Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 12 O 228/17)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.504,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin von der durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 48% und die Beklagte 52 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 61 % und die Beklagten 39 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

6. Die Revision wird zugelassen.

7. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 14.170,14 EUR festgesetzt.

8. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Landgerichts auf 10.504,69 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Rückzahlung des (Teil-)Kaufpreises für einen Personenkraftwagen, dessen Motor mit einer Steuerungssoftware versehen war, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand betrieben wird, Zug um Zug gegen Zahlung eines Wertersatzes statt der Rückgabe des Fahrzeugs unter Berücksichtigung einer Nutzungsentschädigung für das Fahrzeug. Des Weiteren begehrt die Klägerin die Verzinsung des Kaufpreises seit Kaufvertragsschluss und die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für weitere Schäden aufgrund des Einsatzes der Steuerungssoftware.

Die Klägerin erwarb am 7. März 2012 zu einem Preis von 35.739,01 EUR/brutto von der Beklagten einen Neuwagen VW Golf Plus Comfortline 1.6 TDI, der mit einem 1,6-Liter Dieselmotor des Typs EA 189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet war und dessen Hersteller die Beklagte ist. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typengenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Das Fahrzeug wurde der Klägerin am 11. Oktober 2012 übergeben.

Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungs-Modus 1, einen stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. So werden mehr Stickoxide in den Motor zurückgeführt, wo sie erneut am weiteren Verbrennungsvorgang beteiligt werden, bevor sie das Emissionskontrollsystem erreichen. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungs-Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxid-Ausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typengenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand.

Im September 2015 räumte der Hersteller öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Gegen die Beklagte erging ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrtbundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung, der auch das Fahrzeug der Klägerin betrifft. Das KBA ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Beklagte als Hersteller gab mit Pressemitteilung vom 16. Dezember 2015 (Anlage K 5) bekannt, Software-Updates durchzuführen, mit denen die Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA 189 entfernt werden sollte, wobei bei Fahrzeugen mit einem 1,6-Liter-Motor zusätzlich ein sogenannter Strömungsgleichrichter vor dem Luftmassenmesser eingebaut werden sollte. Nach der Installation sollen die betroffenen Fahrzeuge nur noch in einem adaptierten Modus 1 betrieben werden.

Am 14. September 2016 veräußerte die Klägerin das Fahrzeug nach einem von ihr nicht verschuldeten Unfall zu einem Preis von 6.910,- EUR bei einem Kilometerstand von 86.272 km weiter. Zudem erhielt die Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.857,88 EUR als Versicherungsleistung zum Zwecke der Schadensregulierung. Durch einen Kfz-Sachverständigen waren zuvor ein Wiederbeschaffungswert von 14.000,- EUR, ein Restwert von 6.000,- EUR und eine Wertminderung von 500,- festgestellt worden.

Mit Schreiben vom 30. November 2015 forderte die Klägerin die Beklagte zur Lieferung eines nach aktuellen Vorschriften zulassungsfähigen mangelfreien und vertragsgemäßen Neuwagens auf (Anlage R 38). Mit Schreiben vom 7. Juni 2017 setzte die Klägerin der Beklagten erfolglos eine Frist zum 21. Juni 2017 zur Rückabwicklung des Kaufvertrages (Bl. 63ff GA).

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, das Fahrzeug sei nicht zulassungsfähig gewesen. Sie sei aufgrund der EG-Übereinstim...

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