Wegerecht entsteht nicht aus Gewohnheitsrecht

Selbst eine jahrzehntelange Übung unter Grundstücksnachbarn begründet kein Wegerecht aus Gewohnheitsrecht. Außerhalb des Grundbuchs kann ein Wegerecht nur aufgrund einer Vereinbarung oder als Notwegrecht bestehen.

Hintergrund: Langjährige Zufahrt über Nachbargrundstück

Die Eigentümer dreier Grundstücke klagen gegen einen Grundstücksnachbarn, die Sperrung eines Weges zu unterlassen.

Die Grundstücke der Kläger sind von vorne über die Straße erschlossen. Auf der Rückseite befinden sich ungenehmigte Garagen. Diese erreichen die Eigentümer seit mehreren Jahrzehnten über einen Weg, der sich auf dem Nachbargrundstück befindet. Diese Nutzung haben frühere Eigentümer des Nachbargrundstücks sowie zunächst auch der aktuelle Eigentümer geduldet.

Sodann hat der Eigentümer des Nachbargrundstücks angekündigt, den Weg zu sperren und ein Tor zu errichten. Dies möchten die Kläger verhindern und berufen sich auf ein Wegerecht als Gewohnheitsrecht, hilfsweise ein Notwegrecht.

Entscheidung: Kein Wegerecht aus Gewohnheit

Ein Wegerecht auf Grundlage von Gewohnheitsrecht besteht nicht.

Gewohnheitsrecht entsteht durch längere tatsächliche Übung, die eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allgemeine ist und von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird. Es muss allerdings über einen bestimmten Einzelfall hinausweisen. Als dem Gesetz gleichwertige Rechtsquelle kann Gewohnheitsrecht nur zwischen einer Vielzahl von Personen und bezüglich einer Vielzahl von Rechtsverhältnissen entstehen, nicht aber beschränkt auf ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen Grundstücksnachbarn.

Nur Vereinbarung oder Notwegrecht als Rechtsgrundlage für Wegerecht

In einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn kann ein Wegerecht außerhalb des Grundbuchs nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung entstehen oder als Notwegrecht. Letzteres erfordert nach § 917 BGB (s.u.), dass dem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt.

Ob im entschiedenen Fall die Voraussetzungen für ein Notwegrecht gegeben sind, muss nun das Oberlandesgericht prüfen, an das der BGH den Rechtsstreit zurückverwiesen hat. Ob sich die klagenden Eigentümer auf ein Notwegrecht berufen können, hängt dem BGH zufolge davon ab, ob ihre Grundstücke nur zu Wohnzwecken oder auch gewerblich genutzt werden. Für den ersteren Fall verneint der BGH ein Notwegrecht, weil die Garagen nicht genehmigt und mangels Erschließung auch nicht genehmigungsfähig sind. Bei einer gewerblichen Nutzung könnte es anders sein, nämlich dann, wenn das Be- und Entladen und das Abstellen von Kraftfahrzeugen auf dem verbindungslosen Grundstücksteil für eine ordnungsgemäße Nutzung erforderlich sind. Dann wäre auch eine Zufahrt zu diesem Teil notwendig.

(BGH, Urteil v. 24.1.2020, V ZR 155/18)

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§ 917 BGB Notweg

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung. 
 

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