Personallücke durch Bots schließen

In der Hansestadt Lübeck sollen im Jahr 2030 rund 20 Prozent aller Stellen bei der Stadtverwaltung langfristig nicht mehr besetzt werden können. Die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen muss daher deutlich forciert werden. Vor allem in der Robotic Process Automation (RPA) erkennen die Hanseaten eine Möglichkeit, den Personalmangel durch digitale Leistungserbringung auszugleichen.

Die Beschreibung der nahen Zukunft der Stadtverwaltungen, die der Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, Jan Lindenau, im März 2025 skizzierte, ist besorgniserregend, wenn auch symptomatisch für den aktuellen Zustand der öffentlichen Verwaltung in Deutschland: Bis 2030 rechnet das Stadtoberhaupt der holsteinischen Metropole damit, dass etwa 20 Prozent der Stellen der Stadtverwaltung dauerhaft nicht mehr besetzt werden können, dies entspräche rund 600 Stellen. Folge dieser Reduzierung, so Lindenau weiter, könnten „unzufriedene und politikverdrossene Bürger“ sein, die auf die Bearbeitung der von ihnen erwarteten Verwaltungsleistungen noch länger warten müssten, als es heute schon der Fall ist.

RPA als eine Lösung

Auch in Lübeck wird eine schnellere und konsequentere Digitalisierung als wichtigste Lösungsoption gesehen, da eine genügend große Anzahl an Fachkräften in dem relativ kurzen Zeitraum nur schwer zu rekrutieren wären. Rund 60 Prozent der Tätigkeiten beziehungsweise Arbeitsstunden könnten in der Lübecker Stadtverwaltung automatisiert werden, so Lindenau. Insbesondere durch Robotic Process Automation (RPA), also sogenannte „Softwareroboter“ bzw. „Bots“, seien große Entlastungspotenziale zu erzielen, wie Erfahrungen aus Hamburg hierzu vermuten ließen.

Hamburger Erfahrungen

In der Nachbarstadt Hamburg können bereits heute Tätigkeiten im Gegenwert von insgesamt 130.000 Arbeitsstunden automatisiert erledigt werden. 2021 wurden Bots dort zunächst im Zentrum für Personaldienste (ZPD) eingesetzt. Seitdem braucht sich das Personal dort zum Beispiel nicht mehr um Bankrückläufer aus den Gehaltszahlungen kümmern und kann sich anstatt dessen wichtigeren Vorgängen widmen. Mitte 2024 waren bereits 50 Bots in der Hamburger Verwaltung im Einsatz.

Beispiel Energiepauschale

Ein weiteres Praxisbeispiel aus Hamburg, das aufzeigt, wie Bots den Arbeitsaufwand für das vorhandene Personal deutlich senken können: Im Zuge der Einmalzahlung der Energiepauschale an Studierende sind rund 100.000 Dokumente angefallen, die die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke entsprechend den gesetzlichen Fristen aufbewahren muss. Schätzungsweise kostet es Mitarbeiter zwei Minuten pro Fall, um die Unterlagen manuell in der elektronischen Akte abzulegen. Kurzfristig wäre diese Aufgabe mit dem bestehenden Personal nicht händisch durchzuführen gewesen. Stattdessen legen Bots die Dokumente nun automatisiert in E-Akten ab.

RPA-Forschung mit Lübecker Uni

Lübeck ist auf diesem Gebiet allerdings bislang auch nicht untätig gewesen. Seit einigen Jahren arbeitet die Stadt mit Forschern der Universität zu Lübeck zusammen, um RPA-Systeme und andere künstliche Intelligenz gewinnbringend in den eigenen Behörden einsetzen zu können. Ein Vorhaben von mehreren, das nun in die Praxis überführt wird, ist ein digitales Archiv nach ISO 14721, das die rechtskonforme Löschung obsoleter Daten und die medienbruchfreie Übernahme von Daten mit bleibendem rechtlichen und historischen Wert aus E-Akten und allen anderen Datensystemen der Hansestadt Lübeck übernimmt.


Schlagworte zum Thema:  Digitalisierung, Fachkräftemangel