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Kapitel
Bezahlkarten - Großes Potenzial zur Entlastung der Behörden

Die Debatte um die Bezahlkarten für Asylsuchende war in den letzten Monaten groß. Dabei wurde jedoch nicht deutlich, in welchem Ausmaß die Bezahlkarte die Behörden und damit auch die Steuerzahlenden entlastet. Denn der enorme Verwaltungsaufwand, die hohen Kosten und die Sicherheitsrisiken, die hinter den derzeitigen Barauszahlungen an Asylsuchende stecken, sind ohne nähere Betrachtung nicht vorstellbar.

Derzeit erhalten Asylsuchende an einem bestimmten Termin zum Ende des Monats ihre Hilfeleistungen. Das bedeutet, dass sie eine schriftliche Einladung erhalten und daraufhin ihre zuständige Ausländerbehörde aufsuchen. Die Behörde muss an diesem Tag mit ausreichend Personal besetzt sein, um den Besucherstrom mit dem jeweils abgezählten Bargeld zu versorgen. Werttransportunternehmen müssen engagiert werden, um die hohen Bargeldsummen in die Behörde zu liefern. Während der Auszahlung könnten sogar Sicherheitspersonal oder Polizei für den Schutz der Mitarbeitenden und Asylsuchenden sorgen. Die Asylsuchenden werden auf ihre Identität geprüft und unterschreiben zur Dokumentation des Gelderhalts Formulare, die von der Behörde digitalisiert bzw. abgeheftet und an diverse Ämter und Sozialdienststellen weitergeleitet werden. Der Kassenbestand wird anschließend geprüft, Fehlern wird nachgegangen, die Ursachen lassen sich jedoch nur schwer ermitteln. Abschließend muss dokumentiert werden, welche Asylsuchenden nicht zum Auszahlungstermin erschienen sind und eine erneute Einladung muss verschickt werden.

Der Prozess der Geldübergabe ist daher mit einem immensen personellen und finanziellen Aufwand verbunden.

Einfache Verwaltung der Bezahlkarte durch die Behörde

Die Bezahlkarte vereinfacht den oben geschilderten Prozess deutlich. Mitarbeitende in der Behörde können die Karten bequem über ein Portal bestellen und aufladen, dadurch werden die Arbeitsstellen deutlich attraktiver. Denn die Tätigkeiten sind zu flexiblen Zeiten ausführbar, im Büro oder auch im Home Office. Karten können im Portal bei Bedarf gesperrt, entladen oder nachbestellt werden. Die Aufladung der Karten mit Guthaben erfolgt ebenfalls im Portal - entweder manuell, indem individuelle Beträge auf einzelne oder mehrere ausgewählte Karten geladen werden, oder durch das Hochladen einer Aufladeliste, die zuvor aus der Behörden-Software exportiert wurde. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, einen Lade-Dauerauftrag einzurichten, bei dem regelmäßig zu einem bestimmten Termin die Aufladung eines festgelegten Betrags stattfindet. Alternativ kann die Aufladung der Bezahlkarte direkt aus dem Fachverfahren innerhalb der Behörden-Software erfolgen. Dabei werden die Kartenguthaben durch eine einfache IBAN-Überweisung mit Angabe einer Identifikationsnummer im Verwendungszweck direkt der jeweiligen Bezahlkarte zugeordnet. Einige Anbieter von Bezahlkarten bieten zusätzlich die Möglichkeit, über bereitgestellte API-Schnittstellen die Funktionalität der Portale direkt in die hausinterne Behörden-Software (z. B. OPEN/PROSOZ, LÄMMkom LISSA, usw.) zu implementieren, wodurch die kompletten Verwaltungsaufgaben der Bezahlkarten (z. B. Aufladung, Entladung, Kartenbestellung, Sperrung, Entsperrung, Einstellungen usw.) direkt über die gewohnte Behördensoftware erfolgen können.

Mehr Unabhängigkeit und Tempo in den Behörden

Die bestellten Karten werden in die Behörde geliefert und dort von den Asylsuchenden abgeholt. Dank der Bezahlkarte wird das gesamte Verfahren durch die Behörde selbstständig steuerbar. Die Behörde ist nicht mehr von dritten Instanzen abhängig, wie etwa Sicherheitsfirmen, Polizei, Banken und Geldtransportunternehmen, wodurch sich der Prozess beschleunigt und Auszahlungen an Asylbewerbende schneller erfolgen können.

Auch schafft die Bezahlkarte mehr Geschwindigkeit und Transparenz beim Austausch zwischen den Behörden und den Sozialdienststellen bzw. dem Amt für Migration und Flüchtlinge. Durch die digitalen Transaktionen können Auszahlungen direkt dokumentiert und an die entsprechenden Stellen und Ämter übermittelt werden, was Fehlern und Missverständnissen vorbeugt.

Je nach Bedarf und Zielsetzung können die Karten unterschiedlich eingestellt werden. So ist es zum Beispiel möglich, Karten in ihrer Akzeptanz auf bestimmte Regionen oder Branchen zu beschränken, gleichzeitig können Online-Einkäufe oder die Möglichkeit des Bargeldbezugs aktiviert oder deaktiviert werden. Änderungen in diesen Einstellungen werden digital vorgenommen, ein Austausch der Karten ist dabei nicht notwendig.

Erfahrungen in Frankreich zeigen eine enorme Entlastung dank der Bezahlkarte

In anderen Ländern, beispielsweise Frankreich, erhalten bereits 100.000 Asylsuchende monatlich Sozialhilfe auf eine digitale Bezahlkarte. Pro Jahr werden rund 450 Millionen Euro auf diese Prepaid Mastercards geladen. Die Erfahrung in Frankreich zeigt eine erhebliche Entlastung in der Verwaltung sowie eine deutliche Reduktion der Kosten.

Durch den Wegfall der monatlichen Bargeld-Abholungstermine, die im Durchschnitt 15 Minuten Arbeitszeit eines Behördenmitarbeiters in Anspruch nehmen, werden in der französischen Behörde pro Asylbewerber jährlich etwa 3 Stunden Arbeitszeit eingespart. Umgerechnet auf 100.000 Asylsuchende spart sich die Behörde also 300.000 Arbeitsstunden, was vereinfacht gesagt ungefähr 165 Vollzeitstellen entspricht.Die Bezahlkarte für Asylsuchende wird in Frankreich als voller Erfolg gewertet, weshalb bereits Bezahlkarten für andere Leistungsempfänger in Planung sind. Konkret zum Beispiel für Studierende, die keinen Zugang zu Kantinen haben.

Eine enorme finanzielle Einsparung ist auch in Deutschland zu erwarten. Nicht nur die Personalkosten können minimiert werden, es entfallen auch die Kosten für Werttransportunternehmen und Tresore sowie die Unterhaltskosten von Kassenautomaten. Gleichzeitig sollte beim Wegfall von Bargeld auch kein Sicherheitspersonal mehr notwendig sein.

Da die Bezahlkarte regelmäßig wieder beladen wird, fallen die Anschaffungskosten nur einmalig an und es werden Ressourcen eingespart. Gebühren für Aufladungen sind verschwindend gering im Vergleich zu den Kosten, die mit Barauszahlungen verbunden sind.

Mehr Sicherheit, auch ohne Sicherheitspersonal oder gar Polizeischutz

Durch die Auszahlung der Hilfeleistung auf eine Bezahlkarte erhöht sich die Sicherheit in vielerlei Hinsicht. In der Behörde erübrigt sich beispielsweise die Überwachung durch Polizei oder Sicherheitsfirmen, da nicht mehr so viel Bargeld vorhanden ist.

Bei Diebstahl oder Verlust einer Karte kann diese augenblicklich durch die Behörde oder durch den Kartennutzer selbst gesperrt werden. Die Karte erfordert für Zahlungen eine PIN, also kann selbst im Fall einer verzögerten Kartensperrung Missbrauch vorgebeugt werden.

Guthaben auf der Karte zu überziehen ist nicht möglich, somit besteht kein wirtschaftliches Risiko für die Behörden. Das Guthaben auf der Karte ist außerdem insolvenzgeschützt, denn es wird auf Sicherungskonten in Übereinstimmung mit den europäischen E-Geld-Verordnungen bei unabhängigen Banken eingelagert.

Die Buchführung wird durch die elektronische Übermittlung der Gelder digitalisiert und automatisiert. Wird bei aktuellen Bargeldauszahlungen zu viel oder zu wenig ausgezahlt, ist dies im Nachhinein nicht prüfbar. Bei der elektronischen Zahlung auf Bezahlkarten kommen Fehler hingegen seltener vor und können andernfalls leicht ermittelt werden, da jeglicher Geldfluss im Portal dokumentiert ist.

Wird Guthaben auf Bezahlkarten von Asylsuchenden nicht vollständig verwendet, da die Personen beispielsweise in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt sind, können diese an die Behörde zurücktransferiert werden. Bei Bargeld ist das nicht immer möglich.

Neue Qualität der Begegnungen in der Behörde für Asylsuchende

Trotz der digitalen Übermittlung der Hilfeleistung auf Bezahlkarten, kann es sinnvoll sein, Asylsuchende in regelmäßigen Abständen in der Behörde zu begrüßen. So kann die Behörde sicherstellen, dass die Asylsuchenden gut versorgt sind und sie allenfalls in Bezug auf die Integration unterstützen und beraten.

Da solche Termine nicht von der Anlieferung etwaiger Geldbeträge abhängig sind, können sie flexibel während des ganzen Monats und nicht wie die bisherigen Auszahlungstermine an wenigen Tagen zum Ende des Monats stattfinden. Diese Begegnungen zwischen der Behörde und den Asylsuchenden finden in einer positiveren Atmosphäre statt, da sich die Asylsuchenden weniger in der Rolle der Bittsteller wahrnehmen.

Wie funktioniert die Verwendung der Bezahlkarte für die Asylsuchenden und inwiefern profitieren diese von der Karte? Darüber lesen Sie im 3. Teil dieser Themenserie.

Schlagworte zum Thema:  Sozialleistungen, Flüchtlinge, Digitalisierung