Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigung von Vertragsärzten zur Anfechtung der Erteilung einer Sonderzulassung. Pflicht zur Darlegung der Grundlagen eines realen Konkurrenzverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Vertragsärzte sind grundsätzlich berechtigt, die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung anzufechten.
2. Eine Anfechtungsberechtigung setzt ein reales Konkurrenzverhältnis voraus, dessen Grundlagen der anfechtende Arzt darzulegen hat, wenn sie nicht offensichtlich sind.
Normenkette
SGG § 54 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1975-09-23; SGB 5 § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Fassung: 2003-11-14, Nr. 3 Fassung: 2006-12-22; ÄBedarfsplRL Nr. 24 S. 1 Buchst. a Fassung: 2006-02-21, Buchst. b Fassung: 2006-02-21; ÄBedarfsplRL § 24 S. 1 Buchst. a Fassung: 2007-02-15, Buchst. b Fassung: 2007-02-15; SGB 5 § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 Fassung: 2006-10-31
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung des Klägers zu 2. zur Anfechtung der dem Beigeladenen zu 8. erteilten Sonderbedarfszulassung.
Der Kläger zu 2. und der Beigeladene zu 8. sind fachärztlich tätige Internisten; sie führen beide keine Schwerpunktbezeichnung. Der Kläger zu 2. ist seit 1999 in der Stadt M. im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung N. (KÄV), der Klägerin zu 1., zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er erhielt aufgrund seiner bisherigen pneumologischen Leistungserbringung zum 1.4.2005 gemäß der Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM-Ä) vom 10.1.2005 (DÄ 2005, A 77) eine Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung pneumologischer Leistungen nach Abschnitt 13.3.7 EBM-Ä 2005. Der Beigeladene zu 8. war Oberarzt in einem Krankenhaus, das in der 6 km entfernten Stadt W. gelegen war und zum 31.12.2006 geschlossen wurde. Bis zum 30.9.2005 hatte er dort eine Ermächtigung zur Durchführung von Doppler- und Farbdoppler-Untersuchungen des Herzens inne, die nicht erneuert wurde, mit der Begründung, dass kein ausreichender Bedarf mehr bestanden habe. Der beklagte Berufungsausschuss erteilte ihm im Dezember 2006 - auf seinen Widerspruch gegen die ablehnende Entscheidung des Zulassungsausschusses - eine Zulassung wegen Sonderbedarfs nach Nr 24 Satz 1 Buchst a der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (seit dem 1.4.2007: § 24 Satz 1 Buchst a Bedarfsplanungs-Richtlinie ≪ÄBedarfsplRL≫) für einen Vertragsarztsitz in der Stadt W. (Bescheid vom 15.12.2006) . In dem Bescheid ist ausgeführt, der Planungsbereich M. sei ein großräumiger Landkreis und in der Stadt W. bestehe ein lokaler Sonderbedarf für fachärztlich-internistische Leistungen. In W. gebe es seit Juli 2006 - nach dem Ausscheiden des einzigen dort hausärztlich tätig gewesenen Internisten - keinen vertragsärztlich zugelassenen Internisten mehr. Auch der Chefarzt der Inneren Abteilung des dortigen Krankenhauses, der umfänglich ermächtigt war, wolle nach Schließung des Krankenhauses nicht mehr vertragsärztlich tätig sein.
Gegen die dem Beigeladenen zu 8. erteilte Sonderbedarfszulassung haben die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2. Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Aufhebung der Sonderbedarfszulassung zur erneuten Entscheidung verurteilt (Urteil vom 24.10.2007) . Die Klagen beider Kläger seien zulässig und begründet. Der Beklagte habe nicht ausreichend ermittelt, ob tatsächlich ein lokaler Sonderbedarf bestehe. Nicht einmal die Befragung der bereits niedergelassenen Ärzte durch die KÄV sei verwertet worden. Als Entscheidungsgrundlage reiche das Fehlen von Internisten in W. nicht aus.
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Beigeladenen zu 8. hin die vom Kläger zu 2. erhobene Klage als unzulässig verworfen; soweit das Klagebegehren der Klägerin zu 1. betroffen ist, hat das LSG die Berufung des Beigeladenen zu 8. als unbegründet zurückgewiesen (Urteil vom 13.8.2008) . Zum Klagebegehren des Klägers zu 2. hat das LSG ausgeführt, eine reale Konkurrenzsituation im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei im Verhältnis des Klägers zu 2. zum Beigeladenen zu 8. nicht feststellbar. Dafür reichten Tätigkeiten im selben Planungs- und Versorgungsbereich nicht aus. Der Kläger zu 2. habe keine substantiellen Angaben dazu gemacht, welche eigenen Leistungsbereiche sich mit denen des Beigeladenen zu 8. überschnitten und wie viele seiner Patienten aus dem Einzugsbereich des dem Beigeladenen zu 8. zugedachten Vertragsarztsitzes kämen. Das LSG hat demgegenüber das Klagebegehren der Klägerin zu 1. als zulässig und begründet angesehen; das SG habe den Beklagten zu Recht zur erneuten Entscheidung über das Begehren des Beigeladenen zu 8. auf Sonderbedarfszulassung verurteilt.
Mit seiner Revision macht der Kläger zu 2. geltend, das LSG hätte seine Anfechtungsberechtigung anerkennen müssen. Der Vertragsarztsitz in W., für den der Beigeladene zu 8. zugelassen worden sei, sei von seiner Praxis nur ca 6 km (9 Pkw-Minuten bzw 15 Bus-Minuten) entfernt. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BSG seien die zugelassenen Ärzte auch zur Anfechtung von Sonderbedarfszulassungen berechtigt. Diese seien gegenüber regulären Zulassungen nachrangig. Er - der Kläger zu 2. - habe ausreichende Kapazitäten für zusätzliche Leistungen frei; er habe je Quartal bisher nur ca 1.000 Behandlungsfälle, während eine Vollauslastung erst bei ca 1.600 Behandlungsfällen erreicht sei. Er erbringe in seiner Vertragsarztpraxis, die er fachübergreifend zusammen mit einem hausärztlich zugelassenen Arzt betreibe, im selben räumlichen Bereich wie der Beigeladene zu 8. die gleichen Leistungen wie dieser. Seine Praxis weise ungefähr je zu einem Drittel pneumologische, gastroenterologische und kardiologische Fälle auf. Der Beigeladene zu 8. sei aufgrund einer Zulassung wegen lokalen Sonderbedarfs von vornherein berechtigt, auch die allgemeinen internistischen Leistungen zu erbringen, und dürfe, sobald er die jeweilige Qualifikation und Praxisausstattung nachweisen könne, auch gastroenterologische und kardiologische Leistungen anbieten.
Der Kläger zu 2. beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13.8.2008 aufzuheben und die Berufung des Beigeladenen zu 8. insgesamt zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 8., die Klägerin zu 1. und der Beklagte beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beigeladene zu 8. hält den Kläger zu 2. nicht für berechtigt, die erteilte Sonderbedarfszulassung anzufechten. Im Unterschied zu Ermächtigungen, mit denen sich das BVerfG und das BSG befasst hätten, sei eine Sonderbedarfszulassung nicht nachrangig im Sinne der Rechtsprechung dieser Gerichte. Sie unterscheide sich von einer üblichen Zulassung lediglich durch ihre Eigenart als "ausnahmsweise" Zulassung zur unerlässlichen Bedarfsdeckung. Auch habe derjenige, dem eine Sonderbedarfszulassung erteilt werde, gegenüber anderen zugelassenen Ärzten keinen Wettbewerbsvorteil wie ein Krankenhausarzt, der ermächtigt werde, zugleich aber durch seine Anstellung am Krankenhaus bereits ein gesichertes Einkommen habe und kein eigenes wirtschaftliches Risiko trage. Eine drittschützende Funktion ergebe sich auch nicht aus der Zweckrichtung der Rechtsnormen, aufgrund derer eine Sonderbedarfszulassung erteilt werde. Zudem habe das LSG die weitere Voraussetzung einer Anfechtungsberechtigung, nämlich, dass der anfechtende Arzt im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen wie der Begünstigte anbiete, zu Recht verneint. Denn diese Voraussetzung müsse der Anfechtende näher belegen; dies habe der Kläger zu 2. indessen nicht getan.
Der Beklagte und die Klägerin zu 1. halten den Kläger zu 2. ebenfalls nicht für anfechtungsberechtigt. Allerdings sind sie der Ansicht, bereits zugelassene Ärzte seien an sich grundsätzlich berechtigt, die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung anzufechten. Diese sei nachrangig gegenüber einer Zulassung, denn sie dürfe nur erteilt werden, wenn bzw soweit der Versorgungsbedarf nicht durch die bereits zugelassenen Ärzte gedeckt sei. Indessen habe der Kläger zu 2. nicht dargelegt, dass er durch die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 8. konkret wirtschaftlich betroffen sei. Ein reales Konkurrenzverhältnis ergebe sich aus seinem Vorbringen nicht; die bloße Möglichkeit der Beeinträchtigung seiner beruflichen Entwicklungschancen reiche nicht aus.
Die Beigeladenen zu 1. bis 6. beziehen im Revisionsverfahren nicht Stellung und stellen keine Anträge.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers zu 2. hat keinen Erfolg. Dieser ist nicht berechtigt, die dem Beigeladenen zu 8. erteilte Sonderbedarfszulassung anzufechten.
Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist allein die Berechtigung des Klägers zu 2., die dem Beigeladenen zu 8. erteilte Sonderbedarfszulassung anzufechten. Soweit das LSG die Berufung des Beigeladenen zu 8. gegen das SG-Urteil zurückgewiesen und damit den Beklagten zur Neubescheidung von dessen Widerspruch verpflichtet hat, ist das Berufungsurteil rechtskräftig geworden. Denn das LSG hat für den Beigeladenen zu 8. die Revision nicht zugelassen, und dieser hat das hingenommen.
1. Durchgreifende Bedenken schon gegen die Zulässigkeit der Revision oder der damit verfolgten Klage bestehen allerdings nicht. Weder die Revision des Klägers zu 2. noch dessen Klage sind unzulässig.
Das Rechtsschutzinteresse für die Durchführung eines Revisionsverfahrens ist gegeben, wenn das angefochtene Urteil den Revisionsführer beschwert (zu diesem Erfordernis vgl zB BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 40 S 82 f mwN; BSGE 86, 126, 129 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 289) . Dies ist hier der Fall, denn das LSG hat dem Kläger zu 2. die Befugnis zur Anfechtung der Erteilung einer Sonderbedarfszulassung abgesprochen. Dieses Urteil beschwert den Kläger zu 2. auch weiterhin, ungeachtet der Klagestattgabe des LSG im Verhältnis zur Klägerin zu 1. sowie der daraus abzuleitenden, inzwischen rechtskräftigen Neubescheidungsverpflichtung, die zur Neubefassung durch den Beklagten geführt hat. Die Frage seiner Anfechtungsberechtigung kann nämlich nach der erneuten Entscheidung des Beklagten wieder von Bedeutung sein.
Auch sonstige Zulässigkeitsbedenken bestehen nicht. Die vom Kläger zu 2. mit seiner Revision weiter verfolgte Klage wäre nur unzulässig, wenn seine Rechte durch die hier in Rede stehende Sonderbedarfszulassung offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 14, 17 mit Bundesverwaltungsgerichts ≪BVerwG≫-Angaben; BSGE 99, 145 = SozR 4-1500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17; zur sog Möglichkeitstheorie siehe zB auch BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17, und BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 - 4 C 3.08 - unter II., vor 1.) . Das ist hier jedoch nicht der Fall. Denn ob und inwieweit bereits zugelassene Vertragsärzte berechtigt sind, anderen Ärzten erteilte Sonderbedarfszulassungen anzufechten, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Die LSGe vertreten dazu unterschiedliche Auffassungen.
2. Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (siehe zB BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 22 ff und 26 ff) . Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung (zB Zulassung, Ermächtigung) anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung des Berufungsausschusses in der Sache zutrifft. Im vorliegenden Fall besteht schon keine Anfechtungsberechtigung des Klägers zu 2.
Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 - im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG ≪Kammer≫ SozR 4-1500 § 54 Nr 4) - im Einzelnen dargestellt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10) . Danach bestehen drei Voraussetzungen für die Anerkennung einer Drittanfechtungsberechtigung, nämlich (1) dass der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10 RdNr 19, 21; dies weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17 f, 20, 22-24) , weiterhin, (2) dass dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 23 iVm 32) , und ferner, (3) dass der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 19-21) .
Das BVerfG hat jüngst in einem Beschluss vom 23.4.2009 an diese Rechtsprechung angeknüpft (BVerfG ≪Kammer≫, Beschluss vom 23.4.2009 - 1 BvR 3405/08 - GesR 2009, 376 = NVwZ 2009, 977) . Es hat ausgeführt, dass eine unter dem Aspekt der Berufsfreiheit nach Rechtsschutz verlangende Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse dann in Frage steht, wenn den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber auf den Markt drängenden Konkurrenten eingeräumt ist (BVerfG aaO unter II.1.a unter Bezugnahme auf seinen früheren Beschluss vom 17.8.2004) .
a) Die Voraussetzung, dass der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein muss, ist im Verhältnis von Sonderbedarfszulassungen zu bereits erteilten Zulassungen gegeben. Sonderbedarfszulassungen kommen nur in Planungsbereichen in Betracht, die wegen Überversorgung für weitere Zulassungen gesperrt sind, und sie dürfen nur ausnahmsweise erteilt werden, soweit dies zur Wahrung der Versorgungsqualität unerlässlich ist (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Satz 1 Buchst a bis e ÄBedarfsplRL) . Erforderlich ist mithin, dass das Leistungsangebot der bereits zugelassenen Ärzte für eine umfassende Versorgung der Versicherten nicht ausreicht und der Bewerber um die Sonderbedarfszulassung das verbliebene Versorgungsdefizit beseitigen oder lindern kann. Damit ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nachrangig gegenüber der Versorgung durch die bereits zugelassenen Ärzte. Insofern unterscheidet sich die Bedarfsprüfung in ihren Grundzügen nicht von derjenigen bei Ermächtigungen gemäß § 116 SGB V (vgl BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 4 f; s auch BVerfG ≪Kammer≫ SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 15 ff und BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 16 ff; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 27 f; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, jeweils RdNr 14).
Dies legt die Folgerung nahe, dass bereits zugelassene Ärzte, ebenso wie sie grundsätzlich Ermächtigungen anfechten können (BVerfG, aaO, RdNr 15 ff und BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 22 ff, 26 ff) , auch berechtigt sind, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen anzufechten. Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewendet werden, dass im Verhältnis einer Sonderbedarfszulassung zu bereits erteilten Zulassungen kein Nachrang bestehe, weil die Sonderbedarfszulassung ebenfalls eine Zulassung sei, selbst wenn sie auf Ausnahmesituationen beschränkt ist. Darauf, ob insoweit eine statusmäßige Gleichordnung besteht oder nicht, kommt es nach den Vorgaben des BVerfG nicht an. Für die Anfechtungsberechtigung ist nach dem Kontext seiner Rechtsprechung vor allem relevant, ob die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch die bereits zugelassenen und damit dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Ärzte gedeckt ist; die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits zugelassenen Ärzte - womit der Nachrang der neuen Statuserteilung korrespondiert - begründet deren Anfechtungsrecht. Dies hat das BVerfG dahingehend zusammengefasst, dass § 116 Satz 2 SGB V drittschützende Funktion zugunsten der bereits zugelassenen Ärzte zukomme (BVerfG, aaO, RdNr 15) . Es hat sich ausdrücklich gegen die frühere Rechtsprechung des BSG gewandt, dass § 116 SGB V nicht dem Interesse der bereits zugelassenen Ärzte, sondern nur dem öffentlichen Interesse an der Sicherstellung der Versorgung und/oder dem Interesse des eine Ermächtigung begehrenden Arztes zu dienen bestimmt sei (siehe die Wiedergabe der BSG-Rspr in BVerfG, aaO, RdNr 6) . Nach Auffassung des BVerfG haben die bereits zugelassenen Ärzte ungeachtet des Gemeinwohlinteresses an einer qualitativ und quantitativ ausreichenden Versorgung ein von der Rechtsordnung geschütztes Interesse daran, in ihrer beruflichen Entfaltung, die im staatlich regulierten Markt der gesetzlichen Krankenversicherung ohnehin begrenzt ist, nicht zusätzlich durch weitere vertragsärztlich tätige Ärzte und Krankenhäuser eingeschränkt zu werden. Die damit verbundenen Belastungen begründen ihr Recht der Drittanfechtung, sofern der Arzt und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (hierzu siehe BVerfG, aaO, RdNr 17) . Mit diesen Ausführungen hat das BVerfG zugleich deutlich gemacht, dass die Verneinung einer Drittanfechtungsberechtigung der bereits zugelassenen Ärzte mit dem Argument, dass ein Schutz allein in Richtung auf ein Versorgungsinteresse der Allgemeinheit bestehe, nicht tragfähig ist, vielmehr ist daneben auch das Schutzinteresse der bereits zugelassenen Ärzte zu berücksichtigen. Dementsprechend kann auch im Falle der Sonderbedarfszulassung eine Anfechtungsberechtigung der bereits zugelassenen Ärzte nicht aufgrund von Analysen der normativen Schutzrichtung der Sonderbedarfsregelungen verneint werden (zu Erwägungen dieser Art im Zusammenhang mit Sonderbedarfszulassungen vgl indessen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 4.6.2008 - L 5 KA 4514/07 -, das durch das heutige Senatsurteil im Verfahren B 6 KA 25/08 R aufgehoben worden ist) .
Aus alledem folgt weiterhin, dass gegenüber neuen Sonderbedarfszulassungen auch derjenige Arzt anfechtungsberechtigt ist, der selbst nur aufgrund Sonderbedarfs zugelassen wurde. Denn insoweit, als durch ihn der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist kein Raum für eine (weitere) Sonderbedarfszulassung. Mithin sind neue Sonderbedarfszulassungen auch gegenüber früheren nachrangig.
Somit sind - vorbehaltlich des Vorliegens auch der weiteren Voraussetzungen (siehe oben 2. und im folgenden b und c) - die bereits zugelassenen Ärzte berechtigt, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen anzufechten (ebenso zB Beeretz ZMGR 2005, 311, 317; Plagemann in Plagemann ≪Hrsg≫, Münchener Anwalts Handbuch Sozialrecht, 3. Aufl 2009, § 20 RdNr 48 ≪mit Fußn 86≫; Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß ≪Hrsg≫, Kommentar zur Ärzte-ZV und Zahnärzte-ZV, 2008, § 16b RdNr 40 f; Steinhilper MedR 2008, 498, 501; Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 18 RdNr 36; aA zB Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 6. Aufl 2008, § 16b RdNr 206; tendenziell verneinend auch Schnath in Schnapp/Wigge ≪Hrsg≫, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl 2006, § 5 Kap B RdNr 37) .
b) Weitere Voraussetzung einer Anfechtungsberechtigung ist, dass der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten. Zu diesem Merkmal hat der Senat bereits in seinen Urteilen vom 7.2.2007 und vom 17.10.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, jeweils RdNr 19, 21, und BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 17 f, 20, 22-24) Stellung genommen. Bereits in der Konstellation, die dem Urteil vom 17.10.2007 zugrunde lag (s BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, insbes RdNr 22-24) , hat der Senat hervorgehoben, dass für die Anfechtungsberechtigung ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen muss, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt.
Dies erfordert im Regelfall zunächst die Darlegung des anfechtenden Arztes, welche Leistungen er anbietet und wie viele Patienten und welcher prozentuale Anteil seiner Patienten aus dem Einzugsbereich des dem Konkurrenten zugedachten Praxissitzes kommen (zur Quote von mehr als 5 % und deren Berechnungsgrundlage siehe BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 24; zum Erfordernis plausiblen Vortrags siehe RdNr 20) . Hat er dies substantiiert vorgetragen, so obliegt es dem Zulassungsgremium, seinerseits tätig zu werden und die erforderlichen weiteren Informationen über das (voraussichtliche) Leistungsspektrum und den (voraussichtlichen) Patientenkreis des Konkurrenten zu erheben.
Näherer Darlegungen und Feststellungen zu den Leistungsspektren von anfechtendem und konkurrierendem Arzt bedarf es indessen dann nicht, wenn das Vorliegen ins Gewicht fallender Überschneidungen ohne Weiteres auf der Hand liegt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Praxen der beiden Ärzte in derselben Stadt gelegen sind - jedenfalls soweit es sich nicht um eine so weitläufige handelt, wie es sehr große Städte sein können - und wenn beide Ärzte in einem eng umgrenzten Fachgebiet tätig sind, wie dies zB bei der Augenheilkunde der Fall ist. Ein ausreichend eng umgrenztes Fachgebiet kann aber auch im internistischen Bereich gegeben sein, sofern nämlich beide Ärzte denselben Schwerpunkt oder dieselbe fakultative Weiterbildung oder besondere Fachkunde im Sinne von § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL haben, denn in diesem Spezialbereich haben sie typischerweise ihren Tätigkeitsschwerpunkt (s dazu BSG, Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 50/07 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 17 RdNr 19) . In solchen Fällen eines eng umgrenzten Tätigkeitsbereichs sind im Regelfall sowohl nähere Darlegungen des Drittanfechtenden als auch weitere Ermittlungen der Zulassungsgremien zur Frage gleicher Leistungsspektren der Konkurrenten entbehrlich.
Die Notwendigkeit von Darlegungen und Feststellungen zur Überschneidung der Einzugsbereiche ist auch davon abhängig, ob eine Sonderbedarfszulassung gemäß § 24 Satz 1 Buchst a (lokaler Sonderbedarf in einem großstädtischen Planungsbereich oder großräumigen Landkreis) oder gemäß § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL (besonderer qualitativer Versorgungsbedarf) in Frage steht. Je größer innerhalb eines großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises die Entfernung zwischen den betroffenen Vertragsarztsitzen ist und je deutlicher die Regionen, in denen diese Sitze sich befinden, nach Struktur, Verkehrsanbindung und Lage voneinander abgegrenzt sind, desto weniger liegt das Bestehen eines realen Konkurrenzverhältnisses auf der Hand, sodass es für den Anfechtenden umso schwieriger sein wird, dessen Vorhandensein darzulegen. Dem entspricht, dass den Zulassungsgremien bei der Frage, welche Versorgungsdichte in großstädtischen Bereichen und in großräumigen Landkreisen anzustreben ist, ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht. Sie können sich eine Überzeugung dazu bilden, ob in einem großräumigen Landkreis möglichst in jedem einigermaßen abgegrenzten Bereich die wichtigsten Facharztgebiete vertreten sein sollen, zB ob in jeder eigenständigen größeren Stadt unabhängig davon, ob sie inmitten naher anderer Städte mit entsprechenden Ärzten gelegen ist, ein fachärztlicher Internist zur Verfügung stehen soll (zum Beurteilungsspielraum s zB BSG, Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 16, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen) . Um in solchen Fällen ein reales Konkurrenzverhältnis darzulegen, muss der anfechtende Arzt nicht nur dartun, dass er auch Patienten aus der anderen Stadt versorgt, sondern auch plausibel machen, inwiefern der Bereich der anderen Stadt mit zu seinem Einzugsbereich gehört (evtl Darlegung der Straßen- und Nahverkehrsverbindungen). In einer solchen Lage reichen jedenfalls nicht näher belegte Angaben, Versicherte aus jenem Bereich würden in der eigenen Praxis versorgt, nicht aus, um die Berechtigung zur Anfechtung einer Sonderbedarfszulassung, die wegen lokalen Versorgungsbedarfs erteilt wurde, anzuerkennen.
c) Bei Zugrundelegung der unter b dargestellten Maßstäbe hat die Drittanfechtung des Klägers zu 2. keinen Erfolg. Das für eine Anfechtungsberechtigung erforderliche reale Konkurrenzverhältnis zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 8. kann nicht festgestellt werden. Ausreichende Darlegungen, dass es zwischen den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen der Praxen des Klägers zu 2. und des Beigeladenen zu 8. ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt, lassen sich dem Vorbringen des Klägers zu 2. nicht entnehmen.
Der Kläger zu 2. hat als Internist ohne Schwerpunkt sein eigenes Leistungsspektrum, das kein von vornherein eng umgrenztes Fachgebiet betrifft, nicht ausreichend konkret beschrieben. Wie schon im Urteil des LSG ausgeführt ist, hat der Kläger zu 2. keine substantiellen Angaben dazu gemacht, welche seiner Leistungsbereiche sich mit denen des Beigeladenen zu 8. überschneiden. Das LSG hat die Angaben, die in der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 2. gemacht worden sind, zutreffend als unzureichend angesehen. Ungenügend zur Darlegung einer real bestehenden Konkurrenzsituation ist auch sein Vorbringen, bei gastroenterologischen und echokardiographischen Leistungen könne sich künftig eine Konkurrenzsituation ergeben, denn der Beigeladene zu 8. könne dafür, wenn er die erforderliche Qualifikation nachweise, ohne Weiteres eine Genehmigung erhalten. Soweit der Kläger zu 2. erstmals im Revisionsverfahren die Leistungen der Proktologie, Sonographie und Echokardiographie anführt, fehlt es ebenfalls an der erforderlichen Substantiierung, dass und in welchem Umfang er solche Leistungen tatsächlich erbringt.
Nähere Darlegungen des Klägers zu 2. fehlen auch zum Einzugsbereich seiner Praxis. Konkrete Angaben, ob und in welchem Umfang er Patienten aus W. behandelt, hat er nicht gemacht. Allein der Hinweis, dass die Straßen- und Nahverkehrsverbindungen zwischen den Städten W. und M. unproblematisch seien, reicht nicht aus. Zu berücksichtigen ist, dass die Zulassungsgremien in einem Fall wie hier einen weiten Beurteilungsspielraum haben, ob sie in einem großräumigen Landkreis für eine Stadt wie W. mit ca 22.000 Einwohnern unabhängig von der Nähe benachbarter Städte einen fachärztlichen Internisten zur Gewährleistung der Versorgung der Versicherten für erforderlich halten (hierzu siehe oben RdNr 26) .
Bei alledem besteht keine Veranlassung zur näheren verfahrensrechtlichen Überprüfung, ob etwa die Vorinstanzen den Kläger zu 2, früher auf die ihm obliegenden Darlegungslasten hätten hinweisen müssen. Einen etwaigen Verfahrensmangel geltend zu machen, wäre Aufgabe des Klägers zu 2. bzw seiner Prozessbevollmächtigten, die indessen keine Verfahrensrüge erhoben haben. Im Übrigen bestehen auch keine Anhaltspunkte für einen Verfahrensfehler. Der Kläger zu 2. hat damit rechnen müssen, dass die Gerichte ihm die Darlegungslast zuweisen. Denn auf diese Problematik ist bereits im Klage- wie im Berufungsverfahren von Seiten des Beigeladenen zu 8. deutlich hingewiesen worden, und zudem hat das LSG in seiner mündlichen Verhandlung den Prozessbevollmächtigten des Klägers zu 2. entsprechend gezielt befragt, ohne dass er daraufhin substantielle Angaben gemacht hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Diese Regelung ist im Falle eines erfolglosen Rechtsmittels die allein maßgebliche Kostenvorschrift (daneben keine Anwendung von § 154 Abs 1 iVm § 159 Satz 1 VwGO, so BSG, Urteil vom 6.5.2009 - B 6 KA 2/08 R - RdNr 25; in diesem Sinne auch Olbertz in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Oktober 2008, § 154 RdNr 10 und 11) . Die Verpflichtung des Klägers zu 2. zur Kostentragung umfasst auch die Pflicht zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten, der Klägerin zu 1. und des Beigeladenen zu 8. Dies folgt im Verhältnis zum Beklagten und zur Klägerin zu 1. daraus, dass Hauptbeteiligte stets eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten beanspruchen können, soweit sie nicht selbst zur Kostentragung verpflichtet sind und sofern ihr Anspruch auf Kostenerstattung nicht ausnahmsweise darüber hinaus - entsprechend dem Grundgedanken des § 154 Abs 1 VwGO - ausgeschlossen ist (vgl BSG, aaO) . Die Pflicht zur Erstattung der Kosten des Beigeladenen zu 8. ergibt sich daraus, dass dieser sich im Revisionsverfahren beteiligt und auch einen - erfolgreichen - Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 iVm § 154 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 16) .
Fundstellen
Haufe-Index 2226395 |
ArztR 2010, 123 |
KrV 2009, 178 |
NZS 2010, 470 |
GesR 2010, 85 |