewichtige

Korpulenz ist kein Fall für das AGG: Eine angeblich als zu dick abgelehnte Bewerberin ist vor dem Arbeitsgericht Darmstadt mit ihrer Diskriminierungsklage gescheitert. Die 42-Jährige verlangte eine Entschädigung von 30. 000 Euro. Ihr Anwalt kündigte jedoch bereits Berufung an.

Die Stellenbewerberin hatte sich 2012 bei einem gemeinnützigen Verein aus dem Gesundheitsbereich um einen Posten als Geschäftsführerin beworben. Sie sei jedoch wegen vermeintlichen Übergewichts abgelehnt und damit wegen einer angenommenen Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) benachteiligt worden, argumentierte die Frau. Nach eigener Aussage wiege sie 83 Kilo bei einer Größe von 1,70 Metern und Kleidergröße 42.

Übergewicht keine Behinderung nach AGG

"Die Ablehnung war kein entschädigungspflichtiger Eingriff", sagte die zuständige Richterin. Einerseits liege keine Diskriminierung wegen einer Behinderung nach dem AGG vor. Die Klägerin sei unstreitig nicht behindert und auch tatsächlich nicht so übergewichtig, dass eine Behinderung in Betracht käme, begründete das Gericht die Entscheidung. Es sei auch nicht ausreichend deutlich geworden, dass der Verein bei seiner ablehnenden Entscheidung von einer Behinderung im Rechtssinne ausgegangen ist. Die Kammer sah also in dem Sachverhalt keinen Fall für das AGG.

Äußere Erscheinung als Auswahlkriterium

Zum anderen empfahl die gemeinnützige Organisation seinen Mitgliedern regelmäßig ein gesundheitsbewusstes Verhalten und wies insbesondere darauf hin, Übergewicht zu vermeiden. Der Verein durfte daher in seine Auswahlentscheidung einfließen lassen, ob eine Bewerberin nach ihrer Gesamtpersönlichkeit und Erscheinung dessen Anliegen überzeugend vertreten kann, argumentierten die Richter. Eine Rechtspflicht des Vereins, die Auswahl gänzlich unabhängig vom äußeren Erscheinungsbild zu treffen, bestehe nicht.

Abseits der Vorgaben des Gleichbehandlungsgesetzes verweigerte das Gericht auch eine Entschädigung aufgrund eines widerrechtlichen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Einem Vergleichsvorschlag hatte die abgelehnte Bewerberin zuvor nicht zugestimmt.

Bewerberin kein vorzeigbares Beispiel

Der Verein fühlte sich durch das Urteil bestätigt. Schließlich hätte die abgelehnte Bewerberin als Geschäftsführerin regelmäßig bei Mitgliederversammlungen anwesend sein müssen. Da sie jedoch gerade im Hinblick auf Übergewicht kein vorzeigbares Beispiel gewesen sei, würde sie die Empfehlungen des Vereins für Ernährung und Sport konterkarieren, so die Auffassung der Organisation, der die Richter im Ergebnis folgten.

Die Vorstandsmitglieder der Organisation wollten nach dem ersten Vorstellungsgespräch ergründen, weshalb die 42-Jährige kein Normalgewicht hatte. Die Bewerberin äußerte sich dazu jedoch nicht und blieb dem zweiten Vorstellungsgespräch ohne Angabe von Gründen fern. Es folgte die Absage – und anschließend das Klageverfahren, mit dem sich nun voraussichtlich das Landesarbeitsgericht Frankfurt zu beschäftigen hat.

dpa