Real Estate Talk: Cloud-Computing, ERP – zwingender Wandel

Weltweit wird ERP schon ganzheitlich gesehen, während hierzulande noch darüber diskutiert wird. Server im Keller statt Cloud-Computing heißt es vielerorts, von Gesamtsystemen ganz zu schweigen. Noch dazu sind die Prozesse meist umständlich. Ein Wandel ist zwingend.

Worin liegen aktuell die Learnings etwa bei Wohnungsgesellschaften?

Dietzel: Die ERP-Systeme der Wohnungsunternehmen unterstützen etwa 90 Prozent aller Geschäftsprozesse. Es bringt aber niemandem etwas, wenn sein weiteres Ökosystem nicht auf ein cloudbasiertes System wie etwa axera einzahlt. Wenn das Dokumentenmanagementsystem immer noch auf dem Server im Keller liegt, worauf nicht alle zugreifen können. Übrigens sind nicht immer die Systeme ursächlich – meistens sind es falsche oder umständliche Prozesse. Es geht heute darum, sein gesamtes IT-Ökosystem Schritt für Schritt webbasiert mobil neu zu gestalten. Und in diesem Zusammenhang kann man sich dann auch an sein ERP wagen. Man darf wiederum seine Mitarbeiter nicht überfordern und alle Prozesse zugleich tauschen. Dafür bieten wir auch für Nichtkunden eine Prozessberatung, die genau auf Innovation, Digitalisierung und Mobilität einzahlt.

Die Frage Keller oder Cloud hat Yardi ja schon länger für sich entschieden …

Münch: … stimmt! Wir haben uns vor zwölf Jahren gegen den Keller und für ausschließlich die Cloud entschieden. Bei unserem Customer Service sowie dem Consultingbereich ist während Corona deshalb auch die Produktivität nicht gesunken – sie bleibt auf konstant hohem Niveau. Unsere nicht nur gewerblichen Kunden arbeiten folglich wie gewohnt weiter. Trotzdem ist bei allen nun ein Umdenken notwendig. Denn es ist doch fast witzig, dass wir uns hier zum Thema ERP treffen. Zumindest weltweit spricht darüber so keiner mehr. Dort wird es viel ganzheitlicher gesehen. Man braucht ein Gesamtsystem und nicht bloß ERP! Aber vielleicht spiegelt dieser Denkansatz ja auch die Lage hier in Deutschland ganz gut wider …

Wann wird sich das auch hier ändern?

Münch: Das wird sich nun ändern mit den Generationen Y und Z auf dem Arbeitsmarkt. Denn diese haben eine komplett andere Anforderung an ihre Lebenswelt. Die brauchen etwa keinen physischen Makler mehr. Die wollen ihre Wohnung über eine App in einem voll digital unterstützten Prozess mieten.

Ist, Herr Lampatz, ERP wirklich zu kurz gesprungen?

Lampatz: Interessante Ausführungen auf jeden Fall. Aber es ist nicht ganz einfach sich in jemanden hineinzuversetzen der heute 20 Jahre alt ist. Das Nutzungsverhalten hat sich in allen Bereichen verändert. Das Smartphone ist allgegenwärtig und Werte verschieben sich bei den Jungen: wie keinen Makler, brauchen sie ja auch kein Auto mehr. Wer sich solchen Entwicklungen verschließt, wird irgendwann nur noch zweiter Sieger sein. PropTechs, die streng auf den Nutzen achten, haben heute bereits einen starken Einfluss und bereichern den Immobilienmarkt mit ihren Entwicklungen, und wenn es auch nur in einem Glied der Wertschöpfungskette ist. Die Art wie heute Immobilien verwaltet werden, wird sich sukzessive ändern. Und wir Etablierten werden darauf reagieren müssen und alle Anwender sorgsam auf diese Reise mitnehmen. Doch klar ist: wenn wir dabei nicht aufmerksam und innovativ sind, wird es auch zu Marktverschiebungen auf Anbieterseite kommen.

Nochmal: Ist ERP zu klein gedacht?

Dietzel: Na ja, irgendeinen Begriff muss es ja geben. Vielleicht müssen wir diesen mal gegen Plattform austauschen. Nur: Auch Plattformen brauchen einen Kern und müssen mit diesem im Zusammenspiel funktionieren. Wenn ich ein PropTech mit einer Vermietungslösung anbinde, müssen dessen Informationen in Echtzeit auch im Gesamtsystem verfügbar sein. Klar sind PropTechs, die cloudbasierte Software entwickeln, auch ein Treiber für die Branche. Wer jetzt nicht aufwacht, wird bald zu den Verlierern gehören. Es will doch keiner mehr einen Wohnungsschaden beim Vermieter persönlich vor Ort melden. Das muss per App und interaktiv gehen.

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