BAG, Urteil v. 21.7.2020, 3 AZR 142/16

Setzt eine Pensionskasse wegen ihrer mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Pensionskassenrente herab, hat grds. der Arbeitgeber, der die Rente zugesagt hat, für die Kürzung einzustehen. Wenn über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, kann eine Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins VVaG (PSV) in Betracht kommen. Für Sicherungsfälle vor dem 1.1.2022 ist dies jedoch nur dann der Fall, wenn die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung um mehr als die Hälfte kürzt oder das Einkommen des ehemaligen Arbeitnehmers wegen der Kürzung unter die von Eurostat für Deutschland ermittelte Armutsgefährdungsschwelle fällt.

Sachverhalt

Der Kläger bezieht u. a. eine Pensionskassenrente. Seit dem Jahre 2003 hatte die Pensionskasse aufgrund eines Beschlusses ihrer Mitgliederversammlung die Rente wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten jährlich herabgesetzt. Diese Kürzungen hatte bislang die frühere Arbeitgeberin des Klägers aufgrund ihrer gesetzlichen Einstandspflicht aus § 1 Abs. 1 Satz 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) ausgeglichen. Als diese jedoch insolvent wurde, forderte der Kläger vom PSV, für die von der Pensionskasse vorgenommenen Leistungskürzungen einzutreten.

Die Entscheidung

Die Klage hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Mit Beschluss vom 20.2.2018, 3 AZR 142/16 (A), hatte das BAG dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Art. 8 Richtlinie 2008/94/EG eine Eintrittspflicht des PSV in derartigen Fällen verlangt. Der EuGH hatte mit Urteil vom 19.12.2019, C-168/18, entschieden, dass eine unionsrechtliche Verpflichtung, die Betriebsrentner in derartigen Situationen abzusichern, nur bestehe, wenn die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung um mehr als die Hälfte kürze oder das Einkommen des ehemaligen Arbeitnehmers wegen der Kürzung unter die von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, für Deutschland ermittelte Armutsgefährdungsschwelle falle.

Der Gesetzgeber hat nun aufgrund Art. 8a des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.6.2020 (BGBl I S. 1248) eine Haftung des PSV für die Einstandspflicht des Arbeitgebers im Falle einer Leistungskürzung einer Pensionskasse in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BetrAVG gesetzlich verankert. Ausnahmen gelten hiernach nur für Pensionskassen, die einem Sicherungsfonds angehören oder gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien sind. Die volle Haftung der PSV tritt jedoch erst ab Januar 2022 ein. Für Sicherungsfälle vor dem 1.1.2022 dagegen kommt die Haftung nach einer Übergangsregelung in § 30 Abs. 3 BetrAVG unter den vom EuGH entwickelten Voraussetzungen in Betracht.

Da im vorliegenden Fall der Sicherungsfall vor dem 1.1.2022 eingetreten ist und beide alternativen Voraussetzungen für eine Eintrittspflicht des PSV nicht erfüllt waren, schied hier eine Haftung des PSV aus.

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