Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung aufklärungspflichtiger Rückvergütungen bei der Kapitalanlagenberatung.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 03.09.2010; Aktenzeichen 1 O 27/09)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 3.9.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 1 O 27/09 - wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn die Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer sog. "Tier 1 Anleihe" der M. Bank in Anspruch. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO mit folgenden Ergänzungen Bezug genommen:

Der Kläger erwarb die mit einem 6%igen Fixkupon, also einer festen Verzinsung ausgestattete Tier 1-Anleihe nach vorangegangener Beratung durch eine Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin R., am 9.2.2006 zu einem Nennwert von 75.000,- EUR bei einem Ausgabekurs von 102,6 % zzgl. Zinsen für 56 Tage i.H.v. 690,41EUR mithin für insgesamt 77.640,41 EUR von der Beklagten (vgl. Wertpapier-Kaufabrechnung vom 9.2.2006: Anlage K 4 = GA 39). Gleichzeitig verkaufte der Kläger eine von ihm bereits im Mai 2005 bei der Beklagten gekaufte Tier 1-Anleihe, die lediglich eine Verzinsung von 3,95 % ausgewiesen hatte. Die Beklagte erhielt von der D. Bank als Vertriebsmarge einen Preis von 0,75 % des Kurswerts der Anleihe vergütet.

Nachdem der Kurs der Anleihe bis April 2008 auf 77 % gesunken und im Januar 2009 nur noch bei 55 % gelegen hatte, hat der Kläger die Beklagte - Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Anleihe - mit der Behauptung auf Schadensersatz in Anspruch genommen, er sei - was er im Einzelnen näher ausgeführt hat - nicht anleger- und objektgerecht beraten und auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass und in welcher Höhe die Beklagte Rückvergütungen erhalten habe. Ausgehend von dem investierten Betrag i.H.v. 77.640,41 EUR hat der Kläger unter Abzug von in den Jahren 2006 bis 2010 erhaltenen Ausschüttungen i.H.v. insgesamt 20.379,25 EUR und unter Hinzurechnung eines ihm seiner Behauptung zufolge in der Zeit von Februar bis Juli 2010 entgangenen Gewinns i.H.v. insgesamt 10.125,- EUR (3 % p. a.) seinen Schaden zuletzt auf 73.007,66 EUR beziffert. Darüber hinaus hat der Kläger Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten i.H.v. 1.880,20 EUR sowie die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Rechte aus der Beteiligung des Klägers an der in Rede stehenden Anlage in Verzug befindet. Schließlich hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an Eides Statt zu versichern, dass sie für die vermittelte Anleihe über die von ihr benannte Provision i.H.v. 0,75 % keine weiteren Provisionen, Rückvergütungen oder anderweitige Zahlungen erhalten hat oder erhält.

Durch das angefochtene Urteil (GA 187a - 203) hat das LG die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter.

Er meint, die Auffassung des LG, der Nachweis einer nicht anlegergerechten Beratung sei nicht erbracht worden, gehe im Hinblick auf das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme fehl. Aus der Zeugenaussage der Ehefrau des Klägers habe das LG zu Unrecht geschlossen, der Kläger habe zu Lasten der Sicherheit einen höheren Zinssatz bevorzugt. Soweit das LG eine nicht anlegergerechte Beratung im Hinblick auf die nicht hinreichende Ermittlung der Risikotragfähigkeit des Klägers verneint habe, lasse es außer Acht, dass die Beklagte insoweit eine sekundäre Beweislast treffe, der sie nicht entsprochen habe. Zur Feststellung der Glaubwürdigkeit der Zeugin R. hätte das LG den zu der Behauptung des Klägers, der Tipp für den Erwerb der Tier 1-Anleihe habe entgegen der Behauptung der Beklagten und der Aussage der Zeugin R. nicht von der S. Bank gestammt, angebotenen Zeugenbeweis erheben müssen.

Auch die Auffassung des LG, die Beklagte sei nicht zur Aufklärung über erlangte Vergütungen verpflichtet gewesen, sei nicht haltbar. Die Beklagte habe eingeräumt, für die Vermittlung der Anleihe an den Kläger eine Provision von 0,75 % vom Kurswert von der D. Bank erhalten und den Kläger hierüber nicht aufgeklärt zu haben. Damit stehe ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Verpflichtung zur Aufklärung über erhaltene Rückvergütungen fest. Die gegenteilige Auslegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das LG sei unzutreffend.

Schließlich stehe dem Kläger entgegen der Auffassung des LG auch ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Höhe der von der Bek...

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