Leitsatz (amtlich)

1. Entsteht eine Sachschaden an einem Pkw durch den Abgang einer Schneelawine von einem Hausdach bei anhaltendem Tauwetter, so hat die geschädigte Fahrzeugeigentümerin gegen die Hauseigentümerin keine vertraglichen Ansprüche, wenn sie den Stellplatz nicht von dieser, sondern von einer Mieterin im Wege der Untermiete zur Nutzung überlassen bekommen hat.

2. Eine Verletzung deliktischer Verkehrssicherungspflichten wegen der unterlassenen Anbringung von Schneefanggittern oder vergleichbaren Schutzeinrichtungen scheidet aus, wenn die Ortssatzung einschlägige Regelungen nicht enthält und die Anbringung nicht allgemein ortsüblich ist.

Insoweit ist u.U. zu unterscheiden zwischen den zu öffentlichen Bereichen geneigten Dachflächen und solchen, die sich zu privaten Innenhöfen neigen.

3. Hat es die Hauseigentümerin pflichtwidrig unterlassen, den Stellplatz mit einem warnenden Hinweis auf nicht vorhandene Schneefangvorrichtungen zu versehen, kann es am Nachweis der Schadensursächlichkeit dieser Pflichtverletzung fehlen, wenn die Gefahr der Geschädigten zzt. des Abstellens des Fahrzeugs ohnehin bekannt war.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 03.02.2011; Aktenzeichen 9 O 1296/10)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.2.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks B. Straße 13 in W.. Die Klägerin schloss mit der Mieterin R. über einen zum Grundstück gehörenden Stellplatz einen ab dem 1.10.2008 geltenden (Unter-)Mietvertrag.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage Schadensersatzansprüche geltend. Sie hat vorgetragen, dass sich am 5.2.2010 gegen 11:00 Uhr eine Schnee- und Eislawine vom Dach des Hauses gelöst und ihren gegen 9:00 Uhr desselben Tages auf dem Stellplatz geparkten Opel Corsa, amtliches Kennzeichen ..., beschädigt habe.

Hinsichtlich des Weiteren Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 75).

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.041,61 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2010 zu zahlen;

2. festzustellen, dass ihr die Beklagte infolge des Geschehens vom 5.2.2010 noch weitere Schadenspositionen zu 100 % zu ersetzen hat;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 546,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit am 3.2.2011 verkündeten Urteil hat das LG die Klage abgewiesen. Wegen der Gründe wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen (Bl. 76).

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Auf das Berufungsvorbringen der Parteien wird Bezug genommen.

Der Senat hat eine amtliche Auskunft zur Frage der Ortsüblichkeit des Anbringens von Schneefanggittern oder vergleichbarer Schutzeinrichtungen im Winter 2009/2010 auf den Hausdächern in W. eingeholt. Auf das Schreiben der Stadt W. vom 15.7.2011 wird verwiesen (Bl. 134).

B. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagte aus dem Unfallereignis vom 5.2.2010 auf dem Grundstück B. Straße 13 in W. keine Schadensersatzansprüche zu.

I. Eine Verkehrssicherungspflicht aufgrund einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien ist nicht gegeben. Insoweit sind die Vertragsverhältnisse zwischen der Beklagten als Vermieterin und der Zeugin R. als Mieterin einerseits und zwischen der Zeugin R. als Mieterin/Untervermieterin und der Klägerin als Untermieterin des Stellplatzes andererseits zu unterscheiden. Entgegen der Auffassung der Klägerin (Seite 2 der Berufungsbegründung) ergibt sich aus dieser Vermietungskette weder ein Vertragsverhältnis noch eine vertragsähnliche Beziehung zwischen den Parteien. Insbesondere liegen, anders als die Klägerin meint, die Voraussetzungen eines Vertrags zugunsten Dritter nicht vor. Aber auch ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ist nicht gegeben, weil die Klägerin als Untermieterin gegebenenfalls einen eigenen vertraglichen Anspruch gegen die Hauptmieterin hat (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 328 Rz. 28). Schließlich ist nicht hinreichend vorgetragen, dass die Klägerin direkte Zahlungen an die Beklagte - wie von dieser bestritten (Seite 3 des Schriftsatzes vom 20.12.2010) - erbracht hat, was ohnehin lediglich einer Abkürzung des Zahlungsweges gedient hätte. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf den Senatsbeschluss vom 20.5.2011 einen vertraglichen Anspruch zwischen den Parteien annimmt (Seite 1 des Schriftsatzes vom 15.6.2011), verkennt sie, dass die Beklagte nicht Hauptmieteri...

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