§ 15 BBiG ist im Zuge der BBiG-Novelle (siehe Ziffer 1.2.1) neu gefasst worden. In seiner bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung sah § 15 Satz 1 BBiG die Freistellung Auszubildender (ohne Differenzierung nach ihrem Alter) für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen vor. Regelungen zur Anrechnung des Berufsschultages auf die Ausbildungszeit fanden sich im BBiG bislang nicht. Für Jugendliche ist die Anrechnung der Berufsschulzeit auf die Ausbildungszeit in § 9 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) geregelt.

Die Unterscheidung zwischen minderjährigen und volljährigen Auszubildenden bei der Freistellung für den Berufsschulunterricht besteht seit dem 01.01.2020 nicht mehr. Nach der Neufassung des § 15 BBiG gilt Folgendes:

  • Auszubildende dürfen nicht vor einem vor 9.00 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht im Ausbildungsbetrieb beschäftigt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BBiG); die Berufsschulunterrichtszeit einschließlich der Pausen wird auf die Ausbildungszeit der Auszubildenden angerechnet (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG).
  • Auszubildende sind freizustellen an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BBiG). Die Regelung gilt für einen Berufsschultag in der Woche, auch wenn der Auszubildende weitere Schultage mit mindestens sechs Unterrichtsstunden hat. Der Berufsschultag wird auf die Ausbildungszeit mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit angerechnet (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 BBiG). Diese Regelung entspricht § 7 Abs. 3 TVA-L-BBiG, wobei das tarifliche Beschäftigungsverbot jeden Berufsschultag erfasst, an dem der theoretische betriebliche Unterricht mindestens 270 Minuten dauert (siehe hierzu Ziffer 2.3.5.3).
  • Auszubildende in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen müssen unter Anrechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit (also 39 Stunden) freigestellt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 15 Abs. 2 Nr. 3 BBiG). Die Neuregelung führt dazu, dass Auszubildende bei einer Berufsschulwoche, die sich über 5 Tage erstreckt und in der planmäßig wenigstens 25 Unterrichtsstunden anfallen, über die ganze Woche von der betrieblichen Arbeit freizustellen sind.
  • Auszubildende sind für die Teilnahme an Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher oder vertraglicher Bestimmungen außerhalb der Ausbildungsstätte durchzuführen sind, freizustellen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 BBiG). Zudem wird die Freistellung mit der Zeit der Teilnahme einschließlich der Pausen auf die Ausbildungszeit angerechnet (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 BBiG).
  • Auszubildende haben an Arbeitstagen, die der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangehen, einen Freistellungsanspruch (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BBiG). Auch hier wird die Freistellung mit der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit auf die Ausbildungszeit angerechnet (§ 15 Abs. 2 Nr. 5 BBiG). Eine entsprechende Regelung enthält § 10 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG n. F. Siehe hierzu auch nachfolgend Ziffer 2.3.3.2.

Prüfungen im Sinne des § 15 BBiG sind die im Rahmen der jeweiligen Ausbildungsordnung vorgesehenen Zwischenprüfungen, Abschlussprüfungen und Wiederholungsprüfungen.

Zu den Zeiten der Teilnahme am Berufsschulunterricht gehören nach der Rechtsprechung auch die Zeiten des notwendigen Verbleibs an der Berufsschule während der unterrichtsfreien Zeit und die notwendigen Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb.[1] Diese Rechtsprechung findet sich in § 7 Abs. 4 Satz 2 TVA-L-BBiG wieder (siehe auch Ziffer 2.3.5.4).

 
Hinweis

Für Auszubildende unter 18 Jahren gelten gem. § 15 Abs. 3 BBiG weiterhin die Regelungen des JArbschG, welches durch Artikel 3 des Gesetzes zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung entsprechend angepasst wurde.

Möchte der Ausbildende aus Fürsorgegesichtspunkten den Auszubildenden von der betrieblichen Ausbildung freistellen, um das Risiko einer Ansteckungsgefahr (z. B. in Bezug auf das Coronavirus) zu minimieren, ist zu beachten, dass die in § 15 BBiG geregelten Fälle auf die Berufsschule bzw. die Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte und die Teilnahme an Prüfungen beschränkt sind. Einer Freistellung steht auch § 14 Abs. 1 Nr. 1 BBiG entgegen, wonach der Ausbildende dafür zu sorgen hat, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Der Ausbildende läuft deshalb mit einer Freistellung Gefahr, dass dem Auszubildenden Nachteile in der Ausbildung entstehen, welche zur Nichtzulassung zur Abschlussprüfung oder zum Nichtbestehen der Abschlussprüfung führen. Sofern der Ausbildende nicht zuvor alle Möglichkeiten ausschöpft, die Ausbildung aufrechtzuerhalten (z. B. Umstellung des Ausbildungsplans, Versetzung des Auszubildenden auf einen risikoarmen Ausbildungsplatz, Erstellung besonderer Angebote für die Ausarbeitung zu Hause unter Sicherstellung einer ausreichenden Betreuung p...

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