2.5.1 Einleitung

Mit Wirkung zum 1.7.2008 trat das "Gesetz zur Förderung der häuslichen Pflege naher Angehöriger (PflegezeitgesetzPflegeZG)" in Kraft. Das Gesetz gewährt den Beschäftigten u. a. einen Anspruch auf eine befristete Reduzierung der Arbeitszeit zur Pflege naher Angehöriger. Der Anspruch besteht neben dem tariflichen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung zur Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen nach § 11 TVöD.[1]

Die Regelungen im PflegeZG zielen darauf ab[2], im Pflegefall oder zur Sterbebegleitung die Möglichkeit "flexibler Auszeiten" zu schaffen, ohne den Arbeitsplatz zu gefährden. Ziel des Gesetzes ist es, den Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen und damit die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege zu verbessern (§ 1 des PflegeZG).

Zu einer längeren Pflege naher Angehöriger in häuslicher Umgebung können Berufstätige in Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten bis zu 6 Monate Pflegezeit in Anspruch nehmen.

 
Praxis-Tipp

Hierbei können die Beschäftigten nach § 3 Abs. 1 PflegeZG wählen zwischen

  • einer vollständigen Freistellung von der Arbeit und
  • einer teilweisen Freistellung von der Arbeit[3], d. h. einer Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit.

Seit 2012 wird das PflegezeitG flankiert durch das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG), das eine bis zu 24-monatige Familienpflegezeit bei Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung vorsieht. Ein Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit besteht seit 1.1.2015.

Die Ansprüche sind unabdingbar (§ 8 PflegeZG; § 2 Abs. 3 FPfZG), können also weder durch Tarifvertrag, Betriebs-/Dienstvereinbarung noch durch Arbeitsvertrag wirksam ausgeschlossen werden.

[1] Einzelheiten zum Verhältnis der Vorschriften zueinander siehe unten, Ziffer 2.5.8.
[2] Vgl.: Veröffentlichung der Bundesregierung zur geplanten Pflegezeit, 5.11.2006, http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/12/0,3672,3997868,00.html.
[3] Begründung des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz – PfWG), B. Besonderer Teil, zu Artikel 2. Information des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, http://www.bmas.de/coremedia/generator/21602/pflegezeitgesetz.html.

2.5.2 Die Anspruchsvoraussetzungen nach dem PflegeZG

Anspruchsberechtigte Beschäftigte sind nach § 7 Abs. 1 PflegeZG Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zur Berufsausbildung Beschäftigte sowie arbeitnehmerähnliche Personen und in Heimarbeit Beschäftigte.

Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegezeit ist, dass die/der Beschäftigte einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegt. Ausnahmen vom Erfordernis der häuslichen Pflege bestehen zum Zwecke der Sterbebegleitung, z. B. in einem Hospiz, oder zur Betreuung eines pflegebedürftigen Minderjährigen (Einzelheiten siehe Stichwort "Pflegezeit, Familienpflegezeit, Betreuungszeit").

Als "nahe Angehörige" definiert § 7 Abs. 3 des PflegeZG

  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern,
  • Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner,
  • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder sowie solche des Ehegatten/Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder.

Pflegebedürftig sind Personen, die die Voraussetzungen nach den §§ 14 und 15 SGB XI erfüllen. Damit sind die Angehörigen aller 3 Pflegestufen (I = erheblich pflegebedürftige, II = schwerpflegebedürftige, III = schwerstpflegebedürftige Personen) bzw. ab 1.1.2017 aller 5 Pflegegrade erfasst.

Der Nachweis einer anerkannten Pflegebedürftigkeit muss durch Vorlage entsprechender Bescheinigung erbracht werden.

 
Hinweis

Sog. Kleinunternehmen sind von den Bestimmungen zur 6-monatigen Pflegezeit – und damit auch von der Verpflichtung zur Reduzierung der Arbeitszeit nach § 3 PflegeZG – ausgenommen. Der Anspruch besteht nur für Arbeitnehmer in Unternehmen mit in der Regel mehr als 15 Beschäftigten.

Das PflegeZG sieht hinsichtlich des Umfangs der Teilzeitarbeit keine Unter- oder Obergrenzen vor.

2.5.3 Die Anspruchsvoraussetzungen nach dem FPfZG

Mit Wirkung zum 1.1.2012 ist das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) in Kraft getreten. Das FPfZG sieht eine Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit von Beschäftigten, die einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, für die Dauer von längstens 24 Monaten vor.

Seit dem 1.1.2015 besteht ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit, allerdings nur bei Arbeitgebern, die i. d. R. mehr als 25 Beschäftigte haben, wobei zur Berufsbildung Beschäftigte nicht mitgezählt werden.

Hinsichtlich des anspruchsberechtigten Personenkreises verweist § 2 Abs. 3 FPfZG auf das PflegeZG.

 
Hinweis

Mindestumfang der Teilzeitarbeit 15 Wochenstunden

Bei Inanspruchnahme der Familienpflegezeit muss die verringerte Arbeitszeit wöchentlich mindestens 15 Stunden betragen.

Sofern der Beschäftigte bei Erklärung seines (teilweisen) Freistellungsbegehrens nicht klarstellt, auf welche gesetzliche Grundlage er sich st...

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