Entscheidungsstichwort (Thema)

Desinfektionskosten als Teil der von der Krankenkasse zu übernehmenden Fahrkosten beim Transport eines Infektionskranken in einem Krankentransportwagen

 

Orientierungssatz

1. Der Kostenerstattungsanspruch des § 13 Abs. 3 SGB 5 reicht nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch. Demzufolge muss der damit geltend gemachte Anspruch zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören.

2. Nach § 60 Abs. 1 SGB 5 haben Versicherte Anspruch auf Übernahme der Kosten für Fahrten, die im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich sind. Zu den zu übernehmenden Fahrtkosten zählen Desinfektionskosten, wenn ein Infektionskranker transportiert wird, als Mehrkosten für eventuelle Schutzmaßnahmen. Denn die Reinigung ist nur wegen des durchgeführten Transports eines Infektionskranken notwendig. Ebenso wie unmittelbare Schutzmaßnahmen während des Transports ist auch die anschließende Desinfektion des Fahrzeugs notwendiger Teil der Krankenfahrt.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 16.03.2011 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streitwert wird auf 2.850,- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob zu Gunsten des Klägers ein Erstattungsanspruch in Höhe von 2.850,- Euro besteht.

Der Kläger ist Rechtsnachfolger des am 00.00.2011 verstorbenen I (im Folgenden: Versicherter), der bei der Beklagten krankenversichert gewesen ist. Für den 1920 geborenen Versicherten wurden am 15.04.2008 vom behandelnden Arzt Krankentransportfahrten von seiner in einem Seniorenzentrum gelegenen Wohnung zur Durchführung einer ambulanten Dialyse verordnet. Nachdem sich der Versicherte eine MRSA-Infektion zugezogen hatte, erfolgten zwischen dem 16.04. und 21.05.2008 die Krankentransporte mit Krankentransportwagen der Stadt X in insgesamt 19 Fällen. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 17.04.2008 ausdrücklich die Kostenzusage für einen Transport mit einem Krankentransportwagen für die Zeit vom 16.04.2008 bis 15.05.2008 erteilt und mit Bescheid vom 28.04.2008 diese Zusage auch für die Zeit vom 16.05. bis 31.12.2008 gegeben. Mit Bescheid vom 01.07.2008 bestätigte sie die Kostenübernahme für Fahrten mit einem Krankentransportwagen für den Zeitraum 16.04. bis 30.05.2008.

Nach der Gebührensatzung für die Benutzung der Krankenkraftwagen im Kreis X vom 20.06.2007 werden als Benutzungsentgelte für die Beförderung einer Person neben einer Grundgebühr und Gebühren für Fahrkilometer für die Transporte mit Infektionskranken zusätzlich eine Gebühr in Höhe von 150,- Euro erhoben, die die Desinfektion des Fahrzeugs und der Geräte einschließt (§ 1 Nr. 3 der Satzung iVm Nr. 4 des Gebührentarifs). Nach § 3 Nr. 1 der Satzung ist gebührenpflichtig, wer den Krankenkraftwagen benutzt oder bestellt, wobei nach § 4 Nr. 3 für Gebührenpflichtige, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, die Gebühren mit der betroffenen Kasse abgerechnet werden können. Die Stadt X stellte der Beklagten die Kosten der durchgeführten Krankenfahrten einschließlich der Desinfektionspauschale in Rechnung. Die Beklagte beglich diese Rechnungen jeweils mit Ausnahme der für die Desinfektionspauschale berechneten 150,- Euro. Daraufhin nahm die Stadt X den Versicherten mit insgesamt 19 Gebührenbescheiden über jeweils 150,- Euro auf Zahlung in Anspruch. Der Versicherte hat diese Gebührenbescheide beglichen. Er beantragte am 25.06.2008 bei der Beklagten die Erstattung der von ihm aufgewandten Beträge. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2008 und Widerspruchsbescheid vom 17.12.20080 ab. Die Desinfektion der Krankentransportwagen sei keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese komme nur für den medizinisch notwendigen Krankentransport auf. Die Reinigung der Fahrzeuge gehöre aber nicht zur notwendigen Beförderung, Maßnahmen der Desinfektion seien allein der Gefahrenabwehr zuzuordnen. Diese Aufgabe obliege nicht der gesetzlichen Krankenversicherung.

Zur Begründung der am 07.01.2009 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Desinfektionskosten stünden in einem untrennbaren Zusammenhang mit den Krankenfahrten und seien daher von der Beklagten zu übernehmen. Im Übrigen habe sie die Fahrten organisiert und die Stadt X beauftragt. Sie habe es aber versäumt ihn darauf hinzuweisen, dass sie die Kosten nur teilweise übernehmen werde, so dass sie unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zur Übernahme verpflichtet sei.

Mit Urteil vom 16.03.2011 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 2.850,- Euro an den Kläger verurteilt. Der geltend gemachte Anspruch folge aus § 13 Abs. 3 iVm § 60 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Zu den von der Kasse zu übernehmenden Fahrtkosten gehörten auch Kosten für eine erforderliche Desinfektion des Fahrzeuges. Die anderslautende Auffassung der Beklagten sei schon deshalb nicht überzeugend, weil von ihr...

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