Leitsatz (amtlich)

1. Die durch das das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut bei der Zustellung einer Klageschrift an eine dem NATO-Truppenstatut unterliegende Person vorgeschriebene schriftliche Anzeige an die Verbindungsstelle des Entsendestaates (hier: USA) begründet eine den Amtsträgern des befassten Gerichts obliegende Amtspflicht, die auch dem Schutz des deutschen Prozessgegners dient.

2. Versäumt das deutsche Gericht die Anzeigepflicht, so obliegt dem im Weg der Amtshaftung in Anspruch genommenen Land die Beweislast dafür, ob und inwieweit die Durchsetzung des vom Kläger im Ausgangsverfahren erstrittenen Titels auch bei Einhaltung der Anzeigepflicht erfolglos geblieben wäre.

3. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfragen wird die Revision zugelassen.

 

Normenkette

GG Art. 34; BGB §§ 839, 249; NTS-ZA Art. 32 Abs. 2; ZPO §§ 286, 543

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Urteil vom 08.12.2013; Aktenzeichen 3 O 442/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.07.2016; Aktenzeichen III ZR 265/15)

 

Tenor

I. Das Urteil des LG Kaiserslautern vom 08.12.2013 wird auf die Berufung der Klägerin geändert und wie folgt neugefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

1. 26.916,77 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.04.2011 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe weiterer 1.196,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.08.2011,

2. 3.383,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 03.05.2012 und

3. außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.307,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 12.08.2013 zu zahlen.

II. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund dieses Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags zuzüglich 20 v.H. leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

A. Die Klägerin macht im Wege der Amtshaftung einen Schaden geltend, der nach ihrem insoweit unstreitigen Vorbringen daraus resultiert, dass sie die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil wegen Schadensersatzansprüchen aus einem Mietverhältnis gegen eine Mieterin, die Angehörige der US-Streitkräfte war, aller Wahrscheinlichkeit nach für die Dauer der Verjährungsfrist des titulierten Anspruchs von 30 Jahren nicht durchführen kann, weil ihr der Aufenthaltsort der Schuldnerin nicht bekannt gegeben wird und sie die militärische Verbindungsstelle diesbezüglich nicht unterstützt oder auch nicht mehr unterstützen kann. Infolgedessen ist sie auch nicht in der Lage den Nachweis zu führen, dass die Zwangsvollstreckung tatsächlich in Höhe des geltend gemachten Schadens Erfolg gehabt hätte. Sie stützt ihren Amtshaftungsanspruch darauf, dass die militärische Verbindungsstelle der US-Streitkräfte von der beim Amtsgericht Kusel mit der Zustellung der Klageschrift befassten Justizbediensteten nicht informiert worden ist und wegen der deshalb fehlenden Mitwirkung des Legal-Office die Durchsetzung ihrer Ansprüche gescheitert sei, zumal keinerlei Möglichkeit bestehe, den Aufenthaltsort der Schuldnerin zu ermitteln.

Das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Mieterin wurde während des Rechtsstreits vor dem AG Kusel Ende des Jahres 2011 beendet. Mit Urteil vom 30.03.2012 wurde die Mieterin der Klägerin verurteilt, an die Klägerin 26.916,77 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.04.2011 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 1.196,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.08.2011 sowie die Kosten des Rechtsstreits, die sich auf 3.383,29 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.05.2012 belaufen, sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.307,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu tragen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass sie, wenn die Zustellung ordnungsgemäß über die US-Dienststellung vorgenommen worden wäre, den ihr entstandenen Schaden nicht erlitten hätte, weil durch die Kontaktaufnahme zu den Vorgesetzten der Angehörigen der US-Streitkräfte auf diese eingewirkt worden wäre und die Klägerin auch eine Zwangsvollstreckung hätte einleiten können. Dies sei nunmehr nicht möglich, weil sie keine Möglichkeit habe, den Aufenthaltsort ihrer früheren Mieterin herauszufinden oder eine Mobiliarzwangsvollstreckung gegen diese zu betreiben. Da ihre frühere Mieterin Eigentümerin eines Pkw, eines Kraftrades und diversen Mobiliars im Wert von insgesamt jedenfalls 15.000 EUR gewesen sei, sei die Amtspflichtverletzung für ihren Schaden kausal geworden.

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