Betriebsrat kann Einsichtnahme in Gehaltslisten verlangen

Auch nach Inkrafttreten der DSGVO und des neuen BDSG hat der Betriebsrat das Recht auf Einsichtnahme in nicht anonymisierte Bruttolohn- und Gehaltslisten. Der Arbeitgeber kann auch nicht ohne Weiteres verlangen, dass die Einsichtnahme unter Überwachung stattfindet.

Der Gesamtbetriebsrat eines Unternehmens, das bundesweit zahlreiche Kliniken und Einrichtungen zur Rehabilitation betreibt, stritt sich mit dem Arbeitgeber über die Einsicht in die Listen der Bruttolohn- und Gehaltslisten. Der Arbeitgeber war bislang nur bereit, dem Betriebsrat anonymisierte Bruttolohn- und Gehaltslisten zur Verfügung zu stellen und dies auch nur unter Bewachung der Einsichtnahme, um unerlaubte Kopien oder Fotoaufnahmen zu verhindern. Der Gesamtbetriebsrat begehrte nun vor Gericht die Einsicht in nicht anonymisierte Listen ohne Überwachung des Arbeitgebers.

Betriebsrat hat Recht auf Einsichtnahme in Bruttolohn- und Gehaltslisten

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hat entschieden, dass dem Gesamtbetriebsrat ein Einsichtsrecht in nicht anonymisierte Bruttolohn- und Gehaltslisten zusteht. Außerdem darf die Einsichtnahme ohne Anwesenheit von Personen vorgenommen werden, die vom Arbeitgeber mit der Überwachung der Einsichtnahme beauftragt wurden. Dieses Einsichtsrecht besteht nach Auffassung des Gerichts insoweit, als dies zur Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist. Das ergibt sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Diese Vorschrift regelt, dass der Betriebsrat darüber zu wachen hat, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Tarifverträge durchgeführt werden.

Datenschutz steht Einsichtnahme nicht entgegen

Auch datenschutzrechtliche Vorschriften stehen dem Einsichtsrecht nicht entgegen. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG n. F. ist die Datenverarbeitung zum Zweck der Ausübung von Rechten der Interessenvertretung der Beschäftigten ausdrücklich erlaubt. Sinn und Zweck der Neufassung dieser Vorschrift ist nach dem Willen des Gesetzgebers gerade auch die Klarstellung der Rechte des Betriebsrats, welche bis dahin meist nur richterrechtlich geprägt waren. Des Weiteren, so das LAG, definiere Art. 6 Abs. 1c DSGVO, dass eine Datenverarbeitung dann rechtmäßig ist, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist. Somit bestehe auch aus den Erwägungen und dem Wortlaut der DSGVO keine Veranlassung, eine abweichende rechtliche Beurteilung vorzunehmen.

Überwachung der Einsichtnahme nicht zulässig

Das LAG hat außerdem entschieden, dass bei der Einsichtnahme in die Bruttoentgeltlisten durch den Gesamtbetriebsrat keine Personen anwesend sein dürfen, die diesen überwachen. Im hier entschiedenen Fall lagen nämlich keine Anhaltspunkte vor, aus denen man schließen könnte, dass sich der Betriebsrat im Rahmen der Einsichtnahme nicht rechtskonform verhalten wird. Rein abstrakte Missbrauchsmöglichkeiten ohne jeglichen Fallbezug könne die Überwachung der Einsichtnahme nicht rechtfertigen.

(LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 15.5.2019, 3 TaBV 10/18)

   


Haufe Online Redaktion
Schlagworte zum Thema:  Betriebsrat, Gehalt, Datenschutz