[1] Gem. § 16 Abs. 1 [Satz 1] Nr. 1 SGB X ist derjenige Bedienstete vom Verwaltungsverfahren ausgeschlossen, der selbst gegenüber der Behörde als Beteiligter auftritt. Die Beteiligteneigenschaft richtet sich nach § 12 (vgl. hierzu die dortigen Anmerkungen). Wer nach § 12 Abs. 2 als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen werden kann, hat allein deshalb noch nicht die Beteiligtenstellung. Ist nach § 12 Abs. 2 über die Frage zu entscheiden, ob er als Beteiligter zum Verfahren hinzuzuziehen ist, darf der Bedienstete gem. § 16 an dieser Entscheidung nicht mitwirken.
[2] Die Verfahrensbehandlung durch einen Behördenbediensteten, der selbst Beteiligter ist, führt in jedem Falle zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes und kann im Umkehrschluß zu § 40 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 40 Abs. 1 auch die Nichtigkeit zur Folge haben.
[3] Gem. § 16 Abs. 1 Nr. 2 sind für die Behörde Angehörige eines Beteiligten vom Verwaltungsverfahren ausgeschlossen. Angehörige i. S. dieses Gesetzes sind nach § 16 Abs. 5 der Verlobte, der Ehegatte, Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister des Ehegatten, Geschwister der Eltern und Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.
[4] Die Eigenschaft als Angehöriger bleibt auch dann bestehen, wenn die Ehe oder Schwägerschaft nicht mehr besteht, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist und die häusliche Gemeinschaft zwar nicht mehr besteht, die Personen aber weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.
[5] Vom Verfahren ausgeschlossen ist nach § 16 Abs. 1 Nr. 3, wer einen Beteiligten allgemein oder in dem konkreten Verwaltungsverfahren vertritt oder wer als Beistand zugezogen ist. Für den Ausschluss ist ausreichend, dass der Bedienstete für den Beteiligten allgemein vertretungsbefugt ist, sei es aufgrund Gesetzes oder privatrechtlicher Vollmacht. Die Vertretungsbefugnis muss sich nicht auf das konkrete Verwaltungsverfahren beziehen, auch eine allgemeine Vertretungsbefugnis in anderen Angelegenheiten kann zu Interessenkollisionen führen: Ausgeschlossen sind z.B. Eltern, Vermögensverwalter, Vormund oder Pfleger für einen Beteiligten.
[6] Gem. § 16 Abs. 1 Nr. 4 sind Angehörige von Personen, die einen Beteiligten in einem konkreten Verfahren vertreten, von diesem Verfahren ausgeschlossen.
[7] Vom Verfahren ausgeschlossen ist für die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 5, wer als Behördenbediensteter zugleich in einem abhängigen Arbeitsverhältnis zu einem Beteiligten steht. Daneben ist auch derjenige ausgeschlossen, der - wenn auch unentgeltlich und ehrenamtlich - als Mitglied eines Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organes beim Beteiligten tätig ist. Der Ausschluss gilt nicht für Betriebskrankenkassen und Bedienstete von Körperschaften, die selbst Beteiligte am Verfahren sind.
[8] Vom Verfahren ausgeschlossen ist gem. § 16 Abs. 1 Nr. 6, wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst (privat) in der Sache tätig war (z.B. als früherer Beschäftigter eines Beteiligten). Ist die Erstattung des Gutachtens oder die sonstige Tätigkeit in amtlicher Eigenschaft erfolgt, ist der Bedienstete nicht ausgeschlossen.
[9] Die Beteiligung eines nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossenen Bediensteten führt regelmäßig zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns bzw. des Verwaltungsaktes (§ 40 Abs. 3 Nr. 2). Die Nichtbeachtung des § 16 kann im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren geltend gemacht werden und führt bei Ermessensentscheidungen in aller Regel zur Aufhebbarkeit des Verwaltungsaktes. Lediglich bei gebundenen Verwaltungsakten, bei denen in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können, ist gem. § 42 ein Verstoß gegen § 16 unbeachtlich.
[10] Dem Beteiligten i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 steht gleich, wer, ohne Beteiligter zu sein, allein durch die Tätigkeit als Behördenbediensteter mit seiner Entscheidung einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil erlangt bzw. erlangen kann. Der Vor- bzw. Nachteil kann wirtschaftlicher, ideeller, privater oder familiärer Natur sein. Er muss den Bediensteten jedoch unmittelbar treffen. Ein Vor- oder Nachteil des Bediensteten in seiner Eigenschaft als Vertreter einer bestimmten Berufs- oder Bevölkerungsgruppe führt nicht zu seinem Ausschluss.