Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen einer Scheidung nach iranischem Recht aufgrund von Vereinbarungen bei der Heirat; Erheblichkeit der Verletzung der Verpflichtung des Ehemannes zur Unterhaltsleistung unabhängig von der tatsächlichen Unterhaltsbedürftigkeit der Ehefrau.

 

Orientierungssatz

Scheidung nach iranischem Recht aufgrund Ehevertrages.

 

Normenkette

EGBGB Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, Art. 17 Abs. 1-2

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Dres. Tischler, Carstensen, Schulz und Punke

Rechtsanwälte Dr. Elsner, Zarnekow, Soblik, Dr. Wolter, Rüping und Dr. Hansen

 

Verfahrensgang

AG Pinneberg (Aktenzeichen 48 F 9/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Pinneberg vom 25. Juni 1999 geändert.

Die am 25. August 1997 vor dem Heiratsnotar in Teheran (Heiratsnotariat-Nr.) geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.

 

Tatbestand

Die am 1950 geborene Antragstellerin und der am 1943 geborene Antragsgegner schlossen am 25.08.1997 die Ehe vor dem Heiratsnotar in Teheran. Beide Parteien sind iranische Staatsbürger. In der Heiratsurkunde (Ref., Heiratsnotariat-Nr. Teheran) trafen die Parteien Vereinbarungen, u. a. über die Fälle, in denen die Ehefrau die Scheidung beim Gericht einreichen kann. Wegen des Inhalts im einzelnen wird auf die Heiratsurkunde (GA Bl. 6) verwiesen.

Die Antragstellerin lebt seit 1969 in Deutschland. Sie ist als Architektin beschäftigt.

Der Antragsgegner ist gelernter Buchhalter und war im Iran erwerbstätig. Im Januar oder Februar 1998 folgte er der Antragstellerin nach Deutschland. Seitdem ist er nicht berufstätig. Die Parteien trennten sich im März 1998, im Februar 1999 ist der Antragsgegner aus dem Hause der Antragstellerin ausgezogen.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die am 1997 vor dem Heiratsnotar in Teheran zur Urkunden-Nr. geschlossene Ehe der Parteien zu scheiden.

Der Antragsgegner hat dem Scheidungsantrag widersprochen.

Das Familiengericht hat unter Beiziehung der Dolmetscherin Frau die Parteien persönlich gem. § 613 ZPO angehört.

Sodann hat es den Scheidungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Ehescheidung auf Antrag der Antragstellerin gem. Ziffern 1. und 2. der Heiratsurkunde seien nicht gegeben. Die Antragstellerin habe von dem Antragsgegner bisher keine Unterhaltszahlungen verlangt und eine zwangsweise Durchsetzung nicht versucht. Die Antragstellerin habe nicht dargetan, dass dem Antragsgegner die Schuld für das Auseinanderleben der Parteien zuzuweisen sei. Die von der Antragstellerin behauptete einmalige Handgreiflichkeit seitens des Antragsgegners sei nicht so schwerwiegend, dass die Fortsetzung der Ehe für die Antragstellerin unzumutbar sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Berufung.

Sie trägt vor, sie stütze den Scheidungsantrag auf die Gründe der Heiratsurkunde, die gegenüber den Scheidungsgesetzen vorrangig sei. Die Voraussetzungen für eine Scheidung nach Ziffer 1. seien erfüllt. Der Antragsgegner zahle keinen Unterhaltsbeitrag und bemühe sich nicht um eine finanziell selbständige Lebensstellung. Die Fortsetzung der Ehe sei für sie aufgrund des Verhaltens des Antragsgegners unerträglich.

Die Antragstellerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Scheidung der Ehe der Parteien auszusprechen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Antragstellerin habe bei der Heirat übersehen können, was ihn in Deutschland erwarte. Sie habe ihm gesagt, sie verfüge über genug Geld und ein Haus, und habe ihm versprochen, ihn finanziell zu unterstützen, damit er sich z. B. mit einem Kiosk selbständig machen könne. Den Deutschkurs habe er nur deswegen abgebrochen, weil er dort nichts verstanden habe. Er habe sich auch bemüht, den Haushalt zu versehen, jedoch habe er der Antragstellerin nichts recht machen können. Anlässlich der Auseinandersetzung in der Nacht zum 10.02.1999 habe er die Antragstellerin lediglich zur Rede gestellt, handgreiflich sei er nicht geworden.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat unter Beiziehung der Dolmetscherin Frau beide Parteien persönlich angehört.

Er hat Beweis erhoben gemäß Senatsbeschluss vom 06.04.2000 (GA Bl. 116), auf den verwiesen wird, durch Einholung der Rechtsauskunft des Max-Planck-Instituts für Ausländisches und Internationales Privatrecht. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten vom 20.09.2000 (GA Bl. 129 f.) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Antragstellerin ist begründet.

Gem. § 606 a Abs. 1 Nr. 2 ZPO sind die deutschen Gerichte international zuständig, weil beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.

Nach Artikel 17 Abs. 1 und 2 EGBGB i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ist für die Scheidung das iranische Recht anwendbar. Die Scheidung unterliegt dem Recht, dass im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit...

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