Entscheidungsstichwort (Thema)

Beihilfeanspruch eines privatversicherten Angestellten

 

Normenkette

RVO § 405; BGB § 315

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 19.02.1988; Aktenzeichen 15/9 Sa 823/87)

ArbG Darmstadt (Urteil vom 29.04.1987; Aktenzeichen 5 Ca 12/87)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 1988 – 15/9 Sa 823/87 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsberichts Darmstadt vom 29. April 1987 – 5 Ca 12/87 – abgeändert.

3. Die Klage wird abgewiesen.

4. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Beihilfe in Krankheitsfällen.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. Januar 1970 als technischer Angestellter beschäftigt. Wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze des § 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO unterliegt er nicht der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht. Zu seiner privaten Krankenversicherung erhält er von der Beklagten gemäß § 405 RVO einen monatlichen Zuschuß in Höhe von 255,57 DM.

Das Arbeitsverhältnis richtet sich gemäß § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie den für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträgen. Dazu gehört der 2. Tarifvertrag über die Gewährung von Beihilfen an Angestellte, Lehrlinge und Anlernlinge des Bundes vom 15. Juni 1959 in der Fassung vom 26. Mai 1964 (BhTV). Dieser bestimmt u.a.:

㤠1

Angestellte, Lehrlinge und Anlernlinge erhalten in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen Beihilfen in sinngemäßer Anwendung der Beihilfevorschriften (BhV) in der jeweils geltenden Fassung, soweit sie für im Dienst befindliche Beamte vorgesehen sind und im folgenden nicht Abweichungen bestimmt sind.

§ 2

§ 3

(1) Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung sind ausschließlich auf die ihnen zustehenden Sachleistungen angewiesen. Aufwendungen, die dadurch entstanden sind, daß der Pflichtversicherte diese Leistungen nicht in Anspruch nimmt oder sich anstelle einer möglichen Sachleistung eine Barleistung gewähren läßt, sind nicht beihilfefähig. Lediglich in den Fällen, in denen die Krankenversicherungsträger nur einen Zuschuß leisten, sind die geltend gemachten Aufwendungen im Rahmen der BhV beihilfefähig. Die beihilfefähigen Aufwendungen werden um den Zuschuß gekürzt.”

Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (2. KVÄG) vom 21. Dezember 1970 (BGBl I 1970, 1770) wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1971 § 405 RVO geändert. Danach haben auch die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Angestellten gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf einen Zuschuß zu ihren Krankenversicherungsbeiträgen. Daraufhin ordnete der Bundesminister des Innern mit Rundschreiben – D II 4 – 220 220-2/35 – vom 17. Februar 1971 (GMBl 1971, 111 f.) für die Berechnung der Beihilfe dieser Angestellten u.a. folgendes an:

„Aufwendungen sind nur insoweit beihilfefähig, als sie über die dem Angestellten zustehenden Leistungen aus einer freiwilligen Krankenversicherung hinausgehen, es sei denn, daß während der Zeit, in der die Aufwendungen entstanden sind, der Arbeitgeber nicht nach § 405 RVO an der Aufbringung der Beiträge zur Krankenversicherung des Angestellten beteiligt war. Übersteigt der Beitrag des Angestellten zu einer privaten Krankenversicherung den Beitrag, der bei Krankenversicherungspflicht des Angestellten zu zahlen wäre, so gelten als zustehende Leistungen im Sinne des vorstehenden Satzes die Leistungen der privaten Krankenversicherung nur insoweit, als sie dem Verhältnis des tatsächlichen Beitrages zu dem Beitrag bei Krankenversicherungspflicht entsprechen: maßgebend sind, die Beiträge im Zeitpunkt der Antragstellung.”

Mit Wirkung zum 1. Oktober 1985 wurde das Beihilferecht für Bundesbedienstete durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (BhV) vom 19. April 1985 (GMBl 1985, 290) neu geregelt. § 14 BhV, der die Bemessung der Beihilfen regelt, bestimmt in Absatz 5 folgendes:

„Für beihilfefähige Aufwendungen der in §2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 bezeichneten Personen, zu deren Beiträgen für eine private Krankenversicherung ein Zuschuß aufgrund von Rechtsvorschriften oder eines Beschäftigungsverhältnisses mindestens in Höhe von 80 DM monatlich gewährt wird, ermäßigt sich der Bemessungssatz für den Zuschußempfänger um 20 vom Hundert. Beiträge für Krankentagegeld- und Krankenhaustagegeldversicherungen bleiben außer Betracht.”

Mit Rundschreiben – D III 1 – 220 220 – 3 c/6 – vom 26. September 1985 (GMBl 1986, 159) wies der Bundesminister des Innern zur Durchführung der BhV darauf hin,

„daß es – ebenso wie für pflichtversicherte Arbeitnehmer bei der Anwendung des § 3 der Beihilfetarifverträge – für nicht pflichtversicherte Angestellte hinsichtlich der Berücksichtigung eines vom Arbeitgeber des beihilfeberechtigten Angestellten nach § 405 RVO gezahlten Beitragszuschusses weiterhin bei den hierzu getroffenen besonderen Regelungen verbleibt…; die Gründe für diese Regelungen – vgl. die einleitenden Ausführungen des Rundschreibens vom 17.2.1971 – bestehen fort. … Für die Bemessung der Beihilfe sind die Absätze 4 und 5 des § 14 BhV nicht anzuwenden; der Bemessungssatz ergibt sich aus § 14 Abs. 1 (ggf. Abs. 3 oder 6) BhV.”

Der Kläger stellte unter dem 4. November 1986 einen Beihilfeantrag mit einem dem Grunde nach beihilfefähigen Betrag von 1.438,84 DM, wovon seine Krankenversicherung 1.020,50 DM erstattete. Unter dem 3. Januar 1987 stellte er einen weiteren Beihilfeantrag mit einem dem Grunde nach beihilfefähigen Betrag von 4.768,36 DM. Hiervon erstattete die Krankenkasse 2.627,74 DM. Die Beklagte setzte entsprechend den Rundschreiben vom 17. Februar 1971 und 26. September 1985 die aus der bezuschußten Krankenversicherung gewährten Leistungen von den beihilfefähigen Aufwendungen ab und gewahrte dem Kläger für die darüber hinaus entstandenen Kosten anteilige Beihilfe in Höhe von 70 %, bezüglich des Beihilfeantrags vom 4. November 1986 312,– DM und bezüglich des Antrags vom 3. Januar 1987 1.407,– DM. Der Kläger machte gegenüber der Beklagten vergeblich mehrmals schriftlich höhere Beihilfebeträge geltend.

Mit der Klage hat der Kläger weitere Beihilfe in Höhe von insgesamt 865,– DM geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, der Anspruch ergebe sich aus § 40 BAT in Verbindung mit § 1 BhTV. Danach erhielten Angestellte Beihilfen in sinngemäßer Anwendung der Beihilfevorschriften in der jeweils geltenden Fassung, soweit sie für im Dienst befindliche Beamte vorgesehen seien. Da sich aus den Grundsätzen des Beamtenrechts vorliegend keine Besonderheiten ergäben, habe die Bemessung seiner Beihilfe gemäß § 14 Abs. 5 BhV zu erfolgen. Dessen Voraussetzungen habe er erfüllt, denn die Beklagte habe zu seinem Beitrag für eine private Krankenversicherung einen Zuschuß auf Grund des § 405 RVO von mehr als 80,– DM monatlich geleistet. Die Rundschreiben des Bundesministers des Innern seien unbeachtlich. Es sei grundsätzlich zweifelhaft, ob Rundschreiben tarifliche Beihilfeansprüche beeinflussen könnten, denn in § 1 BhTV werde nicht auf Rundschreiben, sondern auf die Beihilfevorschriften verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 865,– DM zu verurteilen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, § 14 Abs. 5 BhV, der anstelle einer Anrechnung der Leistungen aus einer bezuschußten privaten Krankenversicherung eine Absenkung des Bemessungssatzes um 20 % vorsehe, greife nicht zugunsten des Klägers ein. Vielmehr sei die Kostenerstattung durch die Krankenkasse von dem dem Grunde nach beihilfefähigen Betrag abzuziehen und im Falle eines sich ergebenden Restbetrages die Beihilfe gemäß § 14 Abs. 1 BhV zu bemessen. An dieser seit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 405 RVO zum 1. Januar 1971 bestehenden Rechtslage habe sich für den Kläger durch die Neuregelung des Beihilferechts mit Wirkung zum 1. Oktober 1985 nichts geändert. Durch die sinngemäße Anwendung der Beihilfevorschriften habe sichergestellt werden sollen, daß nur solche Angestellte Beihilfe in demselben Umfang wie Beamte erhielten, die wie Beamte ihre Krankenversicherungsbeiträge in vollem Umfang selbst zu tragen hätten. Die entscheidende Abweichung von der nur sinngemäß anzuwendenden Beihilfeverordnung enthalte § 3 Abs. 1 BhTV, der die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Angestellten grundsätzlich auf die Inanspruchnahme der Sachleistungen der Träger der Krankenkassen verweise und Beihilfen nur für die Fälle vorsehe, in denen diese keine Leistungen oder nur Zuschüsse gewährten.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klagbegehren erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihr Ziel der Klageabweisung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Beihilfezahlungen, der Beklagten.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Berechnung der Beihilfeansprüche des Klägers sei § 14 Abs. 5 BhV zugrunde zu legen. Denn nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 1 BhTV sollten Angestellte in bezug auf die Beihilfe den im Dienst befindlichen Beamten, Richtern bzw. Versorgungsempfängern des Bundes gleichgestellt werden, sofern sie beihilferechtlich denselben Status wie Beamte hätten. Seit Inkrafttreten des neuen § 14 Abs. 5 BhV bestehe deshalb hinsichtlich der im Dienst befindlichen privat krankenversicherten Angestellten, zu deren Beiträgen für eine private Krankenkasse der Arbeitgeber gemäß § 405 RVO einen Zuschuß von mindestens 80,– DM zahle, keine Regelungslücke mehr. Die Rundschreiben des Bundesministers des Innern seien vorliegend ohne rechtliche Bedeutung. Sie stellten keine Abweichung im Sinne des § 1 BhTV dar, da solche Abweichungen nur im Beihilfetarifvertrag selbst geregelt sein könnten. § 1 BhTV verweise ausschließlich auf die Beihilfevorschriften als abgeschlossenes und aus sich heraus verständliches Regelungswerk.

II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Gemäß § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16. April 1970 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Außerdem finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Gemäß § 40 BAT werden für die Gewährung von Beihilfen die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen angewendet (BAG Urteil vom 18. Oktober 1972 – 4 AZR 466/71 – AP Nr. 1 zu § 40 BAT). Soweit in einem Anstellungsvertrag außerhalb des öffentlichen Dienstes pauschal auf die Vorschriften des BAT verwiesen wird, begründet diese Verweisung deshalb noch keinen Anspruch auf Beihilfe, wenn solche Leistungen im Betrieb des Arbeitgebers nicht gewährt werden (BAG Urteil vom 18. Januar 1983 – 3 AZR 520/80 – AP Nr. 2 zu § 40 BAT; Urteil vom 4. August 1988 – 6 AZR 10/86BAGE 59, 188 = AP Nr. 3 zu § 40 BAT). Diese dynamische Verweisung auf die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen enthält keine unzulässige Delegation der Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien. Denn es obliegt deren Regelungskompetenz und Tarifmacht, den Umfang der Verweisung durch eine Änderung des Tarifvertrages zu verändern oder aufzuheben. Durch die Verweisung soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet werden, allen seinen Bediensteten Beihilfe nach den gleichen Grundsätzen zu leisten (BAGE 39, 138 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Durchführungspflicht; BAGE 36, 218 = AP Nr. 19 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten). Die Beklagte gewährt allen Arbeitnehmern Beihilfe. Der Arbeitsvertrag des Klägers verweist auch nicht nur auf die Bestimmungen des BAT, sondern auch auf die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge. Zu den ergänzenden Tarifverträgen gehört für die Arbeitnehmer des Bundes der Tarifvertrag über die Gewährung von Beihilfen an Angestellte, Lehrlinge und Anlernlinge des Bundes vom 15. Juni 1959 in der Fassung des Ergänzungstarifvertrages vom 26. Mai 1964. Zwar wurde dieser Tarifvertrag zum 30. September 1970 gekündigt und bisher nicht neu vereinbart, er gilt aber gemäß § 4 Abs. 5 TVG ab 1. Oktober 1970 für die kraft Organisationszugehörigkeit Tarifgebundenen nachwirkend weiter. Die Parteien des Arbeitsvertrages sind vorliegend nicht tarifgebunden. Da das Arbeitsverhältnis aber bereits am 1. Januar 1970 begründet wurde, gilt dieser Tarifvertrag gemäß § 2 des Arbeitsvertrages auch für den Kläger kraft einzelvertraglicher Vereinbarung weiter (BAGE 27, 22 = AP Nr. 8 zu § 4 TVG Nachwirkung; BAG Beschluß vom 13. August 1986 – 4 ABR 2/86 – AP Nr. 1 zu § 2 MTV Ang-DFVLR).

2. Gemäß § 1 BhTV erhalten Angestellte Beihilfe in sinngemäßer Anwendung der Beihilfevorschriften in der jeweils geltenden Fassung, soweit sie für im Dienst befindliche Beamte vorgesehen und im folgenden nicht Abweichungen bestimmt sind. Pflichtversicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung sind jedoch nach § 3 BhTV ausschließlich auf die ihnen zustehenden Sachleistungen angewiesen. Lediglich in den Fällen, in denen die Krankenversicherungsträger nur einen Zuschuß leisten, sind von Pflichtversicherten geltend gemachte Aufwendungen im Rahmen der BhV beihilfefähig, wobei die beihilfefähigen Aufwendungen um den Zuschuß gekürzt werden. Da der Kläger aber freiwillig versicherter Angestellter in einer privaten Krankenversicherung ist, greift § 3 BhTV vorliegend nicht ein.

Nach § 14 Abs. 5 BhV ermäßigt sich der Bemessungssatz für beihilfefähige Aufwendungen der in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 bezeichneten Personen um 20 %, wenn zu deren Beiträgen für eine private Krankenversicherung ein Zuschuß aufgrund von Rechtsvorschriften oder eines Beschäftigungsverhältnisses in Höhe von mindestens 80,– DM monatlich gewährt wird. Zwar erhält der Kläger von der Beklagten als seinem Dienstherrn einen Zuschuß von mehr als 80,– DM monatlich zu seinen Krankenversicherungsbeiträgen. Gleichwohl ist § 14 Abs. 5 BhV hier nicht anwendbar. Denn nach § 1 BhTV erhalten Angestellte Beihilfen nur in sinngemäßer Anwendung der Beihilfevorschriften, soweit solche für im Dienst befindliche Beamte vorgesehen sind.

b) Aufgrund der sinngemäßen Verweisung in § 1 BhTV auf die Beihilfevorschriften sollen diese für Angestellte in dem Umfang gelten, wie für Beamte in der gleichen beihilferechtlichen Situation. Anderenfalls wäre das Tatbestandsmerkmal „sinngemäß” in § 1 BhTV bedeutungslos und überflüssig. Die sinngemäße Anwendung beinhaltet eine Einschränkung und Tatbestandsverweisung dahingehend, daß nur diejenigen Angestellten wie Beamte Beihilfe erhalten sollen, die sich in der gleichen Situation befinden, d.h., es muß berücksichtigt werden, wie der jeweilige Angestellte gegen Krankheit versichert ist und von wem die Krankenversicherungsbeiträge aufgebracht werden. Da die Beamten aber gemäß § 169 RVO versicherungsfrei sind und keinen Anspruch auf einen Zuschuß zu einer freiwilligen Krankenversicherung gemäß § 405 RVO gegenüber ihrem Dienstherrn haben, können die Beihilfevorschriften uneingeschränkt nur für solche Angestellte gelten, die ebenfalls ihre Krankenversicherungsbeiträge in vollem Umfang selbst tragen (BAG Urteil vom 23. Mai 1973 – 4 AZR 484/72 – AP Nr. 1 zu § 39 TVAng Bundespost).

c) Eine uneingeschränkte Übertragung der Beihilfevorschriften auch auf Angestellte ohne Berücksichtigung ihrer krankenversicherungsrechtlichen Situation würde dem Sinn und Zweck des Beihilferechts widersprechen, weil Angestellte, die einen Zuschuß ihres Arbeitgebers zur Krankenversicherung gemäß § 405 RVO (seit 1. Januar 1989 § 257 SGB V) erhalten, in vielen Fällen beihilferechtlich besser gestellt wären als Beamte, die ihre Krankenversicherungsbeiträge in vollem Umfang selbst tragen müssen. Dadurch würde aber der Sinn der Beihilfevorschriften in ihr Gegenteil verkehrt. Denn ursprünglich bestand das Beihilferecht allein als eigenständige Krankenfürsorge für die von jeher von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommenen Beamten und Versorgungsempfänger des öffentlichen Dienstes. Sie beruhen auf dem zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehörenden Alimentationsprinzip des Art. 33 Abs. 5 GG, welches es gebietet, daß der Dienstherr seinen Beamten und deren Familien einen angemessenen Unterhalt gewährt, der grundsätzlich den gesamten Lebensunterhalt sicherstellt. Deshalb sind die Beamten kraft Gesetzes von der Versicherungspflicht einschließlich der Krankenversicherung freigestellt (BVerwGE 20, 44, 46). Der Dienstherr erfüllt das Alimentationsprinzip durch die Zahlung der laufenden Bezüge unabhängig von konkreten Bedürfnissen. Er stellt den Beamten mit der Besoldung einen Durchschnittssatz der zu erwartenden Aufwendungen in Krankheitsfällen zur Verfügung, mit denen diese als Eigenvorsorge auch eine einen Teil der voraussichtlichen Krankheitskosten abdeckende Krankenversicherung abschließen können (BAGE 59, 188, 193, 194 = AP Nr. 3 zu § 40 BAT; BVerfGE 44, 249, 265; BVerfGE 58, 68, 77 f.; BVerwGE 71, 342, 346). Von dieser Form der Versicherung gehen die Beihilfevorschriften primär aus (Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT, Bd. I, Stand 1. Februar 1990, § 40 Erl. 2). In Ergänzung dazu gebietet es die den Beamten gegenüber bestehende Fürsorgepflicht des § 79 BBG, diesen dann eine zusätzliche Hilfe in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen zu bieten, wenn die Besoldung im Einzelfall wegen besonderer Umstände nicht zum Ausgleich bestehender Unkosten ausreicht. Die gemäß § 200 BBG vom Bundesminister des Innern erlassenen Beihilfevorschriften konkretisieren diese Fürsorgepflicht im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Beamten. Aus dem gleichen Motiv ist den Angestellten des öffentlichen Dienstes, die sich in der gleichen beihilferechtlichen Situation wie die Beamten befinden, durch entsprechende tarifliche Regelungen Beihilfe nach den beamtenrechtlichen Vorschriften gewährt worden (vgl. zur geschichtlichen Entwicklung der Beihilfevorschriften Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Februar 1990, § 40 Rz 7 bis 9 und 10). Dementsprechend muß berücksichtigt werden, welchen Sachverhalt § 14 Abs. 5 BhV für Beamte regelt.

d) Für die Bemessung der Beihilfe für Beamte ist vom Grundtatbestand des § 14 Abs. 1 BhV auszugehen. Danach beträgt der Bemessungssatz für die Beihilfeberechtigten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 (Beamte und Richter) sowie entpflichtete Hochschullehrer 50 % (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BhV). Der Bemessungssatz für einen dem Kläger vergleichbaren Beamten erhöht sich auf 70 %, wenn zwei oder mehr Kinder berücksichtigungsfähig sind (§ 14 Abs. 1 Satz 3 BhV). Demgegenüber regelt § 14 Abs. 5 BhV die Berücksichtigung von Beitragszuschüssen für eine private Krankenversicherung aufgrund von Rechtsvorschriften oder eines Beschäftigungsverhältnisses. Das geschieht durch eine Absenkung des Bemessungssatzes des § 14 Abs. 1 BhV um 20 %, wenn der Zuschuß mindestens 80,– DM monatlich beträgt. Diese Minderung berücksichtigt, daß beihilfeberechtigte Beamte die Beiträge für eine beihilfeergänzende Krankenversicherung voll aus den eigenen Bezügen zu bestreiten haben, ein Beitragszuschuß aber insoweit zu einer Entlastung des Beamten von der Krankenvorsorge führt. Dies berechtigt den Dienstherrn, dem Charakter der Beihilfe als ergänzender Hilfeleistung insoweit Rechnung zu tragen, als der Regelbemessungssatz gemindert wird. Bei dem Zuschuß von mindestens 80,– DM monatlich wird dabei davon ausgegangen, daß hiermit der Beihilfeberechtigte den durch die Minderung des Bemessungssatzes erforderlichen höheren Versicherungsschutz ausgleichen kann (vgl. Mildenberger, Beihilfevorschriften – Unterstützungsgrundsätze – Vorschußrichtlinien, Ausgabe Bund und Länder, Bd. I, Stand 1. Januar 1990, § 14 A/III Anm. 22). Da die Beihilfevorschriften für Beamte konzipiert sind, regeln sie deshalb auch nur Fälle, die im Beamtenrecht auftreten können. Beamte erhalten aber von ihrem beihilfeverpflichteten Dienstherrn in keinem Fall einen Zuschuß zu ihrer Krankenversicherung. Bei den in § 14 Abs. 5 BhV gemeinten Zuschüssen muß es sich daher um Zuschüsse von dritter Seite handeln. Dafür kommen einerseits Zuschüsse der Rentenversicherungsträger gemäß § 1304 e RVO, § 83 e AVG und § 96 c RKG in Betracht, andererseits Zuschüsse zu den Krankenversicherungsbeiträgen, die aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarungen außerhalb des Beamtenverhältnisses gezahlt werden (vgl. Mildenberger, a.a.O., § 14 A/III Anm. 24; Schadewitz/Röhrig/Seifener/Köhler, Beihilfevorschriften, Stand Januar 1990, § 14 Erl. 8).

3. Für die hier vertretene Auslegung der Vorschrift spricht auch die geschichtliche Entwicklung der Bemessungssatzminderung. Eine dem § 14 Abs. 5 BhV entsprechende Vorschrift findet sich in Art. 1 Nr. 13 a der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 23. August 1972 (GMBl 1972, 542, 545), wonach Nr. 12 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen vom 17. März 1959 (GMBl 1959, 167) durch Einfügung des Absatzes 1 a dahingehend geändert wurde, daß sich der Bemessungssatz um 15 v.H. für beihilfefähige Aufwendungen von Versorgungsempfängern oder berücksichtigungsfähigen Familienangehörigen ermäßigt, die einen Beitragszuschuß nach § 405 der Reichsversicherungsordnung aufgrund einer Tätigkeit außerhalb der öffentlichen Dienstes erhalten.

Eine ähnliche Formulierung und Hinweis auf eine Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes erhielt auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 31. Mai 1978 in Art. 1 Nr. 7 zu Nr. 13 (GMBl 1978, 327, 328). Erstmals in § 14 Abs. 5 der Beihilfevorschriften vom 19. April 1985 ist das Tatbestandsmerkmal „Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes” weggefallen. Das läßt aber nicht den Schluß zu, daß die Regelung nunmehr auch bei Beitragszuschüssen des Dienstherrn anwendbar sein soll, da Beamte nach wie vor keine Zuschüsse ihres Dienstherrn zu ihrer Krankenversicherung erhalten. Freiwillig in einer privaten Krankenkasse versicherte Angestellte, die einen Beitragszuschuß ihres Arbeitgebers gemäß § 405 RVO erhalten, befinden sich deshalb in einer grundsätzlich anderen beihilferechtlichen Situation als Beamte, die aufgrund einer Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes Beitragszuschüsse erhalten. Würden dennoch die freiwillig versicherten Angestellten zu dem unter § 14 Abs. 5 BhV fallenden Personenkreis gezählt werden, so würde dies § 1 BhTV, der die sinngemäße Anwendung der Beihilfevorschriften vorschreibt, widersprechen. Außerdem wäre es systemwidrig, die als restriktiv auszulegende Ausnahmeregelung zu § 14 Abs. 1 BhV für einen ganz kleinen Kreis betroffener Beamter geschaffene Beihilfevorschrift zur Regelbemessungsvorschrift der Beihilfeansprüche des großen Kreises der freiwillig in einer privaten Krankenkasse versicherten Angestellten zu machen. Diese Angestelltengruppe wäre dann trotz der Minderung des Bemessungssatzes um 20 % wegen der Zuschußbeteiligung des Arbeitgebers in vielen Fällen beihilferechtlich besser gestellt als die Beamten (vgl. auch Hoffmann, Beihilfen für Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Neuregelung des Beihilferechts durch den Bund vom 19. April 1985, ZTR 1987, 80, 81 f.; Mildenberger, a.a.O., § 14 A/III Anm. 23).

4. Entgegen der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Auffassung ist mit den neuen Beihilfevorschriften im Jahre 1985 durch die Neufassung des § 14 Abs. 5 BhV die seit Inkrafttreten des § 405 RVO ab dem 1. Januar 1971 bestehende tarifliche Regelungslücke der Beihilfeansprüche freiwillig privat versicherter Angestellter nicht geschlossen worden (BAG Urteil vom 23. Mai 1973 – 4 AZR 484/72 – AP Nr. 1 zu § 39 TVAng Bundespost). Der Bundesminister des Innern war daher berechtigt, zur Ausfüllung der Tariflücke eine einseitige Anpassung der Beihilferegelungen an die veränderten rechtlichen Verhältnisse nach Einführung des § 405 RVO vorzunehmen, die der besonderen Lage der privat versicherten Angestellten Rechnung trägt und § 315 BGB entspricht (BAG Urteil vom 23. Mai 1973, a.a.O.). Dies ist für den Bereich des Bundes durch den Runderlaß des Bundesministers des Innern vom 17. Februar 1971 geschehen. Diese Leistungsbestimmung ist grundsätzlich rechtsgestaltend und unwiderruflich (vgl. dazu BAG Urteil vom 10. Mai 1960 – 3 AZR 571/57 – AP Nr. 1 zu § 315 BGB; BAG Urteil vom 21. Juni 1971 – 3 AZR 24/71 – AP Nr. 13 zu § 315 BGB; Palandt/Heinrichs, BGB, 49. Aufl., § 315 Anm. 3, m.w.N.; MünchKomm-Söllner, BGB, 2. Aufl., Bd. 2, § 315 Rz 19). Sie ist, da sie Ansprüche dieser Angestellten aus dem Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis betrifft, nur änderbar, wenn sich die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse ändern. Solche Änderungen sind aber nicht eingetreten. Die Tarifvertragsparteien haben bisher keine Einigung darüber erzielt, wie die Beihilfe für freiwillig versicherte Angestellte, die einen Arbeitgeberzuschuß zu ihren Versicherungsbeiträgen erhalten, bemessen werden soll. Auch an den tatsächlichen Verhältnissen hat sich seit der einseitigen Leistungsbestimmung durch die Beklagte im Wege des Rundschreibens vom 17. Februar 1971 nichts geändert, denn die freiwillig in einer privaten Krankenkasse versicherten Angestellten erhalten nach wie vor einen Arbeitgeberzuschuß zu ihren Krankenversicherungsbeiträgen (§ 405 RVO, § 257 SGB V). Die seit dem 1. Januar 1971 bestehende Tariflücke kann nur durch die Tarifvertragsparteien geschlossen werden oder aufgrund von Gesetzen, die die Regelung des § 405 RVO abweichend regeln. Damit ist die Leistungsbestimmung durch das Rundschreiben vom 17. Februar 1971 aber weiterhin in Kraft. Die danach zu zahlende Beihilfe hat der Kläger erhalten.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Röhlser, Dörner, Schneider, Fürbeth, Dr. Gehrunger

 

Fundstellen

Dokument-Index HI988662

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