bAV: Auswirkung der Flexirente auf die Betriebsrenten

Die neue Flexirente lässt viele Beschäftigte über einen flexiblen Ausstieg aus dem Berufsleben nachdenken. Doch wie wirkt sich das auf die betriebliche Altersversorgung aus? Paulgerd Kolvenbach gibt einen Einblick in die Rechtslage und zeigt auf, wo noch Klärungsbedarf besteht.

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Flexi-Rente am 21. Oktober 2016 hat der Gesetzgeber einen großen Schritt in Richtung mehr Flexibilität beim Übergang von der aktiven Beschäftigung in den Ruhestand gemacht. Arbeitgeber sollten daher mit einem steigenden Wunsch nach Teilzeitarbeit bis zum Rentenbeginn rechnen. In diesem Zusammenhang wird dann die Frage aufkommen, ob sich die Teilrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Teilzeit-Hinzuverdienst und die Rente beziehungsweise deren Anteil aus der bAV miteinander kombinieren lassen. Doch das wird nicht die einzige Frage sein, mit der sich Arbeitgeber auseinandersetzen müssen.

Schnittstellen der Flexirente zur bAV

Denn über die Schnittstellen zur bAV ist im Gesetz zur Flexi-Rente nichts zu finden. Dabei besteht unbedingter Handlungsbedarf: Nach § 6 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) hat ein Arbeitnehmer nur dann Anspruch auf eine Betriebsrente, wenn er die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente in Anspruch nimmt. Überschreitet er zukünftig die Hinzuverdienstgrenze, wird er automatisch zum Teilrentner. Somit würde er seinen Anspruch auf eine gleichzeitige Betriebsrente verlieren. Allerdings stellt sich bei der Teilzeitarbeit eines Arbeitnehmers beim bisherigen Arbeitgeber ohnehin die Frage, ob er überhaupt schon eine Betriebsrente erhalten könnte, denn er wäre ja gleichzeitig noch Arbeitnehmer, also kein „echter“ Rentner.

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Das Beispiel zeigt bereits, wie vielfältig die Fallgestaltungen sein können. Bisher haben sie in der Praxis kaum eine Rolle gespielt, da aufgrund der eingeschränkten Hinzuverdienstmöglichkeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung wenige Arbeitnehmer in den Jahren vor ihrem Rentenbeginn in Teilzeitarbeit tätig waren. Das wird sich mit der Flexi-Rente ändern. Denn das Gesetz möchte die Weiterbeschäftigung Älterer stärken. Doch gerade mit Blick auf die bAV ist noch einiges zu klären beziehungsweise erfordert eine gesetzliche Regelung.

Offene Fragen zur Vereinbarkeit von Flexirente und bAV

Zunächst ist zu klären, wie sich die Fortarbeit beim bisherigen Arbeitgeber auf das bAV-Anrecht auswirkt. Besteht vielleicht arbeitsrechtlich ein Anspruch auf Fortführung? Stichworte Lohngleichheitsgebot und Altersdiskriminierung. Arbeitet ein Arbeitnehmer weiter und bezieht gleichzeitig eine (Teil-)bAV: Wie geht das in den Durchführungswegen? Zum Beispiel bei der Direktzusage: Kann für die bereits bezogene Rente der Barwert zurückgestellt werden, obwohl § 6a Einkommensteuergesetz (EStG) das nur für Ausgeschiedene zulässt? Und können bei der Direktversicherung Rentenbezug und weitere Beitragszahlung in einem Vertrag untergebracht werden? Welche Folgen hat es, wenn ein Arbeitnehmer bei seinem bisherigen Arbeitgeber ausscheidet und nach Bezug einer (vorgezogenen) Alters- oder Invaliditätsrente bei einem anderen Arbeitgeber eine Arbeit antritt? Des Weiteren sind die Auswirkungen auf die handels- und steuerbilanzielle Rückstellungsbildung bei Direktzusagen zu klären, wenn eine Fortarbeit zu einem weiteren Anwachsen des Anrechts führt beziehungsweise führen kann. Besonders relevant für die Praxis in der Personalverwaltung: Wie werden die üblichen Systeme zur Personalverwaltung und Abrechnung mit der Parallelität von Beschäftigung und Rentenbezug fertig?

Fazit: Viele Fragen sind noch offen

Die Gestaltungsmöglichkeiten, die die Flexi-Rente den Arbeitnehmern bietet, werden eine steigende Nachfrage nach entsprechender flexibler Gestaltung des Arbeitsverhältnisses und der damit zusammenhängenden Leistungen, vor allem der bAV, zur Folge haben. Leider sind viele Fragen dazu noch offen. Diese werden in den nächsten Jahren sicher eine zentrale Rolle bei Beratungen und Konzeptüberlegungen spielen. Arbeitgeber sind gut beraten, wenn sie sich frühzeitig mit der Frage beschäftigen, ob sie in ihren Arbeitsbedingungen und in ihrer bAV Angebote zur Flexibilisierung des Ausstiegs machen und wenn ja, welche.