Verkehrssicherungspflicht in verpachteter Gaststätte

Die Verkehrssicherungspflicht für den baulichen Zustand einer Gaststätte obliegt auch dem Verpächter. Hingegen ist es in der Regel allein Sache des Pächters, Gefahren zu vermeiden, die aus der konkreten Nutzung resultieren.

Hintergrund: Gast stolpert an Stufe und verletzt sich

Die Besucherin einer Gaststätte nimmt den Grundstückseigentümer auf Schadensersatz wegen einer vermeintlichen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Die Gaststätte wird von einem Pächter betrieben.

Im Anschluss an das Gebäude befindet sich im Innenhofbereich ein gepflastertes Plateau, das höher gelegen ist als das restliche Gelände. Der Höhenunterschied beträgt 11 Zentimeter. Die Kante des Plateaus ist durch dunkles Pflaster hervorgehoben, die neben dem Plateau befindlichen Flächen sind mit hellem Kies belegt.

Eine Besucherin der Gaststätte kam an der Kante zwischen Plateau und Kiesfläche zu Fall und verletzte sich. Am Unfalltag hatte der Pächter in diesem Bereich Stehtische aufgestellt.

Die verletzte Gaststättenbesucherin meint, der Grundstückseigentümer habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und verlangt von ihm Schadensersatz.

Entscheidung: Pächter muss konkrete Nutzung absichern

Der Grundstückseigentümer muss keinen Schadensersatz zahlen. Ihm ist kein Verstoß gegen seine Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen.

Verkehrssicherungspflichtig ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft oder andauern lässt. Dies verpflichtet ihn, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Anderer möglichst zu verhindern. Beim Betrieb einer Gastronomieeinrichtung gehört dazu, dass frei zugängliche Flächen ohne übersehbare Stolperstellen begehbar sein müssen. Ein Gaststättengelände wird auch von älteren, gehbehinderten und teilweise alkoholisierten und mit Kommunikation befassten Menschen begangen. Deren Sicherheitsbedürfnis ist Rechnung zu tragen.

Indem der Grundstückseigentümer die Gaststätte verpachtet hat, hat er den Verkehr auf dem Grundstück eröffnet. Dementsprechend musste er mögliche und zumutbare Vorkehrungen schaffen, dass andere, die zulässigerweise mit dem Pachtobjekt in Kontakt kommen, durch vom Pachtobjekt drohende Gefahren nicht geschädigt werden. Das bedeutet, dass der Eigentümer grundsätzlich - neben dem Pächter - für den gefahrlosen Aufenthalt von Gästen verkehrssicherungspflichtig war und ist, und zwar primär gegenüber Gefahren, die ihre Ursache im baulichen Zustand des Geländes haben.

Indes ergaben sich aus dem baulichen Zustand keine Gefahrenstellen, die besonders abgesichert werden mussten. Durch die unterschiedliche farbliche Gestaltung von Plateau und Kiesfläche war der Höhenunterschied gut erkennbar. Dies reichte als Absicherung aus.

Eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle konnte sich nur aus der konkreten Art der Nutzung ergeben, hier aus dem Aufstellen der Stehtische, was möglicherweise die optische Hervorhebung des Niveauunterschieds beeinträchtigt hat. Allerdings oblag dem Grundstückseigentümer insoweit keine Verkehrssicherungspflicht. Diese war Sache des Pächters, der aufgrund des Pachtvertrages den Gefahrenbereich beherrscht. Der Eigentümer durfte davon ausgehen, dass der Pächter Gefahrenstellen, die durch die konkrete Nutzung des Pachtobjekts entstehen, selbst und in eigener Verantwortung absichert. Er musste auch nicht überwachen, ob der Pächter im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs möglicherweise Gefahrenquellen schafft. Insoweit lag die Verantwortung allein beim Pächter.

(OLG Hamm, Urteil v. 24.2.2017, 7 U 76/16)

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