Leitsatz (amtlich)

Ein an dem betreffenden Grundstück bestehendes Erbbaurecht hindert den Vollzug einer Teilungserklärung nach § 8 Abs. 1 WEG nicht.

 

Normenkette

BGB § 93; ErbbauRG § 12 Abs. 1; WEG § 8 Abs. 1

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 12.7.2023 aufgehoben.

II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag nicht aus den Gründen des aufgehobenen Beschlusses zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten begehren die Eintragung der Aufteilung eines mit Wohnungs- und Teilerbbaurechten belasteten Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum.

An dem verfahrensgegenständlichen Grundstück wurde 1959 ein Erbbaurecht für die Dauer von 75 Jahren bestellt. Das Grundstück ist mit Mehrfamilienhäusern bebaut. An den einzelnen Einheiten besteht nach der Aufteilung des ursprünglichen Erbbaurechts 1961 jeweils ein Wohnungs- und Teilerbbaurecht. Die Beteiligten waren im Grundbuch gemeinschaftlich als Eigentümer zu Bruchteilen eingetragen.

Mit notarieller Urkunde vom 10.5.2022 veräußerten die Beteiligten ihre Miteigentumsanteile an dem Grundstück unter weiterer Aufspaltung an verschiedene Wohnungs- und Teilerbbauberechtigte. Außerdem erklärten sie die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum. Dabei wurde jedem künftigen Miteigentümer mit seinem Miteigentumsanteil am bisherigen Wohnungs- und Teilerbbaurecht das Sondereigentum an der Einheit verbunden, die er bis dahin als Wohnungs- und Teilerbbauberechtigter innehatte; hinsichtlich der Wohnungs- und Teilerbbaurechte, deren Inhaber keinen Miteigentumsanteil am Grundstück erwarben, sondern bei denen der Anteil anderweitig veräußert wurde, erfolgte die Einräumung von entsprechendem Sondereigentum mit dem betreffenden Miteigentumsanteil des Erwerbers.

Den über den Urkundsnotar gestellten Antrag der Beteiligten auf Vollzug wies das Grundbuchamt hinsichtlich der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum mit Beschluss vom 12.7.2023 zurück. Es folge der Argumentation des Oberlandesgerichts Karlsruhe, wonach der Eigentümer eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks nicht befugt sei, über das Bauwerk zu verfügen, da dieses gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts gelte.

Mit Schriftsatz vom 20.7.2023 legte der Urkundsnotar gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Die Argumentation des Oberlandesgerichts Karlsruhe gehe fehl; sie entspreche auch nicht - soweit ersichtlich - der herrschenden Ansicht in der Literatur. Inwieweit hier ein Unterschied zur sogenannten Vorratsteilung bestehe, bei der nach gängiger Praxis ein unbebautes Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt und dann im Zuge der Bebauung aus der Anwartschaft reales Sondereigentum werde, erschließe sich nicht. Gegenstand der Aufteilung sei nicht Begründung von Sondereigentum am Gebäude; aus der Urkunde sei zu entnehmen, dass das Eigentum am Bauwerk Bestandteil des Erbbaurechts sei und bleibe. Im zu entscheidenden Fall fehle zunächst lediglich am Gegenstand des Sondereigentums im Sinne eines Gebäudes, solange das Erbbaurecht fortbestehe. Mit dessen Ende werde das Gebäude gemäß § 12 Abs. 3 ErbbauRG wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Bei der Begründung von Sondereigentum an einem unbebauten Grundstück stehe die Entstehung des Gegenstands von Sondereigentum als zukünftiges ungewisses Ereignis im Raum und sei bis dahin substanzlos. Bei einem vorhandenen Erbbaurecht sei die Entstehung des Gegenstands von Sondereigentum hingegen lediglich befristet, nämlich solange das Erbbaurecht Bestand habe.

Das Grundbuchamt hat mit weiterem Beschluss vom 24.7.2023 der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig.

a) Gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrags ist die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO eröffnet (BeckOK GBO/Kramer Stand 1.8.2023 § 71 Rn. 104).

b) Analog § 15 Abs. 2 GBO gilt der Urkundsnotar als ermächtigt, gegen die auf seinen Eintragungsantrag hin ergangene Entscheidung für den Berechtigten, in dessen Namen er den Antrag gestellt hat, Rechtsmittel einzulegen (Senat RNotZ 2016, 665/666; BayObLG NJW-RR 1989, 1495; BeckOK GBO/Reetz § 15 Rn. 62).

c) Als antrags- und damit beschwerdeberechtigt sind vorliegend die Beteiligten anzusehen. Zwar spricht das Oberlandesgericht Karlsruhe in der vom Grundbuchamt zitierten Entscheidung - von seinem Standpunkt aus konsequent - den dortigen Antragstellern mangels Berechtigung zur Verfügung über das Bauwerk bereits die Antragsbefugnis nach § 13 Abs. 1 GBO ab (OLG Karlsruhe FGPrax 2023, 9/11). Hierbei handelt es sich jedoch um eine doppeltrelevante Tatsache, die auch Gegenstand der Begründetheitsprüfung ist. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung reicht aus, dass die ernsthafte Möglichkeit der Rechtsbeeinträchtigung besteht (Senat NJW-RR 2011, 235; BeckOK GBO/Kramer § 71 Rn. 213). Vorliegend ist somit die Antrags- und Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu unterstellen.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache E...

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