Rz. 3

Nach § 129 Abs. 2 BetrVG ist es möglich, dass an einer Einigungsstellensitzung nach § 76 BetrVG mittels Video- oder Telefonkonferenz teilgenommen wird. Das bedeutet, dass wohl eine Präsenzsitzung mit virtueller Teilnahmemöglichkeit zulässig ist, wie auch eine vollständig virtuelle Sitzungsdurchführung.

Hierüber entscheidet die Einigungsstelle als Ganzes mehrheitlich, weil sie für die Regelung von Verfahrensfragen nach § 76 Abs. 4 BetrVG selbst zuständig ist. Alle Mitglieder der Einigungsstelle müssen die Möglichkeit haben, an der Sitzung als Telefon- oder Videokonferenz teilzunehmen. Ggf. anfallende Kosten einschließlich des vorübergehenden Zurverfügungstellens eines entsprechenden mobilen Endgeräts trägt als "Kosten der Einigungsstelle" der Arbeitgeber nach § 76a BetrVG.

 

Rz. 4

Zulässig ist die Beschlussfassung oder Sitzungsteilnahme per Video- oder Telefonkonferenz nur, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Welche Anforderungen hier genau gestellt werden, ist unklar. Auch die Gesetzesbegründung bringt keine Klarheit, denn sie führt aus, dass einerseits sichergestellt sein soll, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können und dies umfasse technische Maßnahmen, wie z. B. eine Verschlüsselung der Verbindung und organisatorische Maßnahmen, wie die Nutzung eines nicht-öffentlichen Raums während der Dauer der Sitzung. Andererseits wird in der Gesetzesbegründung genannt, dass die zugeschalteten Sitzungsteilnehmer z. B. zu Protokoll versichern können, dass nur teilnahmeberechtigte Personen in dem von ihnen genutzten Raum anwesend sind.

Letztlich sind die Anforderungen an dem Zweck dieser Vorgaben zu messen. Es geht um die Vertraulichkeit der Einigungsstellenberatungen. Hier genügt es auch, dass die Einigungsstelle die gängigen Vorkehrungen trifft, dass niemand Unbefugtes Kenntnis von der Sitzung erlangt, z. B. durch Schließen der Tür oder eine ausreichende Schallisolierung. Kriminelles Vorgehen braucht auch bei einer Präsenzsitzung nicht in Betracht gezogen werden. Daher kann die Einigungsstelle die üblichen internetbasierten Plattformen für eine Videokonferenz nutzen, solange es Dritten nicht ohne unzulässige Methoden möglich ist, die Sitzung zu belauschen.[1] Mögliche Datenschutzverstöße durch den Anbieter braucht er nicht anzunehmen, solange er darüber keine Kenntnis hat. So nennt die Gesetzesbegründung selbst die Nutzung von Skype als zulässige Möglichkeit.

 

Rz. 6

Jedoch hat jedes einzelne Einigungsstellenmitglied die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Sitzung nicht in seinem Umfeld belauscht wird. Eine Sitzungsteilnahme im öffentlichen Raum (Bahnhof, Flughafen, etc.) scheidet daher aus. Das jeweilige Mitglied muss sich in einem geschlossenen Raum aufhalten, in dem sonst niemand anwesend ist. Sobald nicht teilnahmeberechtigte Personen den Raum betreten, ist hierüber unverzüglich zu informieren und die Sitzung vom Vorsitzenden zu unterbrechen.

Eine Aufzeichnung der Sitzung ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes unzulässig, wie sich aus § 129 Abs. 2 S. 2 BetrVG eindeutig ergibt. Dies lässt sich auch nicht etwa mit einer Zustimmung aller Sitzungsteilnehmer umgehen, weil eine Aufzeichnung das Rede- und Abstimmungsverhalten nachhaltig beeinflussen kann.

Weitere Voraussetzungen bestehen hier – anders als für die virtuelle Teilnahme an einer Betriebsratssitzung nach § 30 Abs. 2 BetrVG – nicht.

 

Rz. 7

Die Teilnehmer, die mittels Video- und Telefonkonferenz teilnehmen, bestätigen ihre Anwesenheit gegenüber dem Vorsitzenden der Einigungsstelle in Textform. Praktisch bedeutet das, dass die Teilnehmer dem Vorsitzenden eine E-Mail zu übersenden haben, in der sie ihre Teilnahme bestätigen und zweckmäßigerweise zugleich erklären, dass sie den Ausschluss der Öffentlichkeit gewährleisten. Andere Varianten der Textform wie SMS sind auch denkbar, aber nicht praktikabel.

Auch bei einer virtuellen Einigungsstellensitzung besteht die Möglichkeit, dass die Betriebsparteien zur Anhörung durch die Einigungsstelle mit Vertretern an der Sitzung –ggf. virtuell – teilnehmen, um ihren Standpunkt vorzutragen. Auch hier gilt, dass sie bei der eigentlichen Beratung der Einigungsstelle nach § 77 Abs. 3 BetrVG die ggf. virtuelle Sitzung zu verlassen haben.

 

Rz. 8

Die Entscheidung, per Video- oder Telefonkonferenz an einer (hybriden) Präsenzsitzung teilzunehmen, trifft das einzelne Mitglied der Einigungsstelle eigenverantwortlich nach pflichtgemäßem Ermessen. Das ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes, wonach die Teilnahme an der Sitzung auf diese Weise erfolgen kann und auch aus dem Zweck der Vorschrift, auch einzelne Einigungsstellenmitglieder vor Gesundheitsgefährdungen durch Covid-19 zu schützen. Will das Einigungsstellenmitglied davon Gebrauch machen, muss es dies dem Vorsitzenden so rechtzeitig mitteilen, dass dieser die nötigen technischen Voraussetzungen schaffen kann. Dabei hat das Einigungsstellenmitglied keinen Anspruch auf eine bestimmte Art der Teiln...

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