Soldaten unterliegen einer Impfpflicht

Verweigert ein Soldat den Befehl zur Teilnahme an einem Impftermin, liegt darin ein Dienstvergehen, das mit einer Disziplinarmaßnahme geahndet werden kann. Dies hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden.

In dem zugrundeliegenden Verfahren verweigerte ein Hauptfeldwebel die Teilnahme an der militärischen Basisimpfung.

Soldat wollte sich nicht impfen lassen

Bei der Impfung handelt es sich um eine für alle Soldaten vorgesehene grundlegende Impfung zum Schutz gegen klassische Krankheitserreger (z.B. Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten - nicht: Covid 19). Er vertrat die Ansicht, sein Asthma und seine Neurodermitis gingen auf eine frühere Impfung zurück. Ihm drohten schwere Gesundheitsschäden.

Nach Einschätzung der behandelnden Truppenärzte war diese Befürchtung unbegründet. Deshalb befahl ihm sein Einheitsführer die Teilnahme an der Impfung und verhängte nach wiederholter Befehlsverweigerung acht Tage Disziplinarrest. Der Disziplinararrest ist ein kurzzeitiger Freiheitsentzug und die strengste einfache Disziplinarmaßnahme, die ein Vorgesetzter in eigener Befugnis anordnen kann. Das zuständige Truppendienstgericht hat diese Entscheidung nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gebilligt

BVerwG: Duldung der Impfung aufgrund der soldatischen Gesunderhaltungspflicht

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Beschwerdeverfahren die rechtlichen Einwände des Hauptfeldwebels geprüft und das Rechtsmittel zurückgewiesen.

Den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ist eine weitergehende Impfpflicht auferlegt als anderen Staatsbürgern. In § 17a Abs. 2 SG hat der Gesetzgeber ausdrücklich eine Pflicht zur Duldung von Impfungen als Teil der soldatischen Gesunderhaltungspflicht vorgeschrieben und das Grundrecht auf körperliche Selbstbestimmung in Art. 2 Abs. 2 GG eingeschränkt. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Verbreitung übertragbarer Krankheiten die Einsatzbereitschaft militärischer Verbände erheblich schwächen kann.

Impfung ist zumutbar

Die Impfung ist nur dann nicht zumutbar, wenn objektiv eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Soldaten vorliegt (§ 17a Abs. 4 Satz 2 SG). Auf die subjektive Einschätzung des betroffenen Soldaten kommt es nicht an.

Die in Art. 87a Abs. 1 GG vorausgesetzte Funktionsfähigkeit der Bundeswehr wäre gefährdet, wenn die Frage der Zumutbarkeit von mit gesundheitlichen Risiken verbundenen Befehlen ähnlich einer Gewissensentscheidung letztlich von der individuellen Risikoeinschätzung der einzelnen Soldaten abhängig wäre. Denn Soldaten müssen von Berufs wegen bei der Erfüllung von Befehlen - insbesondere bei Auslandseinsätzen und im Fall der Landesverteidigung - erhebliche Gesundheitsrisiken hinnehmen.

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat al­ler­dings dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die sub­jek­ti­ve Ge­fah­ren­ein­schät­zung des Sol­da­ten bei der Be­wer­tung des Dienst­ver­ge­hens ei­ne Rol­le spie­len kann und dass im vor­lie­gen­den Fall im Er­geb­nis der sub­jek­ti­ven Be­las­tungs­si­tua­ti­on des Haupt­feld­we­bels da­durch Rech­nung ge­tra­gen wor­den ist, dass an­ders als in sons­ti­gen Fäl­len der wie­der­hol­ten Be­fehls­ver­wei­ge­rung nicht das mit schwer­wie­gen­de­ren Fol­gen ver­bun­de­ne ge­richt­li­che Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren ge­wählt wor­den ist (BVerwG, Beschluss v. 22.12.2020, 2 WNB 8.20).


Schlagworte zum Thema:  Urteil