Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattensplitting und Berechnung des Unterhaltsanspruchs. Nachehelicher Unterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erst für den Unterhaltszeitraum nach der Verkündung der Entscheidung des BVerfG vom 7.10.2003 ist die vorher gefestigte Rechtsprechung des BGH zum Ehegattensplitting im Verhältnis zum Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau nicht mehr anzuwenden.

2. Auch der Teil des Arbeitslosengeldes, der dem geschiedenen Ehemann wegen der zweiten Ehefrau gezahlt wird, ist nicht in die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der ersten Ehefrau einzubeziehen.

 

Normenkette

GG Art. 6 Abs. 1; BGB § 1373 Abs. 2, § 1578

 

Verfahrensgang

AG Sinzig (Urteil vom 24.10.2003; Aktenzeichen 8 F 447/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen XII ZR 163/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Sinzig vom 24.10.2003 teilweise abgeändert und neu gefasst wie folgt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt in folgender Höhe zu zahlen:

für die Zeit vom 1.6.2002 bis 31.12.2002 265 Euro monatlich,

für die Zeit vom 1.1.2003 bis 30.9.2003 184 Euro monatlich,

für die Zeit vom 1.10.2003 bis 31.12.2003 189 Euro monatlich und

ab 1.1.2004 327 Euro monatlich.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin zu 30 % und der Beklagte zu 70 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Beklagten ist nur teilweise begründet.

Es wird zunächst zur Darstellung des Sachverhalts auf das Urteil des AG - FamG - Sinzig vom 24.10.2003 Bezug genommen.

Das AG - FamG - Sinzig hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt in folgender Höhe zu zahlen:

Für die Zeit vom 1.6.2002 bis 31.12.2002 monatlich 368 Euro,

vom 1.1.2003 bis 31.3.2003 monatlich 353 Euro,

vom 1.4.2003 bis 30.6.2003 monatlich 336 Euro,

ab dem 1.7.2003 monatlich 327 Euro.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass das AG in diesem Urteil sein unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähiges Einkommen zu hoch und dasjenige der Klägerin zu niedrig angesetzt habe.

Der auf Seiten der Klägerin berücksichtigte Wohnwert sei höher, da die Umlage bezüglich der mittlerweile erneuerten Heizungsanlage nun nicht mehr zu berücksichtigen sei.

Auf seiner Seite seien zu Unrecht die Pkw-Kredite i.H.v. 300 Euro monatlich nicht berücksichtigt worden, weil die berufsbedingten Anschaffungskosten des Pkw mit der Entfernungspauschale als abgegolten angesehen worden seien.

Zumindest die Hälfte der monatlich anfallenden Kosten für die Kantine, folglich also 35 Euro, seien einkommensmindernd als berufsbedingte Mehraufwendungen zu berücksichtigen. Seine zweite Ehefrau sei aufgrund der Betreuung des minderjährigen Sohnes aus der neuen Ehe hinsichtlich der Unterhaltsansprüche gleichrangig mit der Klägerin. Zumindestens ab 1.10.2003 hätte aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 17.10.2003 berücksichtigt werden müssen, dass der Splittingvorteil des Beklagten aus seiner neuen Ehe nicht in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen sei.

Der Nettobetrag der an ihn im September 2003 ausgezahlten Abfindung für die Zeit ab 1.10.2003 sei auf die Zeit bis zum regulären Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 65. Lebensjahres zu verteilen.

Wenn der Unterhalt für das Kind aus der zweiten Ehe nicht vorweg abgezogen werde, weil das Kind die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt habe, müsse auch der Teil des an ihn ab 1.10.2003 gezahlten Arbeitslosengeldes außer Betracht bleiben, der wegen der Existenz des Kindes aus der zweiten Ehe gem. § 129 SGB III/1 an ihn gezahlt werde. Es verbleibe dann nur noch ein Arbeitslosengeld i.H.v. durchschnittlich monatlich 1.427,45 Euro.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des AG Sinzig vom 24.10.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass ein Instandsetzungsbedarf der Wohnanlage auch für die Jahre 2003 und 2004 bestand und deswegen auch weiterhin Rücklagen in der vom AG berücksichtigten Höhe abzuziehen seien.

Die Kosten für die Anschaffung eines Pkw seien in der Pauschale pro Entfernungskilometer enthalten.

Die Kosten für das Kantinenessen i.H.v. 3,81 Euro pro Mahlzeit würden nicht die bei Zubereitung einer Mahlzeit zu Hause entstehenden Kosten übersteigen.

Das Urteil des BVerfG vom 7.10.2003 könne nicht berücksichtigt werden, da es erst nach der Verkündung des erstinstanzliche...

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