Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB findet auf Kündigungen von Bausparverträgen durch Bausparkassen keine Anwendung.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 19.11.2015; Aktenzeichen 6 O 76/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 19.11.2015, Az. 6 O 76/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 10.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441..., Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Bausparvertrag, Vertragsnummer: 441..., Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 81.806,70 EUR (160.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.

3. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien am 25.03.1999 geschlossene Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9..., Tarif: IDEAL-Bausparen, über eine Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) durch die Kündigung der Beklagten vom 12.01.2015 zum 24.07.2015 nicht beendet worden ist.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Bausparvertrag, Vertragsnummer: 42 9..., Tarif: IDEAL-Bausparen, vor Ansparung der vollständigen Bausparsumme von 20.451,68 EUR (40.000,00 DM) ordentlich zu kündigen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei K., L. und Kollegen in Höhe von 1.171,67 EUR freizustellen.

II. Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision der Beklagten wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, die zugleich Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes ist, wehrt sich gegen die Kündigung von zwei Bausparverträgen. Sie und ihr Mann schlossen gemeinsam am 10.03.1999 einen Bausparvertrag über 160.000 DM (81.806,70 EUR), der am 31.12.2014 ein Guthaben von 52.632,46 EUR aufwies und am 25.03.1999 einen Bausparvertrag über 40.000 DM (20.451,68 EUR), der am 31.12.2014 ein Guthaben von 13.028,89 EUR hatte. Mit Schreiben vom 12.01.2015 kündigte die Beklagte beide Verträge unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

Die den Bausparverträgen zu Grunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

§ 1 Vertragszweck

(1) Der Abschluss des Bausparvertrags dient der Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweitstellig zu sichernden Tilgungsdarlehens (Bauspardarlehen) aufgrund planmäßiger Sparleistungen nach Maßgabe dieser Allgemeinen Bedingungen. (...)

§ 2 Bausparsumme

(...)

(3) Beträge, die die Bausparsumme übersteigen, werden für die Verzinsung zunächst wie das Bausparguthaben behandelt; auf Wunsch des Bausparers können diese Guthaben auf einen neu abzuschließenden Bausparvertrag umgebucht werden.

§ 5 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag beträgt 5 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag). Er ist bis zum Erreichen des gewählten Mindestguthabens (§ 11 Abs. 1) zum Ersten jeden Monats kostenfrei an die Bausparkasse zu entrichten.

(2) Sonderzahlungen sind grundsätzlich zulässig. Die Bausparkasse kann deren Annahme von ihrer Zustimmung abhängig machen.

(3) Ist der Bausparer unter Anrechnung von Sonderzahlungen mit mehr als 6 Regelsparbeiträgen rückständig und hat er der schriftlichen Aufforderung der Bausparkasse, nicht geleistete Bausparbeiträge zu entrichten, länger als 2 Monate nach Zugang der Aufforderung nicht entsprochen, so kann die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen. Im Fall der Kündigung gilt § 9 Abs. 2 entsprechend.

§ 6 Verzinsung des Bausparguthabens, Zinsbonus, Bonuskonto

(1) Das Bausparguthaben wird mit 2,5 vom Hundert jährlich auf der Grundlage taggenauer Berücksichtigung aller Zahlungseingänge verzinst. Die Verzinsung des Bausparguthabens endet mit der ersten Auszahlung nach der Zuteilung. (...)

(2) Die Zinsen und der Zinsbonus sind jeweils am Ende des Kalenderjahres fällig, bei Beginn der Auszahlung aus dem Bausparguthaben zu diesem Zeitpunkt. Die Zinsen werden dem Bausparkonto, der Zinsbonus einem Bonuskonto zu den vorgenannten Fälligkeitsterminen gutgeschrieben. (...)

(3) Die Zinsen und der Zinsbonus werden nicht gesondert ausgezahlt.

§ 11 Voraussetzungen und Reihenfolge der Zuteilung

(1) Die Bausparsumme eines Bausparvertrages wird zugeteilt, wenn

a) an dem (...) Bewertungsstichtag (...) seit Vertragsbeginn 24 Monate verflossen sind (Mindestsparzeit).

b) an dem (...) Bewertungsstichtag (...) das Bausparguthaben des Bausparvertrages im Regelfall mindestens 5...

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