Leitsatz (amtlich)
1. Die Gemeinden sind durch § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB dazu ermächtigt, die möglichen Standorte von Windenergieanlagen restriktiv zu steuern, indem sie zugleich durch Darstellung von Vorrangzonen geeignete Standorte im Flächennutzungsplan positiv festlegen; dabei reicht die Ausweisung nur einer Vorrangzone aus.
2. Die Gemeinden haben bei dieser Ausweisung keine besondere Pflicht zur Förderung der Windenergie; sie sind auch nicht verpflichtet, einen wirtschaftlich optimalen Ertrag der Windenergienutzung sicherzustellen.
3. Die Ermittlung und Festlegung von Vorrangzonen für Windenergieanlagen setzt ein schlüssiges, hinreichend städtebaulich motiviertes Plankonzept für das gesamte Gemeindegebiet voraus; dieses kann an global und pauschalierend festgelegten Kriterien für die Ungeeignetheit der von der Ausschlusswirkung erfassten Bereiche ausgerichtet werden.
4. Bei der Festlegung von Tabu-Zonen aus Gründen des Immissionsschutzes können pauschale Abstände zu jeder schützenswerten Wohnbebauung angesetzt werden; diese Abstände können zulässigerweise auch auf einen vorbeugenden Immissionsschutz ausgerichtet werden und konkret für weitere Entwicklungen in den Blick genommene potenzielle Siedlungserweiterungsflächen mitberücksichtigen.
5. Auch aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege einschließlich der Erholungsfunktion der Landschaft können bestimmte „Tabu-Flächen” aus der weiteren Prüfung ausgesondert werden.
6. Wird der Entwurf der Ausweisung einer Vorrangzone öffentlich ausgelegt, bedarf es bei der Bekanntmachung der Offenlegung keines ausdrücklichen Hinweises auf die sich aus § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ergebende Ausschlusswirkung.
7. Eine Ausnahme von der regelmäßigen Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände zu bejahen.
8. Eine zur Verunstaltung führende Wirkung von Windenergieanlagen ist nur anzunehmen, wenn es sich bei dem optisch betroffenen Bereich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung handelt oder wenn ein besonders grober Eingriff in das Landschaftsbild in Rede steht.
Normenkette
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
VG Arnsberg (Aktenzeichen 4 K 1713/99) |
Nachgehend
Tenor
Der Kläger begehrte die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung für die Errichtung einer Windenergieanlage an einem Standort, der außerhalb der im Flächennutzungsplan der Beigeladenen dargestellten Vorrangzone für Windenergieanlagen lag. Die Verpflichtungsklage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Auf den Hilfsantrag des Klägers stellte das OVG jedoch fest, dass der Beklagte bis zum Inkrafttreten der Vorrangausweisung im Flächennutzungsplan verpflichtet war, die beantragte Bebauungsgenehmigung zu erzielen.
Gründe
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Bebauungsgenehmigung, weil sein Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist.
Dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens wegen der Außenbereichslage des vom Kläger vorgesehenen Standorts der Windenergieanlage nach § 35 BauGB richtet und dass das Vorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert ist, weil es der Nutzung der Windenergie dient, steht außer Streit und bedarf keiner weiteren Erörterung. Dem Vorhaben stehen jedoch öffentliche Belange entgegen. Dies ist, wenn es – wie hier – um ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiertes Vorhaben geht, gemäß Absatz 3 Satz 3 der genannten Vorschrift in der Regel der Fall, soweit für Vorhaben dieser Art durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen, der Ausweisungen für Windenergieanlagen an anderer Stelle als dem vom Kläger vorgesehenen Standort seines Vorhabens vorsieht, ist entgegen der Auffassung des Klägers wirksam. Ferner greift im vorliegenden Fall auch die Regelwirkung des Ausschlusses für solche Windenergieanlagen, die außerhalb der im Flächennutzungsplan dargestellten Vorrangzone für Windenergieanlagen errichtet werden sollen.
Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen enthält für einen größeren Bereich südöstlich der Ortslage A. zusätzlich zur Darstellung dieses Bereichs als Fläche für die Landwirtschaft die Ausweisung „Vorrangzone für Windkraftanlagen als zusätzliche Nutzungsmöglichkeit”. Diese Ausweisung ist grundsätzlich geeignet, die regelmäßige Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeizuführen.
Eine „Ausweisung an anderer Stelle” durch Darstellungen im Flächennutzungsplan setzt nicht voraus, dass der betroffene Bereich nach den Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließlich für Windenergieanlagen nutzbar sein soll. Den Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist vielmehr auch dann Genüge getan, wenn der Bereich zugleich anderen Nutzungszwecken dienen soll, sofern diese ihrem Wesen nach mit der Errichtung von Windenergieanlagen vereinbar sind. So liegt der Fall hier. (wird ausgeführt)