Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 37 O 36/18)

 

Tenor

1. Der Senat weist darauf hin, dass er der Berufung der Beklagten keine Erfolgsaussicht beimisst.

2. Es wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten ohne erneute mündliche Verhandlung zurückzuweisen.

Die Beklagte mag im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen innerhalb einer Frist von drei Wochen klarstellen, ob - nicht zuletzt aus Kostengründen - eine Rücknahme ihrer Berufung erfolgt.

3. Wert für das Berufungsverfahren: 12.705,39 EUR

 

Gründe

I. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten verspricht keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat nimmt zunächst insoweit in vollem Umfang Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB zusteht.

1. Die Beklagte hat den Kläger durch das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen, mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung versehenen Motors A, der in das Fahrzeug des Klägers eingebaut wurde, vorsätzlich sittenwidrig geschädigt.

a) Soweit die Beklagte einwendet, dem bloßen Akt des Inverkehrbringens des Motors sei kein Erklärungswert gegenüber dem Kläger beizumessen, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Vielmehr liegt in dem Inverkehrbringen des mit der fraglichen Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Motors zum Einbau - auch in Fahrzeuge anderer Hersteller - eine Täuschung sämtlicher potentieller Kunden, die von der Installation dieser Software keine Kenntnis haben.

Bevor ein Kraftfahrzeughersteller berechtigt ist, ein Fahrzeug für die Nutzung im Straßenverkehr auf den Markt zu bringen, hat er die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren erfolgreich zu durchlaufen. Mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs bringt er gegenüber seinen potentiellen Kunden zum Ausdruck, dass für das entsprechende Fahrzeug die erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen zu Recht erteilt worden sind. Der Kunde geht aufgrund des Inverkehrbringens des Fahrzeugs davon aus, dass dieses die technischen und die rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung erfüllt und dass der Hersteller die für den Fahrzeugtyp erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen nicht durch eine Täuschung erwirkt hat.

Nichts anderes gilt für den hier von Seiten der Beklagten hergestellten Motor, der für den Einbau in ein Fahrzeug der Marke B hergestellt und in Verkehr gebracht worden ist.

Unerheblich ist auch, ob der Kunde das Fahrzeug als Neufahrzeug unmittelbar vom Hersteller oder einem Händler oder - wie hier - als gebrauchtes Fahrzeug von einem Händler oder auch von einem privaten Käufer erworben hat, da die Täuschungshandlung sämtliche auf dem Markt befindliche, mit dem streitgegenständlichen Motor ausgestattete Fahrzeuge erfasst.

b) Zu Recht hat das Landgericht eine Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten bejaht.

Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013 - VI ZR 336/12, NJW 2014, 383 Rn. 9 m.w.N.).

Sittenwidrig handelt danach auch derjenige, der eine Sache, von deren Mangelhaftigkeit er weiß, in der Vorstellung in den Verkehr bringt, dass die betreffende Sache von dem Erwerber in unverändert mangelhaftem Zustand an einen ahnungslosen Dritten, der in Kenntnis der Umstände von dem Geschäft Abstand nähme, veräußert werden wird.

So verhält es sich hier:

aa) Die Mitarbeiter der Beklagten haben den Motor A mit einer Software zur Motorsteuerung ausrüsten lassen, die zwei Betriebsmodi und darunter einen im Sinne der Abgasrückführung optimierten Betriebsmodus vorsah, und auf dieser Grundlage Typengenehmigungen der so ausgerüsteten Fahrzeuge erwirkt, ohne die dafür zuständige Behörde hiervon in Kenntnis zu setzen. Darin allein liegt mit Rücksicht auf die daraus folgende Rechtsunsicherheit für die Typengenehmigung und die Betriebszulassung der entsprechend ausgerüsteten Fahrzeuge ein gravierender Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.

Der vernünftige Durchschnittskäufer erwartet, wenn er ein für den Betrieb im Straßenverkehr vorgesehenes Fahrzeug erwirbt, dass das betreffende Fahrzeug entweder zu Recht zugelassen oder zulassungsfähig ist. Dementsprechend geht er nicht nur davon aus, dass das Fahrzeug die technischen und die rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung erfüllt, sondern auch, dass der Hersteller die für den Fahrzeugtyp erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen nicht ...

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