Rz. 5
Die gesetzlichen Mindeststandards für die Instrumente nach Abs. 1 Satz 1, welche die individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung sicherstellen sollen, werden abstrakt generell durch Abs. 2 definiert.
Sie sollen hauptsächlich die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung sicherstellen, indem erfasst wird:
- ob eine Behinderung vorliegt oder einzutreten droht,
- welche Auswirkung die Behinderung auf die Teilhabe der Leistungsberechtigten hat,
- welche Ziele mit Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen und
- welche Leistungen im Rahmen einer Prognose zur Erreichung der Ziele voraussichtlich erfolgreich sind.
Es handelt sich bei den Nr. 1 bis 4 um eine nicht abschließende Aufzählung, d. h., die Rehabilitationsträger können weitere Standards festlegen, wenn sie dies nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen für zweckmäßig erachten (z. B. die systematische Dokumentation über die Leistungserbringung sowie eine Wirkungskontrolle zu den erbrachten Leistungen).
Bei der Festlegung der Grundsätze für die Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfes nach § 26 Abs. 2 Nr. 7 hat sich die BAR nach den gesetzlichen Mindeststandards zu richten.
Rz. 6
Mit den "Instrumenten" soll zunächst eine Erfassung des Umstands garantiert werden, ob eine Behinderung vorliegt oder ob eine solche zumindest einzutreten droht (§ 13 Abs. 2 Nr. 1). Zu diesem Zweck ist zu erfassen, welche Abweichungen i. S. d. § 2 Abs. 1 bestehen und welche Wertigkeit i. S. d. § 152 Abs. 1 Satz 1 ihnen zukommt bzw. welche Hinweise darauf bestehen, dass solche Abweichungen in naher Zukunft dem Leistungsberechtigten drohen. Dabei ist eine medizinisch fundierte Prognose zu erstellen, da anders eine Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung nicht gegeben ist. Grundlage dafür bildet die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), welche eine einheitliche Kommunikation über die Auswirkungen von Gesundheitsproblemen unter Beachtung des gesamten Lebenshintergrunds eines Menschen ermöglichen. Die ICF ist gemäß BTHG insbesondere Bezugspunkt der Bedarfsermittlung im Eingliederungshilferecht und Grundlage des neu definierten Behinderungsbegriffs. Die Ergebnisse und die Gründe der nach ICF-Orientierung aufgestellten Prognose haben die Rehabilitationsträger entsprechend zu dokumentieren. Die Instrumente müssen demnach so ausgestaltet sein, dass sie die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung sicherstellen (Zinsmeister, in: LPK-SGB IX, § 13 Rz. 9).
Rz. 7
Sodann ist zu ermitteln, zu begründen und zu dokumentieren, ob und ggf. inwiefern sich eine Behinderung des Leistungsberechtigten auf seine Fähigkeit zur gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft auswirkt (§ 13 Abs. 2 Nr. 2). Auch hierfür genügt nicht die schlichte Dokumentation des Ermittlungsergebnisses, vielmehr erfordert die Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung auch eine Dokumentation der konkreten Gründe dieser Ermittlungen. Dabei ist auch darauf zu achten, dass dies jeweils eine individuelle und aus Sicht des Leistungsberechtigten funktionsbezogene Dokumentation zu sein hat. Um die erforderliche umfassende Bedarfsermittlung zu ermöglichen (§§ 14 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 2 Satz 1), müssen die Instrumente alle Teilhabebereiche erfassen können oder so aufeinander abgestimmt sein, dass sich im Ergebnis ein Gesamtbild ergibt (Zinsmeister, in: LPK-SGB IX, § 13 Rz. 10).
Rz. 8
Als Nächstes sind die Ziele zu dokumentieren, die mit den angegebenen Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen (§ 13 Abs. 2 Nr. 3). Auch hier genügt es nicht, bloße Schlagworte zu nennen, sondern die Dokumentation soll auch die Gründe angeben, aus denen erkennbar wird, inwiefern gerade diese Ziele gerade im Falle dieses Leistungsberechtigten gerade ihn individuell und funktionsbezogen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fördern sollen.
Rz. 9
Zuletzt (§ 13 Abs. 2 Nr. 4) ist zu dokumentieren, welche Prognose gestellt wird und aus welchen Gründen und weshalb seitens des Leistungserbringers angenommen wird, dass die angegebenen Leistungen die in der Prognose genannten Ziele auch erreichen werden.
Rz. 10
Nach Auffassung des Bundesrates (BR-Drs. 428/16) sollte dem § 13 Abs. 2 folgender Satz angefügt werden:
"Die Ermittlung des individuellen Rehabilitationsbedarfs der Leistungsberechtigten muss durch ein Instrument erfolgen, das sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit orientiert."
Dieser Auffassung ist der Gesetzgeber nicht gefolgt. Stattdessen hat er gemäß Abs. 3 eine Untersuchung der Wirkung der Instrumente nach Abs. 1 angekündigt und die Veröffentlichung der Ergebnisse bis zum 31.12.2019 zunächst für ausreichend erachtet (BT-Drs. 18/9522 S. 233). Die Länder und Kommunen können sich nach Abs. 4 an der Untersuchung beteiligen.
Der BAR bleibt es jedoch unbenommen, bei der Vereinbarung der gemeinsamen Grundsätze sich an der ICF zu orientieren bzw. diese zu adaptieren.
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