Leitsatz (amtlich)

Die Bundesrepublik ist ggü. einer Gemeinde wegen Unredlichkeit des Rechtserwerbs mit Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung für im Wege der Legalrestitution nach Art. 21 Abs. 3 des Einigungsvertrages erhaltenes ehemaliges Reichsvermögen ausgeschlossen, wenn der Zuordnungsbescheid noch wenige Tage (am 13.12.1993) vor dem In-Kraft-Treten des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes, durch das der stichtagsbezogenen Nutzung zu Verwaltungszwecken der Vorrang vor der Restitution eingeräumt wurde, erging und mit dem 25.12.1993 der Vermögensgegenstand der Gemeinde zugefallen wäre.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 05.03.2003; Aktenzeichen 5 O 3312/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.11.2004; Aktenzeichen V ZR 90/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Magdeburg v. 5.3.2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 8.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 115.270,76 Euro festgesetzt.

 

Gründe

A. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird zunächst verwiesen.

Das Grundstück B. Straße 12 in B. stand vormals im Eigentum des Deutschen Reichs und wurde von der Reichsjustizverwaltung als AG genutzt. Später gelangte es in Volkseigentum. Als Rechtsträger war die Pädagogische Schule für Kindergärtnerinnen B. im Grundbuch vermerkt (Bd. I Bl. 138 d.A.).

1991 gab die Pädagogische Schule das Objekt auf. Die Beklagte nahm es daraufhin mit Billigung des Landkreises bzw. auf dessen Vermittlung in Besitz, um das Grundstück für ihre Zwecke zu nutzen. Am 16.4.1991 stellte die Beklagte einen Antrag auf Übertragung des Grundstücks in Kommunaleigentum (Bd. I Bl. 139-142 d.A.). Einen Zuordnungsantrag (v. 17.7.1991) stellte auch das Land Sachsen-Anhalt durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, wobei aus den Antragsunterlagen hervor geht, dass die Schule dem Rat des Bezirkes Halle und danach der Bezirksverwaltung Halle unterstand (Bd. I Bl. 143-145 d.A.). Der Oberfinanzpräsident der Oberfinanzdirektion Magdeburg sah einen vorrangigen Restitutionsanspruch der Klägerin und beabsichtigte daher, die Liegenschaft der Klägerin zuzuordnen, worüber die Beklagte Anfang 1992 in Kenntnis gesetzt wurde (Bd. I Bl. 146 d.A.). Zu einem Bescheid kam es zunächst nicht, weil im Februar 1992 das Zuordnungsverfahren vorläufig ausgesetzt wurde (Bd. I Bl. 148/149 d.A.).

Die Beklagte nahm ggü. der Zuordnungsbehörde mit Schreiben vom 7.3.1992 Stellung und wies darauf hin, dass sie Teile ihrer Verwaltung in das Gebäude verlegt habe (Bd. I Bl. 150 ff. d.A.). Der Oberfinanzpräsident hielt dennoch an seiner Auffassung fest, was er nochmals im April 1993 bekräftigte (Bd. I Bl. 152 f. d.A.).

Im September 1992 begann die Beklagte mit umfangreicheren Umbau- und Sanierungsarbeiten, um das Gebäude zur eigenen Nutzung herzurichten. In diesem Zusammenhang wurde der Schulhort im Gebäude untergebracht. Am 3.10.1993 weihte die Beklagte außerdem eine Begegnungsstätte für ältere Menschen ein.

Mit Zuordnungsbescheid vom 13.12.1993 stellte der Oberfinanzpräsident das Eigentum der Klägerin am Grundstück als Restitutionsvermögen fest (Bd. I Bl. 9-11 d.A.). Diese Rechtslage verlautbart das Grundbuch von B. Bl. 2615 seit dem 29.3.1996 (Bd. I Bl. 12-15 d.A.). Der Zuordnungsbescheid ging der Klägerin am 21.12.1993 zu (Bd. I Bl. 127 d.A.). Die Beklagte hat der Zuordnung lediglich widersprochen (Bd. I Bl. 64 d.A.). Bestandskraft soll am 14.1.1994 eingetreten sein (Bd. II Bl. 126 d.A.).

Erstmals mit dem Kaufantrag vom 17.10.1995 wandte sich die Beklagte direkt an die Klägerin (Bd. I Bl. 167 d.A.). Seither standen die Parteien wegen des Kaufs in Vertragsverhandlungen, wobei die Klägerin eine erste schriftliche Äußerung am 1.7.1997 (Bd. I Bl. 169 d.A.) abgab. Die Beklagte war schließlich nicht in der Lage, den geforderten Kaufpreis aufzubringen und erwog, das Objekt zu räumen. Dies wurde auch mit Blick auf die bisher getätigten Investitionen der Beklagten am 20.10.1997 zwischen den Parteien erörtert (vgl. Bd. I Bl. 169 d.A.). Anschließend forderte die Klägerin mit Schreiben vom 22.1.1998 die Räumung und die Zahlung einer Nutzungsentschädigung seit dem 13.12.1993 (Bd. I Bl. 170 d.A.). Hierbei blieb es auch zukünftig (Bd. I Bl. 171 f. d.A.). Im Dezember 2000 räumte die Beklagte das Grundstück.

Die Klägerin fordert nunmehr eine Nutzungsentschädigung von 115.270,76 Euro, zu deren Zahlung sie der Beklagten eine Frist bis zum 30.7.2001 gewährte (Bd. I Bl. 52 f. d.A.). Diese für den Zeitraum 1.7.1991 bis 31.12.2000 aufgemachte Forderung ist Gegenstand der Klage.

Die Klägerin hat behauptet, üblicherweise hätte die Beklagte für das unsanierte Grundstück eine monatliche Miete von 1.011,15 Euro zahlen müssen (Bd. I Bl. 3 f.,...

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