Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit neuen Vorbringens im Berufungsrechtszug

 

Leitsatz (amtlich)

1. Neues Vorbringen, welches gem. § 531 ZPO nicht zuzulassen ist, kann kein konkreter Anhaltspunkt sein, der Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung im Sinne des § 529 I ZPO begründet und deshalb eine erneute Feststellung gebietet.

2. Bei einem Parteigutachten, mit welchen in der Berufung ein im ersten Rechtszug eingeholtes gerichtliches Gutachten angegriffen wird, handelt es sich um ein neues, nicht zulassungsfähiges Angriffsmittel, wenn das Gutachten auch bereits im ersten Rechtszug hätte eingeholt werden können (§ 531 II Satz 1 Nr. 3 ZPO).

3. Zu den Anforderungen an die Einwendungen einer Partei gegen ein gerichtliches Gutachten (Nachlässigkeit i.S.d. § 531 II Satz 1 Nr. 3 ZPO).

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 12.03.2004; Aktenzeichen 3 O 175/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.10.2005; Aktenzeichen VI ZR 270/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.3.2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Itzehoe wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Nebenintervention.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten bzw. die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen eines behaupteten Verkehrsunfalls zwischen einem Porsche und einem Transporter VW im Dezember 2001.

Die Klägerin hat behauptet:

Ihr Ehemann habe den in ihrem Eigentum stehenden Porsche am Unfalltag gefahren. Als er während eines Abbiegevorgangs wegen des entgegenkommenden Verkehrs habe halten müssen, sei der Beklagte zu 2. mit einem Transporter VW auf den Porsche aufgefahren. Durch die Kollision sei ein Schaden am Porsche entstanden, der Reparaturkosten i.H.v. 18.741,17 DM verursacht habe; hinzukomme ein Nutzungsausfall von 1.900 DM und eine Kostenpauschale i.H.v. 40 DM.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 10.574,11 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten zu 1. und 3. haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet:

Es sei nicht zu einer Kollision der Fahrzeuge gekommen. Falls eine solche stattgefunden habe, sei dies in Absprache zwischen der Klägerin, ihrem Ehemann und dem Beklagten zu 2. vorsätzlich geschehen. Etwaige Schäden des Porsche seien auf frühere Kollisionen zurückzuführen.

Das LG hat Beweis erhoben u.a. gemäß Beweisbeschluss v. 8.5.2003 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. B. zu der Frage, ob der Unfall ursächlich für die geltend gemachten Schäden am Porsche gewesen ist. Das Gutachten ist der Klägerin mit der Möglichkeit der Stellungnahme binnen vier Wochen am 8.12.2003 zugestellt worden. Mit Schriftsatz v. 23.2.2004 hat die Klägerin Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten vorgebracht, woraufhin der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung v. 27.2.2004 zu dem Gutachten befragt wurde; dabei anwesend war der von der Klägerin beauftragte Privatsachverständige Rönnebeck.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil sich aus dem Sachverständigengutachten ergebe, dass das Schadensbild am Heck des Porsche nicht durch eine etwaige Kollision mit der Stoßstange des VW Transporter erklärbar sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils einschließlich der darin enthaltenen Verweisungen Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung gegen das Urteil behauptet die Klägerin, dass die Schäden am Porsche auf die Kollision zurückzuführen seien, das ergebe ein von ihr nunmehr eingeholtes Gutachten des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. H., wonach der gerichtliche Sachverständige bei der Beschreibung der Frontgestaltung des Transporters die aufgrund der Ausführung mit zwei Stahlprofilen aufgebogene Begrenzung der Stoßfänger unberücksichtigt gelassen habe; berücksichtige man diese, könnten die Schäden am Porsche auf den Zusammenstoß mit dem Transporter zurückgeführt werden.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des am 12.3.2000 verkündeten Urteils des LG Itzehoe die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 10.574,11 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten zu 1. und 3. und die Nebenintervenientin beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie meinen, das Parteigutachten sei als neues Angriffsmittel nicht zuzulassen, weil es schon in erster Instanz hätte vorgelegt werden können und dass auf Nachlässigkeit beruhe.

Wege...

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