Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablieferung von Nebentätigkeitsvergütung
Leitsatz (amtlich)
Angestellte sind nach § 11 Satz 1 BAT i.V.m. den beamtenrechtlichen Vorschriften der Landesnebentätigkeitsverordnung für Baden-Württemberg verpflichtet, Vergütungen für Nebentätigkeiten, die sie für andere Arbeitgeber im öffentlichen Dienst ausüben, abzuliefern, soweit bestimmte Beträge überschritten, werden. Diese tarifliche Regelung verstört weder gegen Art. 12 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
BAT §§ 11, 70; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; LBG Baden-Württemberg §§ 82-83, 88; Landesnebentätigkeitsverordnung Baden-Württemberg §§ 2, 5-6, 8; LPersVG Baden-Württemberg § 79
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 16.08.1995; Aktenzeichen 3 Sa 51/95) |
ArbG Stuttgart (Urteil vom 22.02.1995; Aktenzeichen 8 Ca 471/93) |
Tenor
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 16. August 1995 – 3 Sa 51/95 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten der Revision
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Ablieferung von Nebentätigkeitsvergütungen.
Der Beklagte ist bei der Klägerin, der Stadt G., seit dem 1. April 1974 als Angestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Der Beklagte ist Diplom Ingenieur (FH). Bis zu seiner Freistellung als Personalratsvorsitzender ab 8. Mai 1985 war er als verantwortlicher Bauleiter tätig. Er erhält Vergütung nach VergGr. II (VKA).
Der Beklagte betreibt ein Planungsbüro und führt die Berufsbezeichnung „Architekt”. Im Jahre 1991 schloß er mit den in den neuen Bundesländern gelegenen Gemeinden W., K. und N. Verträge, in denen er sich zur Erstellung von Bebauungsplänen verpflichtete. Das Honorar für diese Tätigkeit in Höhe von insgesamt 402.594,46 DM wurde in den Jahren 1991 und 1992 per Scheck an den Beklagten gezahlt oder auf seine Veranlassung auf das auf den Namen seiner Ehefrau lautende Konto bei der Kreissparkasse G. mit dem Zusatz „B. Immobilien” überwiesen.
Bis zum 4. Dezember 1991 war der Beklagte zusammen mit seiner Ehefrau Gesellschafter dieser Firma. In einer vertraglichen Vereinbarung vom 16. September 1991 hatte der Beklagte die Firma „B. Immobilien” beauftragt, Bebauungspläne für das Wohngebiet und das Gewerbegebiet W. zu erstellen. Hierfür sollte eine Vergütung in Höhe von 30 v. H. des Gesamthonorars als Provision gezahlt werden. Aus dem Gesamthonorar erhielt als Provision die Firma „M.” 213.577,33 DM. Im Juli 1992 schloß der Beklagte einen Vertrag über die Erstellung eines Bebauungsplans mit der Gemeinde We. Dafür zahlte die Gemeinde im Jahre 1993 ein Honorar in Höhe von 48.807,75 DM.
Mit Schreiben vom 2. Juli 1992 forderte die Klägerin den Beklagten auf, seine in der früheren DDR durchgeführten Nebentätigkeiten zu erläutern. Nachdem der Beklagte erstmals in einem Gespräch vom 15. Januar 1993 eingeräumt hatte, Vergütungen für Nebentätigkeiten von den Gemeinden W., K. und N. in Höhe von 341.917,– DM erhalten zu haben, machte die Klägerin mit Schreiben vom 26. Februar 1993 einen Anspruch auf Ablieferung dieser Nebentätigkeitsvergütungen geltend. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 1995 erweiterte sie ihren Anspruch, nachdem der Beklagte unter dem 19. Januar 1995 weitere Zahlungen der Gemeinde N. in Höhe von 3.775,20 DM und … 35.575,26 DM offenbart hatte. Der Ablieferungsanspruch hinsichtlich der von Beklagten unter dem 23. Juli 1994 angegebenen Zahlung der Gemeinde W. in Höhe von 48.807,75 DM wurde mit Schriftsatz vom 11. August 1994 geltend gemacht.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beklagte sei aufgrund der tariflichen Verweisung in § 11 BAT auf die beamtenrechtlichen Vorschriften des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg und der Landesnebentätigkeitsverordnung Baden-Württemberg (LNTVO) verpflichtet, ihr Auskunft über die von anderen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes gewährten Nebentätigkeitsvergütungen zu erteilen sowie die sich aufgrund der gesetzlichen Maßgaben ergebenden Beträge abzuliefern.
Unter Berücksichtigung des Freibetrages von 9.600,– DM pro Jahr, des an die Firma „M.” gezahlten Betrages und der nach den gesetzlichen Bestimmungen maßgebenden Kilometer- und Tagegelder ergebe sich für die Jahre 1991 und 1992 ein Betrag in Höhe von 159.022,26 DM. Weitere Aufwendungen seien nicht absetzbar. Für das Jahr 1993 sei unter Berücksichtigung des Freibetrages von 9.600,– DM ein Betrag von 39.207,75 DM abzuführen.
Die Klägerin hat beantragt,
- der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 159.022,26 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen,
- der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39.207,75 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Erklärungen über die von ihm in den Jahren 1991, 1992 und 1993 ausgeübten genehmigungs- und anzeigepflichtigen Nebentätigkeiten gem. §§ 11 BAT, 83 LBG Baden-Württemberg und § 4 Abs. 2 LNTVO Baden-Württemberg vorzulegen. Diese müssen Angaben über Art, zeitliche Inanspruchnahme und Dauer der Nebentätigkeit enthalten.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er vertritt die Auffassung, er sei zur Ablieferung von Nebentätigkeitsvergütungen nicht verpflichtet. Die Begründung einer Ablieferungspflicht durch die tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da Arbeiter im öffentlichen Dienst davon nicht betroffen seien und auch die Berufsgruppe der angestellten Ärzte ausgenommen sei. Außerdem werde die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit unzulässig eingeschränkt.
Im übrigen sei bei der Geltendmachung des Anspruchs der Personalrat nach § 79 Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg (LPersVG) nicht beteiligt und die Ausschlußfrist nach § 70 BAT nicht eingehalten worden.
Ferner habe die Klägerin den Ablieferungsanspruch der Höhe nach nicht zutreffend berechnet. So sei unberücksichtigt geblieben, daß Zahlungen nicht an ihn, sondern auf das Konto der Firma „B. Immobilien” erfolgt seien, dieser ein Provisionsanspruch in Höhe von 30 v.H. der Gesamtsumme zustehe und außerdem weitere Aufwendungen für Kilometer- und Tagegelder, Benzin und Mietwagenkosten, Kosten anwaltlicher Beratung, Buchführungs- und Steuerberaterkosten, geschätzte Steuern und ein noch an den Diplom-Ingenieur W. für die Fertigstellung des Bebauungsplanes für die Gemeinde We. zu zahlendes Honorar abzusetzen seien. Außerdem sei er auf teilweise Rückzahlung der erhaltenen Honorare verklagt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision hinsichtlich der Zahlungsansprüche zugelassen. Insoweit begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Beklagte ist verpflichtet, die Nebentätigkeitsvergütungen in dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Umfang an die Klägerin abzuliefern.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die für den Beklagten als Angestellten im öffentlichen Dienst durch die tarifliche Verweisung in § 11 BAT auf die beamtenrechtlichen Bestimmungen begründete Ablieferungspflicht für Nebentätigkeitsvergütungen, die von anderen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes gezahlt worden seien, verstoße nicht gegen höherrangiges Recht.
Der Geltendmachung des Ablieferungsanspruchs stehe auch nicht die unterbliebene Beteiligung des Personalrates entgegen, da es sich nicht um einen Ersatzanspruch i.S.v. § 79 LPersVG handele und der Beklagte die Beteiligung des Personalrats nicht beantragt habe. Auch habe die Klägerin die tarifliche Ausschlußfrist gewahrt.
Die von den Gemeinden gezahlte Vergütung sei dem Beklagten auch insoweit zugeflossen, als sie auf seine Veranlassung auf das Konto seiner Ehefrau unter der Bezeichnung „B. Immobilien” überwiesen worden sei. Der Ablieferungsanspruch sei der Höhe nach in dem von der Klägerin geltend gemachten Umfang begründet. Dabei seien die abzugsfähigen Aufwendungen auf die jeweiligen Kalenderjahre zu verteilen. Ein Abzug von 30 v.H. der Gesamtsumme aufgrund der vertraglichen Vereinbarung mit seiner Ehefrau vom 16. September 1991 sei nicht gerechtfertigt, da der Beklagte insoweit nicht substantiiert vorgetragen habe, für welche Tätigkeiten eine derartige Leistung geschuldet sein sollte. Auch die übrigen vom Beklagten über die von der Klägerin anerkannten Beträge hinaus geltend gemachten Aufwendungen seien nicht berechtigt.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Ablieferung der Nebentätigkeitsvergütung nach § 11 Satz 1 BAT i.V.m. § 5 Abs. 3 LNTVO zu. Die die Ablieferungspflicht begründenden Vorschriften verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
1. Die Klage ist zulässig. Der Klagbarkeit des Anspruchs steht nicht die unterbliebene Beteiligung des Personalrates entgegen.
Nach § 79 LPersVG hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen einen Beschäftigten, wenn der Beschäftigte dies beantragt. Diese Mitbestimmung des Personalrats begründet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine besondere Sachurteilsvoraussetzung, bei deren Fehlen eine gerichtliche Geltendmachung unzulässig ist (BAG Urteil vom 14. November 1991 – 8 AZR 151/91 – AP Nr. 1 zu § 86 LPVG Berlin).
Die Geltendmachung des Ablieferungsanspruches nach § 5 Abs. 3 LNTVO durch die Klägerin gegenüber dem Beklagten unterlag jedoch nicht der Mitbestimmung des Personalrats.
Ein Mitbestimmungsrecht ist nach § 79 Abs. 3 Einleitungssatz LPersVG nur gegeben, wenn keine abschließende, aus sich heraus anwendbare, tarifliche Regelung besteht (vgl. BAG Beschlüsse vom 4. August 1981 – 1 ABR 54/78 – BAGE 36, 148 und vom 18. April 1989 – 1 ABR 100/87 – AP Nr. 1 und 18 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang; Beschluß vom 16. Februar 1993 – 3 ABR 29/92 – BAGE 72, 229 = AP Nr. 19 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung).
Eine solche tarifliche Regelung liegt jedoch mit der tariflichen Verweisung in § 11 Satz 1 BAT auf die die Ablieferungspflicht im einzelnen begründenden Vorschriften der Landesnebentätigkeitsverordnung vor. Aus diesen ergibt sich eindeutig, welche Vergütungen der Ablieferungspflicht unterliegen und in welchem Umfang die Ablieferungspflicht besteht. Für die Berücksichtigung wertender Umstände, wie bei der Beurteilung von Schadenersatzansprüchen, deren Geltendmachung auch allein vom Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift des § 79 Abs. 3 Nr. 2 LPersVG erfaßt wird (vgl. OVG Münster Urteil vom 18. November 1982 – 1 A 1211/80 – ZBR 1983, 239, 240; Arndt/Aufhauser/Brunhöber/Warga, LPVG BW, 1990, § 79 Rz 86 bis 89; Widmaier/Leuze/Wörz, Das Personalvertretungsrecht in Baden-Württemberg, Stand April 1995, Teil B, § 79 Rz 76), besteht bei den die Ablieferungspflicht regelnden Bestimmungen der Landesnebentätigkeitsverordnung kein Raum.
2. Die Klage ist auch begründet. Nach § 11 Satz 1 BAT finden für die Nebentätigkeit des Angestellten die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen sinngemäß Anwendung. Diese Verweisung auf die beamtenrechtlichen Bestimmungen (Gesetze, Rechtsverordnungen und Erlasse) ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats zulässig (BAG Urteil vom 7. Dezember 1989 – 6 AZR 241/88 – ZTR 1990, 379; BAG Urteil vom 30. Mai 1996 – 6 AZR 537/95 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt).
Danach finden für die Nebentätigkeiten des Beklagten die für die Beamten des Landes Baden-Württemberg geltenden Bestimmungen sinngemäß Anwendung. Dies sind hinsichtlich der Ablieferungspflicht die auf § 88 LBG beruhenden Vorschriften der Landesnebentätigkeitsverordnung, die, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut haben:
§ 5 Gewährung und Ablieferung von Vergütungen
(1) Für eine Nebentätigkeit, die für das Land, eine Gemeinde, … wahrgenommen wird, wird eine Vergütung nicht gewährt.
Ausnahmen können zugelassen werden
- bei Lehr-, Vortrags-, Prüfungs- oder Gutachtertätigkeiten sowie bei schriftstellerischen Tätigkeiten,
- bei Tätigkeiten, für die auf andere Weise eine geeignete Arbeitskraft ohne erheblichen Mehraufwand nicht gewonnen werden kann,
- bei Tätigkeiten, deren unentgeltliche Ausübung dem Beamten nicht zugemutet werden kann.
Wird der Beamte für die Nebentätigkeit angemessen entlastet, so darf eine Vergütung nicht gezahlt werden.
(2) Werden Vergütungen nach Abs. 1 Satz 2 gewährt, so dürfen sie für die in ein Kalenderjahr ausgeübten Tätigkeiten insgesamt die in Abs. 3 Satz 1 genannten Beträge (Bruttobeträge) nicht übersteigen. Innerhalb des Höchstbetrags ist die Vergütung nach dem Umfang und der Bedeutung der Nebentätigkeit abzustufen. Mit Ausnahme von Tag- und Übernachtungsgeldern dürfen Auslagen nicht pauschaliert werden.
(3) Vergütungen für
1. im öffentlichen Dienst oder diesem
…
gleichstehenden Dienst ausgeübte oder
Nebentätigkeiten sind von dem Beamten insoweit an seinen Dienstherrn im Hauptamt abzuliefern, als die Vergütungen für die in einem Kalenderjahr ausgeübten Nebentätigkeiten bei
Beamten der Besoldungsgruppen |
Deutsche Mark (Bruttobetrag) |
… |
… |
A 13 bis A 16 |
9.600,00 |
übersteigen. …
(3a) Von den Vergütungen sind bei der Ermittlung des nach Absatz 3 Satz 1 abzuliefernden Betrags die bei Reisen im Zusammenhang mit den Nebentätigkeiten entstandenen Fahrkosten sowie Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung bis zur Höhe der in § 3 Abs. 2 Nr. 1 genannten Beträge, … abzusetzen; dies gilt nicht, soweit für derartige Fahrkosten Aufwendung- und Auslagenersatz geleistet wurde.
(4) Dem Beamten zugeflossene Vergütungen im Sinne des Abs. 3 sind abzuliefern, sobald feststeht, daß sie den Betrag übersteigen, der ihm zu belassen ist
…
3. Die tarifliche vorgesehene „sinngemäße” Anwendung der beamtenrechtlichen Bestimmungen steht der Anwendung der Vorschriften über die Ablieferungspflicht auf Angestellte nicht entgegen.
Die „sinngemäße” Anwendung führt dazu, daß diejenigen Vorschriften des Landesbeamtengesetzes bzw. der Landesnebentätigkeitsverordnung nicht angewendet werden können, denen beamtenspezifische Gründe zugrundeliegen (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Juli 1996, § 11 Erl. 1). Regelungen, die nach ihrem Sinn und Zweck nur für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis eines Beamten in Betracht kommen, sind auf das privatrechtlich ausgestaltete Arbeitsverhältnis eines Angestellten nicht anwendbar (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1996 – 6 AZR 537/95 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt). Dies gilt z.B. für Regelungen über die Ausübung eines Nebenamtes (§ 1 Abs. 2 LNTVO), die an die beamtenrechtliche Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenamt anknüpfen, oder für Nebentätigkeiten, zu deren Übernahme der Beamte auf Verlangen seiner Dienstbehörde nach § 82 LBG verpflichtet ist.
Derartige Gründe stehen der Anwendung der Vorschriften über die Ablieferungspflicht für Angestellte nicht entgegen. Die Ablieferungspflicht knüpft nicht an Umstände an, die aus Rechtsgründen nur für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis eines Beamten in Betracht kommen. Sie betrifft nicht nur Tätigkeiten im Nebenamt, sondern alle Nebenbeschäftigungen innerhalb des öffentlichen Dienstes. Sie kann deshalb auch auf Nebenbeschäftigungen von Angestellten angewendet werden.
4. Die Vergütung, die der Beklagte für seine Tätigkeit bei der Erstellung von Bebauungsplänen für die vier Gemeinden erhalten hat, unterliegt der Ablieferungspflicht nach § 5 Abs. 3 LNTVO. Es handelt sich um eine Vergütung für eine im öffentlichen Dienst ausgeübte Nebentätigkeit i.S.v. § 5 Abs. 3 Nr. 1 LNTVO. Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst ist jede für den Bund, ein Land, eine Gemeinde, einen Landkreis oder eine andere Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts im Bundesgebiet (einschließlich des Landes Berlin) oder für Verbände von solchen ausgeübte Nebentätigkeit (§ 2 Abs. 1 LNTVO).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Nebentätigkeit des Beklagten. Der Beklagte ist aufgrund seiner Verpflichtung zur Erstellung von Bebauungsplänen für die vier Gemeinden tätig geworden und hat damit eine Nebenbeschäftigung im öffentlichen Dienst ausgeübt. Nach der Vorschrift des § 2 LNTVO kommt es nicht darauf an, aufgrund welcher rechtlichen Ausgestaltung die Tätigkeit durchgeführt wurde. Es werden somit nicht nur Tätigkeiten im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern auch selbständige Tätigkeiten aufgrund eines Werkvertrages erfaßt.
5. Die Verpflichtung zur Ablieferung der Vergütung in dem in § 5 Abs. 3 und Abs. 3 a LNTVO im einzelnen geregelten Umfang, die aufgrund der tariflichen Verweisung in § 11 Satz 1 BAT auch für den Beklagten als Angestellten im öffentlichen Dienst gilt, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Tarifvertragsparteien an die Grundrechte gebunden. Sie überschreiten den ihnen durch die Gewährleistung der Tarifautonomie in Art. 9 Abs. 3 GG eröffneten normativen Gestaltungsspielraum, wenn die tarifliche Regelung in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Art. 12 GG (vgl. BAG Urteil vom 7. November 1995 – 3 AZR 676/94 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt) eingreift oder gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1996 – 6 AZR 632/95 – zur Veröffentlichung bestimmt) verstößt.
Die durch die tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Bestimmungen für Angestellte im öffentlichen Dienst begründete Ablieferungspflicht für Nebentätigkeitsvergütungen hält jedoch auch unter Berücksichtigung der in der Literatur dagegen erhobenen Einwendungen (GK-TZA/Lipke, Einl. Rz 93; Glöckner, Nebentätigkeitsverbote im Individualarbeitsrecht, 1993, S. 212; PK-BAT/Bruse, BAT, 2. Aufl., § 11 Rz 8, 40; Säcker/Oetker, ZfA 1987, 95, 125; Wank, Nebentätigkeit, 1995, Rz 348, 350; Wilhelm, ZBR 1971, 100, 106) einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand.
a) Durch die Ablieferungspflicht wird der Angestellte in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit nicht in unzulässiger Weise beschränkt.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 92, 140, 151) formuliert Art. 12 Abs. 1 GG ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit, dessen verschiedene Gewährleistungen allerdings insofern Bedeutung haben, als an die Einschränkung von Berufs- und Arbeitsplatzwahl höhere Anforderungen gestellt werden als an die Einschränkung der Berufsausübung. In den Schutzbereich des Grundrechts der Berufsfreiheit fällt auch die Befugnis von Angehörigen des öffentlichen Dienstes, im Rahmen einer Nebentätigkeit außerhalb der Arbeitszeit die eigene Arbeitskraft zu verwerten (BVerfGE 55, 207; BVerwG Urteil vom 30. Juni 1976 – VI C 46.74 – ZBR 1977, 27). Eine Einschränkung wird allerdings insoweit als unbedenklich zulässig angesehen, wenn zu besorgen ist, daß durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (BAG Urteil vom 7. Dezember 1989 – 6 AZR 241/88 – ZTR 1990, 379).
bb) Die Ablieferungspflicht betrifft nur Vergütungen, die der Angestellte aufgrund von Nebenbeschäftigungen im öffentlichen Dienst bezieht. Sie beinhaltet damit eine Berufsausübungsregelung. Grundlage der Lebensführung ist die hauptberufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Die Ablieferungspflicht betrifft demgegenüber nur die Vergütung für weitere Tätigkeiten im öffentlichen Dienst. Werden diese für den eigenen Dienstherrn geleistet, ist in § 5 Abs. 1 LNTVO eine Vergütung nur ausnahmsweise und allenfalls bis zu den in § 5 Abs. 3 LNTVO vorgesehenen Höchstbeträgen vorgesehen. Nur soweit Vergütungen aus Nebentätigkeiten für einen anderen Dienstherrn des öffentlichen Dienstes bezogen werden, greift die Ablieferungspflicht nach § 5 Abs. 3 LNTVO ein. Der öffentliche Dienst wird damit als einheitlicher Bereich angesehen, innerhalb dessen die Verdienstmöglichkeiten durch Nebentätigkeiten außerhalb der hauptberuflichen Tätigkeit beschränkt werden sollen.
Diese Regelung der beruflichen Tätigkeit im öffentlichen Dienst greift deshalb in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein. Sie bezweckt, dem Anreiz zur Übernahme von Nebentätigkeiten dadurch entgegenzuwirken, daß die Verdienstmöglichkeiten beschränkt werden (BVerfGE 55, 207). Damit ist die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungsbetätigung als Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG berührt und nicht die Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögenswerte, die in den Schutzbereich des Art. 14 GG fällt (a.A. PK-BAT/Bruse, aaO, § 11 Rz 40; wohl auch Wank, aaO, Rz 348).
cc) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Berufsausübungsregelung zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt wird. Dabei kommt dem Normgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu, bei dessen Ausfüllung auch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte in den Vordergrund gestellt werden dürfen (BVerfGE 81, 156, 189).
Nach diesen Grundsätzen erweist sich die Ablieferungspflicht für Nebentätigkeitsvergütungen auch für Angestellte des öffentlichen Dienstes als zulässig.
(1) Für Beamte rechtfertigt sich die Ablieferungspflicht aus dem Grundsatz, daß der Beamte seine volle Arbeitskraft dem Beruf zu widmen hat, und dem damit korrespondierenden Alimentationsprinzip, die ihre Grundlage in Art. 33 Abs. 5 GG haben (BVerfGE 55, 207, 240 f.). Diese Grundsätze können auf das privatrechtliche Arbeitsverhältnis eines Angestellten im öffentlichen Dienst nicht angewendet werden. Gleichwohl ist die Ablieferungspflicht entsprechend ihrer Zielsetzung auch für Angestellte gerechtfertigt, da sie dazu dient, der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen durch eine übermäßige Beanspruchung des Angestellten aufgrund der Wahrnehmung von Nebentätigkeiten entgegenzuwirken.
Durch die Beschränkung des Verdienstes aus Nebentätigkeiten bei anderen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes wird dem Anreiz entgegengewirkt, Nebentätigkeiten in einem Umfang auszuüben, durch den die ordnungsgemäße Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten in der Haupttätigkeit beeinträchtigt werden könnte. Die in § 5 Abs. 3 LNTVO vorgesehenen und nach Besoldungsgruppen gestaffelten Freibeträge entsprechen unter Berücksichtigung einer wegen der unterschiedlichen Sachverhalte gebotenen und daher zulässigen Pauschalierung nämlich einer Nebentätigkeit, die ihrem zeitlichen Umfang nach ohne Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ausgeübt werden kann.
Nach § 83 Nr. 1 LBG ist eine Nebentätigkeitsgenehmigung zu versagen, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, daß die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert werden kann. Dabei gilt diese Voraussetzung in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche 1/5 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Dies gilt in gleicher Weise für Angestellte im öffentlichen Dienst (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1996 – 6 AZR 537/95 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt) und ist mit Art. 12 GG vereinbar (vgl. BAG Urteil vom 7. Dezember 1989 – 6 AZR 241/88 – ZTR 1990, 379, 380).
Wie das Landesarbeitsgericht mit Recht ausführt, entspricht der dem Beklagten in seiner Vergütungsgruppe zustehende jährliche Freibetrag von 9.600,– DM unter Berücksichtigung der normalen Verhinderungszeiten dem monatlichen Zeitaufwand für eine Nebentätigkeit im Umfang von ca. 30 Stunden. Dies ist etwa 1/5 der regelmäßigen Arbeitszeit. Damit enthält die Ablieferungspflicht eine Regelung, die einer darüber hinausgehenden zeitlichen Beanspruchung des Angestellten, die zu einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen führen kann, entgegenwirkt. Der Umfang der Nebentätigkeit soll durch die Ablieferungspflicht auf das als zulässig angesehene Maß beschränkt werden (vgl. BVerwGE 41, 316, 322 f.; Baumgärtl in Fürst, GKÖD IV, T § 11 Rz 36). Bei einer darüber hinausgehenden Inanspruchnahme durch die Nebentätigkeit ist die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu besorgen. Dies zu verhindern, ist ein hinreichender Grund zur Rechtfertigung der Regelung.
(2) Die Regelung über die Ablieferungspflicht ist auch zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und erforderlich. Eine Eignung des Mittels ist schon dann anzunehmen, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wenn das eingesetzte Mittel nicht „objektiv oder schlechthin ungeeignet ist” (vgl. BVerfGE 81, 156, 192).
Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs erweist sich die Ablieferungspflicht im Hinblick auf ihre Zielsetzung als geeignet. Der Angestellte wird in Kenntnis der Verdienstmöglichkeiten in aller Regel keine Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst ausüben, die zu einer abführungspflichtigen Vergütung führen. Damit wird der beabsichtigte Erfolg, eine übermäßige zeitliche Beanspruchung durch Nebentätigkeit zu verhindern, erreicht.
Dem kann nicht mit dem Einwand begegnet werden, daß der zeitliche Umfang der Nebentätigkeit nicht in allen Fällen und insbesondere nicht in Fällen freiberuflicher Tätigkeit mit der dem Freibetrag zugrundeliegenden Vergütung in der jeweiligen Vergütungsgruppe korrespondieren muß. Die Anknüpfung an die regelmäßige Vergütung des Angestellten ist deshalb sachgerecht, weil der Verordnungsgeber und die die Regelung in Bezug nehmenden Tarifvertragsparteien davon ausgehen können, daß im gesamten öffentlichen Dienst entsprechend dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung grundsätzlich nur die Vergütung gezahlt wird, die der beruflichen Qualifikation des Angestellten und einem für die Tätigkeit angemessenen Zeitaufwand entspricht.
Unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums stellt sich die Abführungspflicht auch als ein erforderliches Mittel dar. Die Erforderlichkeit des Mittels ist gegeben, wenn nicht ein anderes, gleichwirksames, aber das Grundrecht nicht oder doch weniger fühlbar einschränkendes Mittel hätte gewählt werden können (BVerfGE 81, 156, 192).
Insoweit ist in Betracht zu ziehen, ob nicht der Genehmigungsvorbehalt für die Ausübung von Nebentätigkeiten in § 83 LBG ausreichend wäre, um die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu verhindern. Dies ist jedoch zu verneinen.
Seit jeher bestanden die Regelungen über den Genehmigungsvorbehalt und über die Ablieferungspflicht nebeneinander (vgl. BVerfGE 55, 207, 228). Daraus kann entnommen werden, daß der Gesetzgeber für die Beschränkung von Nebentätigkeiten beide Regelungen zusammen als erforderlich angesehen hat. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil die Feststellung des Umfangs der Nebentätigkeit durch eine unmittelbare – übrigens die Bediensteten auch wiederum belastende – Kontrolle der für diese Tätigkeit aufgewendeten Zeit aus praktischen Gründen undurchführbar ist. Hingegen vermag die nach § 8 LNTVO offen zu legende Vergütung mittelbare Anhaltspunkte für den Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme durch die Nebentätigkeit zu geben (BVerwGE 41, 316, 323).
Die Erforderlichkeit einer über den Genehmigungsvorbehalt hinausgehenden Kontrollmöglichkeit für den Dienstherrn wird besonders im vorliegenden Fall deutlich. Der Beklagte hatte nämlich für die von ihm ausgeübten Nebentätigkeiten keine Nebentätigkeitsgenehmigungen beantragt. Die Klägerin konnte deshalb im Genehmigungsverfahren nicht prüfen, ob durch die Nebentätigkeit die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu besorgen war. Erst im nachhinein ließen sich über die bekanntgewordenen Vergütungen Rückschlüsse auf den Umfang der Tätigkeit ziehen und auf dieser Grundlage von der Klägerin arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreifen.
(3) Der durch die Ablieferungspflicht begründete Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist im Hinblick auf das Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe auch als zumutbar anzusehen.
Die Ablieferungspflicht betrifft nur Nebentätigkeitsvergütungen, die von anderen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes gezahlt werden. Dem Angestellten bleibt deshalb ein weiter Betätigungsraum außerhalb des öffentlichen Dienstes, der von der Ablieferungspflicht nicht berührt wird.
Dies ist auch sachgerecht. Zum einen haben die Tarifvertragsparteien anders als bei Regelungen über die Vergütung für Haupt- und Nebentätigkeiten im Bereich des öffentlichen Dienstes, den sie vielfach auch zugunsten des Angestellten als Einheit ansehen (vgl. §§ 19, 20, 23 a, 63 BAT), außerhalb des öffentlichen Dienstes keine Regelungskompetenz. Zum anderen läßt die Höhe der Vergütung für eine Nebentätigkeit in der nicht an den Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung gebundenen Privatwirtschaft in der Regel keine Rückschlüsse auf den aufgewendeten Zeitaufwand zu.
Die Gleichstellung der Angestellten mit den Beamten in bezug auf die Ablieferungspflicht ist auch dadurch gerechtfertigt, daß in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes von Angestellten und Beamten ähnliche Tätigkeiten unter weitgehend gleichen Arbeitsbedingungen ausgeführt werden. Deshalb wäre es kaum verständlich, wenn z.B. ein im Bauamt beschäftigter Beamter, der für eine Gemeinde einen Bebauungsplan erstellt, die vereinbarte Vergütung in großem Umfang abliefern müßte, während ein Angestellter in derselben Behörde mit einer ansonsten gleichartigen Haupttätigkeit einer Ablieferungspflicht nicht unterliegen würde.
b) Die Regelung über die Ablieferungspflicht verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Gleichheitssatz wird durch eine Norm dann verletzt, wenn der Normgeber es versäumt hat, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BAGE 67, 264, 272 = AP Nr. 9 zu § 63 BAT, zu II 5 a der Gründe). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Letzteres gilt insbesondere bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen (BAG Urteil vom 23. Juni 1994 – 6 AZR 911/93 – AP Nr. 13 zu § 1 TVG Tarifverträge: DDR, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Aufgabe der Gerichte ist es jedoch nicht zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die sachgerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen haben (BAG Urteil vom 30. Mai 1996 – 6 AZR 632/95 – zur Veröffentlichung bestimmt).
aa) Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs stellt es keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar, daß Arbeiter im öffentlichen Dienst im Gegensatz zu den Angestellten einer Ablieferungspflicht für Nebentätigkeitsvergütungen nicht unterliegen.
Nach § 13 MTB II/MTL II (jetzt: § 13 MTArb), § 11 BMT-G II dürfen Arbeiter eine Nebentätigkeit gegen Entgelt nur ausüben, wenn der Arbeitgeber (vorher) seine Zustimmung erteilt. Die Tarifvertragsparteien gehen mit dieser Regelung davon aus, daß ein Genehmigungsvorbehalt bei Arbeitern ausreichend ist, um der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen durch die Ausübung der Nebentätigkeit zu begegnen.
Dies ist sachgerecht. Arbeiter üben in der Regel im öffentlichen Dienst andersartige Tätigkeiten aus als Angestellte. Deshalb bestehen auch nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Ausübung von Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst für Arbeiter. Diese dürften grundsätzlich nur im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses in Betracht kommen. Unter Berücksichtigung der arbeitszeitlichen Einbindung könnten Nebentätigkeiten weitgehend auch nur in einem (Teilzeit-)Schichtdienst erbracht werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Tarifvertragsparteien für den Arbeitgeber als Kontrollmöglichkeit, ob durch die Nebentätigkeit die Haupttätigkeit beeinträchtigt werden kam, einen Genehmigungsvorbehalt ausreichen lassen.
Hinzu kommt, daß die in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes vorhandene enge Zusammenarbeit mit Beamten bei Arbeitern anders als bei Angestellten nicht gegeben ist. Deshalb bedarf es auch unter diesem Gesichtspunkt keiner tariflichen Regelung, die für Arbeiter die sinngemäße Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften vorsieht.
bb) Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht dadurch verletzt, daß nach § 6 Nr. 8 LNTVO Vergütung für die Verrichtung von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten, für die nach den Gebührenordnungen Gebühren zu zahlen sind, von der Ablieferungspflicht ausgenommen sind.
Diese Regelung ist dadurch gerechtfertigt, daß es im Interesse der öffentlichen Gesundheitsfürsorge notwendig ist, für den öffentlichen Dienst qualifizierte Ärzte zu gewinnen. Dies kann nur erreicht werden, wenn ihnen – wie freiberuflich tätigen Ärzten – die Möglichkeit eröffnet wird, im Rahmen der Gebührenordnungen für Nebentätigkeiten Leistungen zu liquidieren. Damit liegt bei Ärzten im Unterschied zu sonstigen Angestellten ein besonderes Bedürfnis zu einer differenzierenden Regelung hinsichtlich der Ablieferungspflicht für Nebentätigkeitsvergütungen vor (vgl. auch BVerfGE 52, 303, 335).
6. Der Ablieferungsanspruch der Klägerin ist nicht nach § 70 BAT verfallen.
Zwar beginnt der Lauf der Ausschlußfrist grundsätzlich bereits mit der Fälligkeit des Anspruchs. Dieser ergibt sich aus § 5 Abs. 4 LNTVO, wonach zugeflossene Vergütungen abzuliefern sind, sobald feststeht, daß sie den Freibetrag übersteigen. Nach § 8 LNTVO besteht jedoch eine Verpflichtung, bis spätestens zum 1. Juli eines Jahres Auskunft über die im vorausgegangenen Kalenderjahr ausgeübten Nebentätigkeiten zu geben und eine Abrechnung über die zugeflossenen Vergütungen vorzulegen. Kommt der Anspruchsschuldner einer solchen Verpflichtung zur Erteilung einer Abrechnung nicht nach, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Verfallfrist für Zahlungsansprüche durch Nichterteilung der Abrechnung solange gehemmt, wie die fehlende Abrechnung verlangt werden kann (vgl. BAG Urteil vom 16. November 1989 – 6 AZR 168/89 – AP Nr. 3 zu § 11 BAT, m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen sind die Zahlungsansprüche der Klägerin nicht verfallen. Der Beklagte, der entgegen seiner Verpflichtung aus § 11 BAT i.V.m. § 83 LBG eine Nebentätigkeitsgenehmigung nicht beantragt hatte, ist mit Schreiben vom 2. Juli 1992 von der Klägerin aufgefordert worden, über seine Nebentätigkeiten Auskunft zu geben. Zur Erfüllung dieser Auskunftsverpflichtung mußte er im Laufe des Rechtsstreits durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen angehalten werden. Erstmalig in einem Gespräch vom 15. Januar 1993 hat der Beklagte eingeräumt, überhaupt Vergütungen erhalten zu haben. Daraufhin hat die Klägerin mit Schreiben vom 26. Februar 1993 ihren Ablieferungsanspruch fristwahrend geltend gemacht und diesen auch jeweils fristwahrend nach Bekanntwerden weiterer Vergütungen erweitert.
7. Der Ablieferungsanspruch der Klägerin ist der Höhe nach begründet.
a) Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht aus, daß dem Beklagten auch insoweit Vergütungen zugeflossen sind, als von den Gemeinden vertragsgemäße Leistungen auf das Konto der Ehefrau des Beklagten mit dem Zusatz „B. Immobilien” überwiesen worden sind. Diese Überweisungen erfolgten auf Veranlassung des Beklagten und führten zur Erfüllung seines Honoraranspruchs. Damit handelt es sich um Vergütungen im Sinne von § 5 Abs. 3 LNTVO, die dem Beklagten für seine Nebentätigkeit gewährt wurden und die deshalb der Ablieferungspflicht unterliegen.
b) Das Landesarbeitsgericht hat bei der Berechnung der Höhe des Ablieferungsanspruches auch zu Recht einen Abzug in Höhe von 30 v.H. der Gesamtsumme gem. der vertraglichen Vereinbarung des Beklagten mit seiner Ehefrau vom 16. September 1991 nicht als abzugsfähige Aufwendung i.S.v. § 5 Abs. 3 LNTVO angesehen. Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt dies nicht aus einer Anwendung des Pauschalierungsverbots in § 5 Abs. 2 LNTVO durch das Landesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht führt vielmehr aus, der Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, daß insoweit überhaupt Aufwendungen entstanden seien. Dagegen werden vom Beklagten mit seiner Revision keine Einwendungen erhoben.
c) Soweit das Landesarbeitsgericht Aufwendungen für Tage- und Kilometergelder in dem von der Klägerin anerkannten Umfang als abzugsfähige Aufwendungen angesehen hat, wurde die Klageforderung im Hinblick auf eine rechnerische Unstimmigkeit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat um 5,17 DM ermäßigt. Die vom Beklagten darüber hinausgehend geltend gemachten Beträge sowie weitere Aufwendungen wurden vom Landesarbeitsgericht nicht als abzugsfähig anerkannt. Dagegen wurden vom Beklagten Einwendungen mit der Revision nicht erhoben, so daß die Klage in dem ausgeurteilten Umfang begründet ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Lenßen, Kapitzka
Fundstellen
Haufe-Index 440915 |
BAGE, 311 |
BB 1996, 1671 |
NZA 1997, 320 |
AP, 0 |
MDR 1997, 69 |
PersR 1997, 29 |