rechtskräftig: nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Blutstammzellspende. Krankenhaus. Versicherungsschutz. Toilettengang. Hirnblutung. spontanes subdurales Hämatom. Antikoagulation. Hinterbliebenenrente. Arbeitsunfall. Innerer Zusammenhang. Einwirkung von außen

 

Leitsatz (amtlich)

▪ Der Versicherungsschutz des § 2 Abs. 1 Nr. 13b SGB VII erstreckt sich auch auf Blutstammzellspenden.

▪ Die wesentliche Bedingung für die zum Tod führende Hirnblutung (spontanes subdurales Hämatom) ist die medikamentöse Einstelung des Versicherten zum Zwecke der Blutstammzellspende.

▪ Demgegenüber sind im vorliegenden Fall der Gang zur Toilette im Krankenhaus und eine vorbestehende, anlagebedingte und mit Azetylsäure behandelte allgemeine arterio-sklerotische Gefäßerkrankung unwesentliche Bedingungen.

 

Normenkette

SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 13b, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2; SGG § 128 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

SG Itzehoe (Urteil vom 30.01.2006; Aktenzeichen S 4 U 72/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 30. Januar 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2004 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte trägt die notwenigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren hat.

Die Klägerin ist die Witwe des am 30. August 1932 geborenen und am 3. Januar 2000 verstorbenen Versicherten Klaus K. (nachfolgend: K.).

K. erlitt im Oktober 1988 einen Vorderwandherzinfarkt und im Jahre 1992 einen Angina-pectoris-Anfall. Im Januar 1994 unterzog er sich einer Bauchaortenaneurysma-Resektion nebst Dacron-Gefässprothese. Ferner litt K. seit mehreren Jahren an einer fortschreitenden Bechterew'schen Erkrankung und einer Nycturie. Seit dem Jahre 1988 stand er unter Dauermedikation mit ASS 100 (Acetylsalicylsäure zur Blutgerinnungshemmung), Dilzem ret. 1-0-1 (Kalziumantagonist zur Senkung des Blutdrucks und zur Behandlung pectanginöser Beschwerden) und Mevinacor 0-0-1 (Mittel zur Blutfettsenkung).

Am 2. Dezember 1999 wurde der Kläger zur Durchführung einer Blutstammzellspende für seinen an einem Plasmozytom im vorgeschrittenen Stadium erkrankten Bruder stationär in die Hämatologische Abteilung der III. Medizinischen Klinik der Johann-Gutenberg-Universität M. aufgenommen. Hier erfolgte zunächst eine Aufnahmeuntersuchung, welche eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung, Laboruntersuchungen, Elektrokardiogramme (EKG) und ein Echokardiogramm (UKG) des Herzens sowie ein Röntgenbild des Thorax umfassten. Anamnestisch gab K. einen Nikotinabusus von 20 bis 40 Zigaretten pro Tag seit 30 Jahren und einen täglichen Alkoholkonsum von 2 Gläsern Cognac und einer Flasche Rotwein an. Hinweise auf eine höhergradige Gefäßstenose, auf neurologische Defizite oder auf das Vorliegen einer Blutungsneigung ergaben sich nicht.

Nachdem – unter Beibehaltung der Medikation mit ASS 100, Dilzem ret. 1-0-1 und Mevinacor 0-0-1 – zunächst die Stimulation der Blutstammzellen mit dem Medikament G-CSF (Wachstumsfaktor zur Vermehrung der Blutzellen im fließenden Blut) erfolgt war, wurde am 5. Dezember 1999 eine erste Leukapherese (Entnahme von blutbildenden Stammzellen aus dem zirkulierenden Blut mittels aparativer Zentrifugation) unter Gabe des Antikoagulans-Präparates ACD-A und 5000 Einheiten Liquemin durchgeführt. Am 6. Dezember 1999 klagte K. morgens über Kopfschmerzen, die sich unter Gabe eines Schmerzmittels besserten. Am 6. Dezember 1999 folgte eine zweite Leukapherese unter Gabe von ACD-A und 5000 Einheiten Liquemin. Die Zahl der weißen Blutkörperchen lag nach dieser Maßnahme bei 39.200 /myl, die der Thrombozyten bei 87.000/myl. Während des 7. Dezember 1999 klagte K. mehrfach über abermals starke Kopfschmerzen. Hiergegen wurden ihm um 15:00 Uhr 1 g Paracetamol, um 16:00 Uhr 20 Tropfen Novalgin und um 18:00 Uhr eine Tablette ASS 500 verabreicht. Um 19:00 Uhr wurde er wegen persistierender Kopfschmerzen körperlich untersucht. Dabei ergab sich kein Anhalt für eine neurologische Symptomatik. Ein Trauma innerhalb der letzten 24 Stunden wurde von K. auf Nachfrage verneint. Das Blutbild zeigte einen Abfall der Leukozytenzahl von 55.600/myl am Morgen auf 45.000/myl. Die plasmatische Gerinnung war zu keinen Zeitpunkt pathologisch verändert. Die Thrombozytenzahl betrug 82.000/myl. Aufgrund dieser Befunde wurde ein intracranieller Prozess als Kopfschmerzursache für unwahrscheinlich angesehen und zunächst keine weitere Diagnostik durchgeführt. Um 21:00 Uhr wurde K. auf der Toilette sitzend und auf Ansprache nicht adäquat reagierend aufgefunden. Seine rechte Pupille war über mittelweit und lichtstarr. Linksseitig ließ sich ein Babinski-Reflex auslösen. Der Blutdruck wa...

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