Baden-Württemberg

„Entlastungsallianz“ in Baden-Württemberg: Wie Expertengremien den Bürokratieabbau forcieren wollen


„Entlastungsallianz“ in Baden-Württemberg

Die von der Landesregierung eingesetzte sog. Entlastungsallianz Baden-Württemberg, die mit neun Expertengruppen seit Ende 2023 tätig ist, will den bürokratischen Aufwand für Bürger, Unternehmen und die Verwaltung deutlich reduzieren. Dazu hat sie bereits drei „Entlastungspakete“ geschnürt. Doch neben viel Lob gibt es auch heftige Kritik an Zielen und Maßnahmen der Entlastungsallianz.

In der Entlastungsallianz für Baden-Württemberg erarbeiten seit November 2023 Verwaltungen, Verbände sowie interne und externe Experten gemeinsam praxistaugliche, funktionierende Lösungsvorschläge zum Bürokratieabbau. Bei den Experten handelt es sich um Mitglieder der Ministerien des Landes sowie der Kommunal-, Finanz- und Wirtschaftsverbände. Im Fokus stehen dabei nicht nur interne Maßnahmen für staatliche und kommunale Behörden, sondern auch Regelungen, welche die Bürger und die Privatwirtschaft betreffen. Dazu wurden neun Facharbeitsgruppen (FAG) gebildet, von der FAG Verwaltungsorganisation über die FAG Planen und Bauen bis hin zur FAG Umwelt oder FAG Mobilität.

Bereits drei Entlastungspakete

Seit Februar 2024 liegt ein erstes Entlastungspaket mit rund 20 Maßnahmen vor. Ein zweites Entlastungspaket vom Juli 2024 enthält weitere 100 Maßnahmen. Durch das seit Anfang Dezember 2024 vorliegende dritte Entlastungspaket der Entlastungsallianz mit über 50 Einzelmaßnahmen werden, so der Wortlaut der Landesregierung, „weitere substantielle Entlastungen für Bürger, die Verwaltung und vor allem die Wirtschaft auf den Weg gebracht“.

Beschlüsse zur Verwaltungsmodernisierung

Welche Maßnahmen sollen konkret im Bereich der Organisation und Verfahren der öffentlichen Verwaltungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung initiiert werden? Hierzu sehen die drei Entlastungspakete bislang unter anderem folgende Punkte vor:

  • Erleichterung der Verwaltungsdienste durch eine Reform der Schriftformerfordernisse bei Online-Verfahren sowie den systematischen Abbau durch ein erneutes Normscreening.
  • Verbesserung der Verständlichkeit von Behördenschreiben durch die Einführung der Software „TextLab“ in Landesbehörden. 
  • Vorrangige Veröffentlichung kommunaler Jahresabschlüsse, Haushaltspläne, Jahresabschlüsse und Beteiligungsberichte auf der Internetseite der Kommune. Die elektronische Veröffentlichung ersetzt die siebentägige körperliche Auslegung zur Einsichtnahme, womit der Aufwand für die Kommunen reduziert werden kann. Entsprechende Räumlichkeiten und ein Zugangsmanagement für die Auslegung zur Einsichtnahme sind dann nicht mehr erforderlich.

Abweichungen vom Landesrecht

Ein besonders zentrales Anliegen der Entlastungsallianz ist es aber, neue Formen der kommunalen Aufgabenerledigung und Zusammenarbeit zu erproben. Daher soll ein entsprechendes Gesetz auf den Weg gebracht werden, das Abweichungen von landesrechtlichen Regelungen ermöglicht, damit mit innovativen Lösungen Verwaltungsverfahren beschleunigt, vereinfacht und kostengünstiger gestaltet werden können. In der Praxis bewährte Verbesserungen könne der Gesetzgeber dann anschließend auch landesweit dauerhaft umsetzen.

Kritik

Die Arbeit der Entlastungsallianz hat aber auch schon einiges an Kritik hervorgerufen. Neben dem sehr niedrigen Frauenanteil innerhalb der Fachgruppen sind es vor allem die durch die Allianz forcierten Schnellverfahren für behördliche Genehmigungen, welche hierbei im Fokus stehen. Denn es sei den Kritikern zufolge zweifelhaft, ob diese Schnellverfahren in allen Fällen rechtlich wirklich belastbar sind. Ein weiterer Streitpunkt sind die umfangreichen Digitalisierungsmaßnahmen, welche durch die Allianz angestoßen werden. Zu deren Umsetzung in der Praxis seien im Vorfeld umfangreiche Einarbeitungs- und Schulungsprozesse notwendig, die aber in der Kürze der Zeit schon organisatorisch nur schwer zu bewerkstelligen seien. Entscheidend sei aber, dass die Verwaltungsmitarbeitenden für das Erlernen der dort geschulten neuen Verfahren viel mehr Zeit brauchen – die ihnen in der Regel aber nicht zur Verfügung stehe. Es sei diesen Kritikern zufolge daher abzusehen, dass die vermeintlichen Vereinfachungen nur zu Überlastung der Beschäftigten und dem Entstehen von noch mehr Verfahrensfehlern und Prozessverlangsamungen als bislang führen werden.


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