Öffentliche Haushalte sparen Milliarden Euro Zinsen

Das sehr niedrige Zinsniveau hat in den vergangenen Jahren die staatlichen Haushalte in den Euro-Ländern erheblich entlastet. Experten fordern nun, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und sich nicht auf extrem günstigen Finanzierungskonditionen auszuruhen.

Niedrigzinsen – für Sparer, Versicherungen, Anleger, Banken und Sparkassen ein immer handfester werdendes Problem. Die Bundesbank hat jetzt aber ausgerechnet: Die verschuldeten öffentlichen Haushalte in Europa haben in der langen Niedrigzinspase fast 1 Billionen Euro an Zinsen gespart.

Einsparung von fast 1 Billion Euro im Euroraum

In der Finanz- und Wirtschaftskrise seien zwar die staatlichen Schuldenquoten zumeist stark gestiegen, so die Ökonominnen und Ökonomen der Bundesbank im Monatsbericht Juli 2017. Die günstigen Finanzierungskonditionen, die auch durch die umfangreichen Staatsanleihekäufe des Eurosystems unterstützt werden, hätten aber dazu geführt, dass die Zinslasten in den meisten Mitgliedsländern gesunken sind.
Läge die Durchschnittsverzinsung noch auf dem Vorkrisenniveau, wären für sich genommen die Zinsausgaben allein im vergangenen Jahr im Euroraum um 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) höher ausgefallen. Seit dem Jahr 2008 seien so Einsparungen in Höhe von fast einer Billion Euro oder knapp 9 Prozent der Wirtschaftsleistung im Euroraum zusammengekommen, heißt es im Monatsbericht.

Diese Entwicklung habe die Rückführung der staatlichen Defizite maßgeblich unterstützt und dauere immer noch an: "Die Finanzierungskosten, die Durchschnittsverzinsung der Staatsverschuldung und die staatlichen Zinsausgaben in Relation zum BIP liegen derzeit in den meisten Ländern auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Währungsunion", schreiben die Bundesbank-Expertinnen und –Experten.

Bund, Länder und Kommunen sparten im Jahr 2016 47 Milliarden Euro

Auch Deutschland hat rechnerisch durch die rückläufige Durchschnittsverzinsung der Staatsschulden profitiert: "Gemessen am Stand des Vorkrisenjahres 2007 kam es hierdurch zu einer Halbierung der Zinsausgaben", heißt es im Monatsbericht. Betrug die durchschnittliche Verzinsung im Jahr 2007 etwa 4 Prozent, lag sie im Jahr 2016 nur noch bei knapp 2 Prozent. In Deutschland haben Bund, Länder und Kommunen seit 2007 rund 240 Milliarden Euro an Finanzierungskosten eingespart. Alleine im letzten Jahr 2016 hat der Bund wegen der niedrigen Zinsen rund 30 Milliarden Euro eingespart, Länder und Kommunen knapp 17 Milliarden Euro.

Experten: Staatsfinanzen müssen solider werden

Zwar erwarten die Bundesbank-Fachleute wegen der aktuell sehr günstigen Zinskonditionen zunächst noch fortgesetzte Entlastungen der Staatshaushalte. "Es wäre allerdings problematisch, die Finanzpolitik auf der Annahme dauerhaft extrem günstiger Finanzierungskonditionen für hohe Staatsschulden aufzubauen", schreiben sie. Vielmehr sei es wichtig, die Staatsfinanzen zügig auf eine solide Basis zu stellen. Gemäß des Stabilitäts- und Wachstumspakts sind zumindest strukturell ausgeglichene Haushalte vorgesehen. Dies solle aus Sicht der Bundesbank-Expertinnen und Experten zügig erreicht werden, um auch die Schuldenquoten wieder merklich zu senken. Andernfalls würden die öffentlichen Finanzen anfällig bleiben: "Es steigt die Gefahr, dass durch eine Zinswende das Vertrauen in die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen einzelner Länder verloren geht, und nicht zuletzt die Geldpolitik droht dann unter Druck zu geraten, dem entgegenzuwirken", heißt es im Monatsbericht.

Städte- und Gemeindebund fordert Haushaltskonsolidierung

Die günstige Zinsentwicklung relativiert Meldungen über Überschüsse in den öffentlichen Haushalten und zeigt, dass die Haushalte bei normalen Zinsbedingungen deutlich in den roten Zahlen stecken würden. Das Zinssteigerungsrisiko für die öffentlichen Etats ist damit groß. Haushaltskonsolidierung und Zukunftsfestigkeit der öffentlichen Haushalte sind daher gerade jetzt wichtige Themen, so der Deutsche Städte- und Gemeindebund.

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