Leitsatz (amtlich)

1. Die Bezeichnung "Bio-Mineralwasser" ist jedenfalls dann zulässig, wenn sich das so bezeichnete Mineralwasser im Hinblick auf einen festgelegten Kriterienkatalog für Gewinnung und Schadstoffgehalt von anderen Mineralwassern abhebt und die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreitet.

2. Eine Verbrauchererwartung, dass die Bezeichnung "Bio" eine staatliche Lizenzierung und Überwachung voraussetzt, besteht nicht.

3. Unzulässig ist es, ein Bio-Mineralwasser mit einem dem Bio-Siegel nach § 1 ÖkoKennzV nachgeahmten Kennzeichen zu bewerben und/oder in Verkehr zu bringen.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; LFGB § 11 Abs. 1; ÖkoKennzG § 1 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 19.01.2011; Aktenzeichen 3 O 819/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.09.2012; Aktenzeichen I ZR 230/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 19.1.2011 abgeändert .

II. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, das nachfolgend abgebildete Kennzeichen in der Werbung für und/oder beim Inverkehrbringen von natürlichem Mineralwasser oder anderen alkoholfreien Getränken, hergestellt unter Verwendung von natürlichem Mineralwasser, zu benutzen.

III. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 208,65 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.4.2010 zu zahlen.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger drei Viertel und der Beklagte ein Viertel.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweiliger Schuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruches kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR abgewendet werden.

VII . Die Revision zum BGH wird zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 120.000 EUR festgesetzt (Klageantrag und Hilfsanträge zum Klageantrag 1a) je 30.000 EUR; Hauptantrag 1b) 30.000 EUR).

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Mineralwasser.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, namentlich zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Zu seinen über 1.600 Mitgliedern zählen u.a. die Industrie- und Handelskammern sowie die meisten Handwerkskammern.

Der Beklagte ist Inhaber der Brauerei ..., die sich vor allem auf die Herstellung ökologischer Biere spezialisiert hat. Daneben stellt das Unternehmen Bioerfrischungsgetränke her und füllt natürliches Mineralwasser ab. Das von ihm geführte Unternehmen hat eine besondere Kompetenz im Biobereich erworben und eine Vielzahl von Auszeichnungen auf diesem Gebiet erhalten.

Seit September 2009 vertreibt der Beklagte unter der Marke "Biokristall" ein natürliches Mineralwasser mit der Bezeichnung "Bio-Mineralwasser" in den Sorten "classic" und "still", das mit folgendem Etikett versehen ist:

Der Beklagte gründete zusammen mit weiteren Personen die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V.. Dieser Verein erstellte einen Katalog von Anforderungen, die aus Sicht der Qualitätsgemeinschaft ein Bio-Mineralwasser zu erfüllen hat (Anlagen K 7 und B 5). Darüber hinaus hat der Verein ein Zertifizierungssystem für Bio-Mineralwasser geschaffen (Anlagen B 4 und B 39). Schließlich wurden von ihm Richtlinien für Bio-Mineralwasser entwickelt (Anlage B 66).

Der Kläger hat seine Unterlassungsklage in erster Instanz auf §§ 8, 3, 4 Nr. 11, 5 Abs. 1 UWG, Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28.6.2009 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen, § 11 Abs. 1 LFGB, § 3 Nr. 1 LMKV, § 8 Abs. 1 Min/TafelWV und § 1 Abs. 2 Nr. 2 ÖkoKennzG gestützt.

Der Kläger hat demgemäß beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu unterlassen '

a) natürliches Mineralwasser unter der Bezeichnung "Biomineralwasser" zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

b) das nachstehend abgebildete Kennzeichen in der Werbung für und/oder beim Inverkehrbringen von natürlichem Mineralwasser oder anderen alkoholfreien Getränken, hergestellt unter Verwendung von natürlichem Mineralwasser, zu benutzen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin EUR 208,65 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.4.2010 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Hinsichtlich des Parteivorbr...

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