Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Urteil vom 12.10.2017; Aktenzeichen L 14 R 369/17)

SG Augsburg (Entscheidung vom 28.04.2017; Aktenzeichen S 9 R 582/16)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschlussverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Mit Urteil vom 12.10.2017 hat das Bayerische LSG einen Anspruch des Klägers auf Auszahlung seiner Rente ohne Aufrechnung von durch die Beklagte geleisteten, überzahlten Zuschüssen zur privaten Krankenversicherung verneint und die Berufung gegen das Urteil des SG Augsburg zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Die angefochtene Entscheidung verstoße mehrfach gegen Art 20 Abs 3 und Art 103 Abs 1 GG.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

1. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Es fehlt bereits an der Formulierung einer abstrakt-generellen Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich revisibler Normen (vgl § 162 SGG), die der Senat mit "Ja" oder "Nein" beantworten könnte, was grundsätzlich erforderlich ist (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7 sowie BAGE 121, 52 RdNr 5 f). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag eines Beschwerdeführers darauf zu analysieren, ob sich ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Mit seinem Vortrag, ihm sei die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 12.10.2017 verwehrt worden, rügt der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit einen Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Diesen hat der Kläger nicht ausreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

Die Beschwerdebegründung enthält keinen hinreichenden Vortrag dazu, dass ein erheblicher Grund für eine Terminverlegung iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO iVm § 202 SGG vorlag und der Kläger diese ordnungsgemäß beantragt hat, woraus bereits eine Verletzung des rechtlichen Gehörs folgen könnte (vgl BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - Juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - Juris RdNr 7). Es fehlen konkrete Angaben dazu, dass der Kläger eine Aufforderung zur Vorlage eines ärztlichen Attestes nach § 202 SGG iVm § 227 Abs 2 ZPO nicht rechtzeitig zur Kenntnis nehmen und sich entsprechend verhalten konnte (vgl BSG Beschluss vom 17.2.2010 - B 1 KR 112/09 B - Juris RdNr 7). Der Kläger trägt lediglich vor, am späten Nachmittag vor dem anberaumten Verhandlungstermin habe der Vorsitzende eine "Fahndung" veranlasst und eine Weisung erteilt, dem Kläger einen "Befehl" des Vorsitzenden zu übermitteln, wonach der Kläger ein ärztliches Attest zur Glaubhaftmachung des Verlegungsgrundes vorzulegen habe. Auch wenn der Kläger bei überwiegend geschlossenen Arztpraxen an einem Mittwochnachmittag ein ärztliches Attest nur schwer erlangen konnte, so fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, dass ein solches nicht jedenfalls am Morgen der mündlichen Verhandlung zu erhalten gewesen wäre und mit dem beim Kläger vorhandenen Faxgerät noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung um 10.30 Uhr hätte übermittelt werden können.

Soweit der Kläger zudem vorträgt, das LSG habe seine Darlegungen und die fachärztlichen Atteste, die seine Kostenbelastung für ärztliche Behandlungen und lebensnotwendige Medikamente belegten, nicht bzw nicht im erforderlichen Maße gewürdigt, ist ebenfalls kein Verfahrensmangel ausreichend bezeichnet. Allein der Umstand, dass das LSG den Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass ein Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird (BSG Beschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 9.5.2011 - B 13 R 112/11 B - Juris RdNr 9).

Mit seinem weiteren Vorbringen, insbesondere zum Pfändungsfreibetrag, macht der Kläger geltend, dass das LSG die Sache nicht richtig entschieden hat. Dies ist jedoch nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11760306

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