Ausschlussfristen

Wird ein Arbeitsverhältnis beendet, sehen Arbeits- und Tarifverträge oft den Verfall von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis vor - zumindest, wenn sie nicht rechtzeitig gelten gemacht werden. Für den gesetzlichen Mindestlohn ist eine solche Vereinbarung nicht möglich.

Nach § 3 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, (....) insoweit unwirksam. Zudem können Arbeitnehmer auf den Mindestlohnanspruch nur durch einen gerichtlichen Vergleich verzichten. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Das Mindestlohngesetz regelt damit, dass der Mindestlohn die untere Grenze zulässiger Entgeltgestaltung im Arbeitsrecht ist.

Auswirkungen des MiLoG auf die Praxis

Hiervon erfasst sind alle für das Arbeitsverhältnis denkbaren Abreden, wie zum Beispiel im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung bzw. Dienstvereinbarung, allgemeine Arbeitsbedingungen oder allgemeine Arbeitsordnungen die eine Geltendmachung des Anspruchs ausschließen oder beschränken. Daher gilt dies uneingeschränkt auch für einzelvertragliche oder kollektivrechtliche Ausschlussfristen.

Unwirksam ist hierbei nur die den Mindestlohn unterschreitende Entgeltabrede als solche. An deren Stelle tritt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wobei Arbeitnehmer aufgrund der unwirksamen Regelung nicht nur Anspruch auf die Differenz zu den 8,50 Euro haben, sondern gemäß § 612 Abs. 2 BGB die "übliche Vergütung" verlangen können.

Verzicht nur durch gerichtlichen Vergleich

Gemäß § 3 MiLoG kann auf künftige Ansprüche nicht verzichtet werden und auf bereits entstandene Ansprüche nur durch gerichtlichen Vergleich. Sollte zum Beispiel in Form eines Tatsachenvergleichs vereinbart werden, dass keine Ansprüche auf Zeitguthaben (zum Beispiel Überstunden) bestehen, so sollte dennoch - im Hinblick auf die Regelung im MiLoG - im gerichtlichen Vergleich eine finanzielle Abgeltungsklausel mitvereinbart werden. Die finanzielle Abgeltungsklausel erlangt damit zunehmendes Gewicht bei arbeitsgerichtlichen Vergleichen gleich welcher Art.

Mindestlohnansprüche verjähren

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Arbeitsvergütung unterliegt damit hinsichtlich der Entgeltansprüche "bis zur Höhe des Mindestlohns" nur der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB. Für Ansprüche oberhalb des Mindestlohns würden die Ausschlussfristen insoweit wirksam bleiben können.

Bestehende Ausschlussfristen abändern

Da jedoch unklar ist, ob die Ausschlussfristen nur insoweit unwirksam werden oder insgesamt aufgrund von Intransparenz bereits unwirksam sind, ist zu empfehlen, vertragliche Ausschlussfristen zu überarbeiten bzw. künftig neu zu gestalten und klarzustellen, dass sie für den gesetzlichen Mindestlohn nicht gelten. Andernfalls könnte entgegengehalten werden, sie seien widersprüchlich oder daher nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent und deshalb unwirksam.

Formulierungsbeispiel:

"Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden. Hiervon unberührt bleiben Ansprüche, die auf Handlungen wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen. Dies gilt auch nicht für den Anspruch eines Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn. Über den Mindestlohn hinausgehende Vergütungsansprüche des Arbeitsnehmers unterliegen weiteren vertraglich oder tarifvertraglich geltenden Ausschlussfristen."

Fazit: Arbeitsvertragsklauseln anpassen

Insgesamt lässt sich das Fazit ziehen: Die Regelungen in den Ausschlussfristen nach dem MiLoG, die grundsätzlich keine Ansprüche auf Entgeltumwandlung betreffen, führen dazu, dass der Arbeitgeber Arbeitsvertragsklauseln anpassen muss. Die Anpassung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelungen kann gegenüber den Arbeitnehmern auch mit einem einseitigen Schreiben, welches vom Arbeitnehmer nicht gegengezeichnet werden muss, vereinbart werden.


Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Marco Ferme, Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt

Schlagworte zum Thema:  Ausschlussfrist, Verjährung, Mindestlohn