Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 30.10.2008; Aktenzeichen 18 O 80/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.03.2010; Aktenzeichen III ZR 178/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Bonn vom 30.10.2008 (18 O 80/08) abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 17.633,43 EUR nebst gezogener Nutzungen hieraus i.H.v. 5 % p.a. seit dem 1.1.1999 Zug um Zug gegen Herausgabe der unter der Bezugsnummer 1937603 bei ihr zum Austausch eingereichten und an die Klägerin wieder zurückgesandten 3.668 Telefonkarten mit DM-Guthaben zu zahlen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 9 % und die Beklagte zu 91 %.

3.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicher-heitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Telefonkarten geltend, die die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die E. C., in der Zeit von 1987 bis Oktober 1998 herausgegeben hat. Die Karten weisen keine Laufzeitbefristung aus. Die Karten wurden von der Beklagten im Jahre 2001 in der Weise gesperrt, dass mit ihnen ab dem 1.1.2002 nicht mehr telefoniert werden konnte. Am 29.10.2007 reichte die Klägerin bei der Beklagten insgesamt 4020 Telefonkarten ein, deren Umtausch sie verlangte. Entsprechend ihrem Schreiben vom 20.12.2007 (Anlage K 8) tauschte die Beklagte lediglich 329 Telefonkarten um. Im Hinblick auf 3668 Telefonkarten, die ohne aufgedruckte Gültigkeitsdauer vor Mitte Oktober 1998 produziert worden waren, berief sie sich auf die Verjährung des Umtauschanspruches. 23 Telefonkarten tauschte die Beklagte wegen Manipulationen am Guthabenspeicher nicht um. Mit Schreiben vom 24.1.2008 (Anlage B 1) sandte die Beklagte der Klägerin die nicht manipulierten 3668 Telefonkarten zurück. Mit der Klage hat die Klägerin ursprünglich den Umtausch von 3691 Telefongutachten geltend gemacht. Nachdem sie den Rücktritt von dem Telefonkartenvertrag erklärt hatte, hat sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie den Guthabenwert von 19.042,81 EUR nebst gezogener Nutzungen i.H.v. 5 % p.a. hieraus seit dem 1.1.1999 Zug um Zug gegen Herausgabe der Telefonkarten zu zahlen. Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin Inhaberin der Telefonkarten sei. Im Übrigen sei der geltend gemachte Anspruch verjährt. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe den Umtausch der Telefonkarten zu Recht verweigert, weil der Umtauschanspruch verjährt sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der Klägerin zuletzt lediglich den unstreitigen Guthabenwert von 17.633,43 EUR der an sie zurückgesandten 3668 Telefonkarten begehrt.

Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 17.633,43 EUR nebst gezogener Nutzungen hieraus i.H.v. 5 % p.a. seit dem 1.1.1999 Zug um Zug gegen Herausgabe der unter der Bezugsnummer 1937603 bei ihr zum Austausch eingereichten an die Klägerin wieder zurückgesandten 3668 Telefonkarten mit DM-Guthaben zu zahlen. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien sowie die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist mit dem zuletzt geltend gemachten Antrag begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 346 BGB a.F. auf Erstattung des Guthabenwertes der an sie zurück übersandten 3668 Karten i.H.v. 17.633,43 EUR.

1. Dieser Anspruch ergibt sich nach den vom BGH aufgestellten Grundsätzen aus einer ergänzenden Vertragsauslegung des der Telefonkartenbegebung zugrunde liegenden Telefonkartenvertrages (BGH NJW-RR 2008, 562 = MMR 2008, 458). Aufgrund des jeweiligen Telefonkartenvertrages ist die Beklagte ebenso wie ihre Rechtsvorgängerin verpflichtet, für die Kartennutzung ein funktionierendes Netz öffentlicher Fernsprecher vorzuhalten und den Karteninhabern die Führung von Telefongesprächen im Rahmen des jeweiligen Guthabens zu ermöglichen (BGH, a.a.O., sowie BGHZ 148, 74, 78 = NJW 2001, 2635). Im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB steht der Beklagten zwar im Hinblick auf die nicht mit einem Gültigkeitsvermerk versehenen Telefonkarten, die vor Mitte Oktober 1998 ausgegeben wurden, das Recht zu, die Karten nachträglich zu sperren. Dieses Bestimmungsrecht muss jedoch entsprechend § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Die Beklagte hat daher dem Kunden im Gegenzug ein unbefristetes Recht zum Umtausch der gesperrten Telefonkarten gegen aktuelle Telefonkarten mit gleichem Guthabenwert einzuräumen (BGH, a.a.O.).

2. Ein solcher Anspruch stand auch der Klägerin als Inhaberin ...

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