Leitsatz (amtlich)

Einer Schadensersatzklage aus einem Beförderungsvertrag in einem Vertragsstaat der CMR steht das Prozesshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen, wenn zwischen denselben Parteien bei einem zuständigen Gericht eines anderen Vertragsstaates bereits eine negative Feststellungsklage wegen derselben Streitsache rechtshängig ist und in beiden Staaten die EuGVÜ in Kraft getreten war.

 

Normenkette

CMR Art. 31 Abs. 2; EuGVÜ Art. 21 Abs. 2; EuGVVO Art. 33 Abs. 1, Art. 66 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Ansbach (Aktenzeichen 2 O 463/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.11.2003; Aktenzeichen I ZR 102/02)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Ansbach vom 10.10.2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 4.500 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein Versicherungsunternehmen, verlangt von der in den … ansässigen Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz aus einem Transportauftrag.

Die Klägerin hat behauptet, ihre Versicherungsnehmerin, die Firma …, habe die Beklagte mit der Durchführung eines Transportes von … im Landgerichtsbezirk … nach … beauftragt. Die Sendung von 40 Paletten Kosmetikartikeln mit einem Gewicht von 22.438 kg im Wert von 82.078,59 DM sei am 27.8.1999 bei der Absenderin, der Firma …, im Auftrage der Beklagten von einer Firma … aus … abgeholt worden, die dabei als Unterfrachtführer der Beklagten gehandelt habe. Der ausführende Frachtführer habe den ordnungsgemäßen Erhalt der Ware bestätigt. Die Ladung sei bei der Empfängerin nicht angekommen. Nach ihrer Information soll der beladene Lastzug in der Nacht vom 28. auf den 29.8.1999 gestohlen und am 30.8.1999 leer aufgefunden worden sein. Die Klägerin habe ihrer Versicherungsnehmerin 62.003,60 DM Schadensersatz geleistet.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 62.003,60 DM nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat sich nicht zur Sache eingelassen, sondern die internationale Zuständigkeit des LG Ansbach gerügt.

Es ist unstreitig, dass wegen des streitgegenständlichen Anspruchs seit Dezember 1999 in Belgien zwischen den Parteien eine negative Feststellungsklage rechtshängig ist.

Mit Urteil vom 10.10.2001 hat das LG Ansbach die Klage abgewiesen. Es hat seine internationale Zuständigkeit als Gericht am Ort der Übernahme des Gutes nach Art. 31 Abs. 1 S. 1b CMR für nicht begründet angesehen, da sich die Beklagte nicht zur Sache eingelassen hat. Nach Art. 57 Abs. 2a S. 2, Art. 20 EuGVÜ habe das Gericht in diesem Fall von Amts wegen zu prüfen, ob ein internationaler Gerichtsstand nach dem EuGVÜ begründet sei. Dies sei aber nicht der Fall. Auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils wird Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Sie nimmt dabei Bezug auf eine Entscheidung des OLG Hamm vom 25.6.2001 (OLG Hamm, Transportrecht 2001, 397). Nach diesem Urteil gehen die Zuständigkeitsvorschriften in einem Spezialabkommen auch dann vor, wenn der Beklagte säumig ist oder sich nicht zur Sache einlässt.

Die Klägerin beantragt:

I. Das erstinstanzliche Urteil des LG Ansbach v. 10.10.2001 – 2 O 463/00 – wird aufgehoben.

II. Die Berufungsbeklagte wird verurteilt, an die Klägerin und Berufungsklägerin 31.701,94 Euro nebst 5 % Zinsen seit Klagezustellung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie lässt sich zur Sache weiterhin nicht ein, sondern verteidigt das Ersturteil und meint, dass auch das in Belgien anhängige Verfahren eine Sachentscheidung hier verbiete:

Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze im Berufungsverfahren wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Ihrer Klage steht das Prozesshindernis der ausländischen Rechtshängigkeit entgegen.

1. Auf die vom Erstgericht entschiedene und in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittige Frage, ob ein Gericht unter Hinweis auf Art. 20 EuGVÜ i.V.m. Art. 57 Abs. 2 EuGVÜ seine nach der CMR gegebene Zuständigkeit ablehnen kann, wenn der Beklagte säumig ist oder sich nicht auf das Verfahren einlässt (OLG Hamm Transportrecht 2001, 397; OLG Dresden Transportrecht 1999, 62; OLG München Transportrecht 2001, 399), kommt es im vorliegenden Fall nicht an. Allerdings hält der Senat die Auffassung des OLG Hamm für überzeugend, dass die Rangfolge der spezielleren Zuständigkeit nach dem Sonderabkommen ggü. der allgemeinen Zuständigkeit nach Art. 2 ff. EuGVÜ auch im Falle der Säumnis oder Nichteinlassung des Beklagten gilt, weil sich die nach Art. 20 EuGVÜ gebotene Zuständigkeitsprüfung auch auf die Zuständigkeitsvorschriften des Spezialübereinkommens erstreckt.

2. Der Klage steht aber das Prozesshindernis anderweitiger R...

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