Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung eines Beschlusses über die Genehmigung baulicher Veränderungen.

2. Entsteht durch die Anbringung eines Giebeldaches anstelle des bisherigen Flachdaches ein zusätzlicher Raum, so steht dieser Raum im Gemeinschaftseigentum.

 

Normenkette

BGB § 133; WEG §§ 5, 14, 22

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 05.07.2006; Aktenzeichen 1 T 2145/06)

AG München (Aktenzeichen 481 UR II 1187/02 WEG)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird in Abänderung des Beschlusses des LG München I vom 5.7.2006 festgestellt, dass die Antragsteller berechtigt sind, ein Giebeldach nach Maßgabe der Baugenehmigung der Landeshauptstadt München vom 17.9.2003, Az: 602-1.21-2003-21328-34 zu errichten.

II. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.

III. Unter Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen werden die Kosten des Verfahrens in sämtlichen Rechtszügen gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 124.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Die Anlage besteht aus zwei Gebäuden, nämlich einem Gebäude mit Flachdach und einem mehrstöckigem Wohngebäude mit sechs Wohnungen.

In der Eigentümerversammlung vom 27.9.2002 (Anlage A 2) hat die Gemeinschaft mehrheitlich, nämlich mit 700/1000 unter TOP 3 und 4 folgenden Beschluss gefasst:

"Es wird ein Plan für ein Giebeldach vorgelegt. Der Plan ist bei Einhaltung der Vorgaben a) 18° Dachneigung, b) kein Kniestock c) ggf. Ringanker vorab genehmigt."

Zu TOP 5 stimmten die Eigentümer mit einer Mehrheit von 700/1000 gegen die Nutzung des Satteldachs als zusätzliche Bürofläche.

Die Antragsteller haben daraufhin einen Plan erstellen lassen und für diesen eine Baugenehmigung der Landeshauptstadt München vom 17.9.2003 erholt, der zwar nach Angaben der Antragsteller eine Dachneigung von 18° vorsieht, bei dem jedoch das Dach auf dem Baukörper gedreht ist, der First also auf einer Gebäudeecke aufsitzt. Die Höhe des Bankgebäudes würde sich durch das Dach von bisher 4,14 m auf 7,495 m erhöhen.

Die Antragsteller begehren, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, die Feststellung, dass die Antragsteller in der Eigentümerversammlung vom 27.9.2002 (die Jahreszahlangabe 2003 beruht auf einem offensichtlichen Schreibversehen) der Ausführung der baulichen Veränderung zugestimmt haben. Ferner begehren sie unter Ungültigerklärung von TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 27.9.2002 die Verpflichtung der Antragsgegner (die Benennung der Antragsteller ist ein offensichtliches Schreibversehen), einer Nutzung des durch die Errichtung des Giebeldaches zusätzlich entstehenden Raumes zu Bürozwecken zuzustimmen.

Das AG hat mit Beschluss vom 17.1.2006 dem Antrag insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, dass die Antragsteller zur Errichtung eines Giebeldaches nach Maßgabe des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 27.9.2002 berechtigt sind. Im Übrigen hat es die Anträge abgewiesen. Hiergegen haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegner haben bezüglich der Kostenentscheidung Anschlussbeschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 5.7.2006 hat das LG die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung der Beschwerde richtet sich die weitere Beschwerde der Antragsteller.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise begründet.

1. Das LG hat ausgeführt: Es liege eine bauliche Veränderung vor, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfe. Die erforderliche Genehmigung liege nicht in dem Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.9.2002. Es fehle an einer ausreichenden Bestimmtheit des Beschlusses. Der Beschluss sage weder etwas zum Dachüberstand, zur Position des Daches auf dem Gebäudekörper, zum verwendeten Material noch zur farblichen Gestaltung aus. Außerdem gehe der unvoreingenommene Betrachter von einem Giebeldach aus, dessen First parallel zur Hauswand verlaufe und nicht von einem Giebeldach, dessen First diagonal auf den Baukörper aufsitze. Dadurch werde nämlich das Dach höher.

Die Antragsteller hätten auch keinen Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung des Giebeldaches, weil die Antragsgegner über das in § 14 WEG unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt würden. Dies sei deshalb der Fall, weil das Dach höher würde und dies zudem zu einer intensiveren Nutzungsmöglichkeit des neu entstandenen Dachraums führen würde.

Hinsichtlich des neu entstandenen Raums hätten die Antragsteller kein Recht zu einer Nutzung, da die intensivere Nutzung des Gebäudes einen erheblichen Nachteil i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG darstellen würde.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung teilweise stand.

a) Die Antragsteller sind berechtigt, das Dach entsprechend der erteilten Baugenehmigung auszuführen.

Der Eigentümerbeschluss zu Tagesordnungspunkt 3 und 4 enthält eine für die Zukunft wirkende Regelung. Er ist deshalb vom Rechtsbesc...

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