Rz. 23
Kann die Arbeitnehmerin aufgrund des Beschäftigungsverbots nicht arbeiten, hat sie Anspruch auf Mutterschutzlohn in Höhe des Durchschnittsverdiensts der letzten 3 abgerechneten Kalendermonate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eintrat. Mit der Anknüpfung an den Durchschnittsverdienst des abgelaufenen Zeitraums erfolgt die Berechnung des Mutterschutzlohns nach dem Referenzprinzip. Falls die Arbeitnehmerin zwar arbeitet, aufgrund des Beschäftigungsverbots aber nur eine geringere Vergütung erzielen kann, ist neben dieser Vergütung der Mutterschutzlohn in Höhe der Differenz zum genannten Durchschnittsverdienst zu zahlen. Erhält die Arbeitnehmerin hingegen eine höhere Vergütung als im Referenzzeitraum, ist diese auszuzahlen; in diesem Fall besteht kein Anspruch auf Mutterschutzlohn.
Gesamtvergütung für die zugewiesene Tätigkeit
Vor Eintritt der Schwangerschaft arbeitete die Arbeitnehmerin 40 Wochenstunden zu einem Gehalt von 3.500 EUR im Labor. Diese Tätigkeit kann sie während der Schwangerschaft nicht fortführen, da sie dort Gefahrstoffen i. S. d. § 11 Abs. 1 MuSchG ausgesetzt ist. Um die Arbeitsleistung dennoch in Anspruch zu nehmen, weist der Arbeitgeber ihr für die Zeit des Beschäftigungsverbots kaufmännische Arbeiten zu, die im Betrieb üblicherweise mit 3.800 EUR bei Vollzeittätigkeit vergütet werden. Die Arbeitnehmerin hat in diesem Fall Anspruch auf das höhere Gehalt.
Fallen die kaufmännischen Arbeiten hingegen nur im Umfang von 20 Wochenstunden an und ist die Arbeitnehmerin im Übrigen nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet, so muss der Arbeitgeber die 20 Wochenstunden anteilig mit 1.900 EUR vergüten und erhält insofern keine Erstattung nach dem AAG. Daneben besteht ein Anspruch auf Mutterschutzlohn lediglich in Höhe von 1.600 EUR pro Monat. Nach dem Zweck des Gesetzes, Einkommenseinbußen aufzufangen, ist die Gesamtvergütung zu betrachten. Die Arbeitnehmerin kann nicht verlangen, dass die ausfallenden Stunden für sich betrachtet mit weiteren 1.750 EUR (= Hälfte des ursprünglichen Entgelts) vergütet werden.
Rz. 24
Erhält die Arbeitnehmerin ein gleichmäßiges Gehalt ohne sonstige Lohnbestandteile, ist dieses Gehalt fortzuzahlen; eine besondere Berechnung ist entbehrlich. Gleiches gilt bei einem reinen Stundenlohn und gleichmäßiger Wochenarbeitszeit: Hier bleibt der Wochenlohn unverändert, auch wenn sich die monatlichen Beträge ändern.
Rz. 25
Sowohl der Mutterschutzlohn (§ 18) als auch der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (§ 20 MuSchG) werden im Übrigen nach dem Referenzprinzip berechnet. Der Referenzzeitraum liegt allerdings beim Mutterschutzlohn – in der Regel – vor Beginn der Schwangerschaft – hingegen beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld vor Beginn der Schutzfrist. Die Fragen, wie der Referenzzeitraum in Sonderfällen konkret zu bestimmen ist, welche Entgeltbestandteile zum Durchschnittsverdienst zählen und wie sich Verdienständerungen auswirken, stellen sich für den Mutterschutzlohn und den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld allerdings in gleicher Weise. Sie werden einheitlich unter § 21 MuSchG kommentiert.
Rz. 26
Dass der Referenzzeitraum vor dem Beginn der Schwangerschaft liegt, soll verhindern, dass die Arbeitnehmerin sich in den ersten Schwangerschaftsmonaten überanstrengt, um den Mutterschutzlohn zu steigern bzw. Einbußen beim Mutterschutzlohn zu vermeiden. Zudem soll der Mutterschutzlohn nicht von schwangerschaftsbedingten Leistungseinschränkungen beeinflusst werden.
Rz. 27
Der Referenzzeitraum umfasst die 3 vollen Kalendermonate unmittelbar vor dem Monat, in dem die Schwangerschaft begann. Die Gesetzesneufassung berücksichtigt insofern, dass die monatliche Abrechnung und Auszahlung des Entgelts heute allgemein üblich ist. Liegt ein Zeugnis eines Arztes, einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers über den mutmaßlichen Entbindungstermin gem. § 15 Abs. 2 MuSchG vor, so ist dieses auch für die Berechnung des Referenzzeitraums maßgeblich. Die Bestimmung des Beginns der Schwangerschaft erfolgt grundsätzlich durch Rückrechnung um 280 Tage von dem ärztlich festgestellten voraussichtlichen Entbindungstermin.
Bestimmung des Referenzzeitraums
Im ärztlichen Zeugnis gem. § 15 Abs. 2 MuSchG wird als mutmaßlicher Entbindungstermin der 13.10.2024 (= Tag 287 des Jahres 2024) angegeben. Als Datum des Beginns der Schwangerschaft ist damit der 7.1.2024 (= Tag 7 des Jahres 2024) festzustellen. Referenzzeitraum sind damit die Monate Oktober bis Dezember 2023.
Rz. 28
Begann das Arbeitsverhältnis erst nach Eintritt der Schwangerschaft, kommt ein Referenzzeitraum vor Beginn der Schwangerschaft nicht in Betracht. Sofern mindestens 3 Monate Beschäftigungsdauer zwischen Beginn des Arbeitsverhältnisses und Beginn des Beschäftigungsverbots lagen, wird der Durchschnittsverdienst aus dem Arbeitsentgelt des ersten Quartals der Beschäftigung berechnet (§ 18 Satz 4). Der Referenzzeitraum wird damit nicht verkürzt, aber verlegt. Er liegt ausnahmsweise während der Schwangerschaft, aber v...