Leitsatz (amtlich)

1. Eine Aufklärungspflicht der Bank über ihre Gewinnmarge bei einem Festpreisgeschäft (Kaufvertrag) besteht nicht.

2. Ein bestimmter und feststehender Nachlass der Emittentin auf den Emissionspreis (Nominalwert) bei Zertifikaten (Einkaufsrabatt der Bank) stellt keine Zuwendung i.S.v. § 31d Abs. 2 WpHG in der ab dem 1.11.2007 geltenden Fassung dar.

Mit dem Erwerb von Zertifikaten von der Emittentin im Eigenhandel durch eine Bank ist die Möglichkeit zum Weiterverkauf nach eigenständiger Kalkulation verbunden. Die bloße Möglichkeit, bereits bei einem Weiterverkauf der Zertifikate zum Nominalbetrag einen Gewinn zu erzielen, rechtfertigt die Annahme einer Zuwendung i.S.v. § 31d WpHG (der Emittentin an die Bank als ihren Vertragspartner) nicht.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2; WpHG § 31d

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 19.07.2011; Aktenzeichen 2 O 301/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.09.2013; Aktenzeichen XI ZR 332/12)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 19.7.2011 - 2 O 301/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 102.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der Emittentin Lehman Brothers Treasury Co. B. V. in Anspruch.

Der Kläger und seine Ehefrau, die Zeugin M, sind seit der Eröffnung eines Wertpapierdepots am 26.3.2003 Kunden der Beklagten, die früher unter der Bezeichnung C firmierte.

Nach einem Beratungsgespräch mit dem damals bei der Beklagten angestellten Zeugen T, über dessen Inhalt Streit besteht, erwarb der Kläger, damals 68 Jahre alt und Rentner mit einem bei der C angelegten Gesamtvermögen von 479.140 EUR und einem Gesamtvermögen bei anderen Banken zwischen 100.001 EUR und 150.000 EUR, am 17.12.2007 von dem insgesamt anzulegenden Betrag von 305.000 EUR entsprechend der Empfehlung der Beklagten 100 Bonus Express Defensiv Zertifikate II der Emittentin Lehman Brothers Treasury Co. B. V. zum Preis von 102.000 EUR (im Folgenden Lehman-Zertifikate). Ferner investierte er 103.000 EUR in eine kapitalgeschützte Anleihe der Emittentin BNP Paribas (Alpha Express Europa/USA Anleihe II mit der WKN BN0KY0) und legte 100.000 EUR im Rahmen der von der Beklagten offerierten Anlage "Rendite Plus" als Festgeld an.

In der vom Kläger unterschriebenen Kauforder (Anlage B 27) findet sich bezüglich der Lehman-Zertifikate ein Hinweis auf einen Ausgabeaufschlag (AA) i.H.v. 2 %, den die Beklagte erhalten sollte. Ferner erhielt diese von der Emittentin dieser Zertifikate noch eine Vertriebsvergütung bzw. einen Preisnachlass von 27,50 EUR je Zertifikat.

In der Wertpapiersammelorder ist (unter "Vergütungsvereinbarung" unmittelbar über der Unterschrift des Kunden) formuliert:

"Sonstige Rückvergütungen bzw. Vertriebsfolgeprovisionen bei der Zeichnung von Zertifikaten oder Fonds werden in den Produktinformationen ausgewiesen. Der unterzeichnende Kunde stimmt zu, dass C die genannten Vergütungen als Entgelt für ihre Tätigkeit einbehält."

Unter "Hinweis allgemein" ist festgehalten:

"Anlagen in diese Produkte sind keine Bankeinlagen und sind nicht durch C ... oder den Einlagensicherungsfonds garantiert. Die Performance der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die zukünftige Wertentwicklung zu. Der Wert der Anlage unterliegt den Schwankungen des Marktes, welche zum ganzen oder teilweisen Verlust des Investments führen können. Der Erwerb dieser Produkte ist mit Kosten/Gebühren verbunden ...".

Das Risikoprofil des Klägers (Anlage B 25) gibt an, dass er Erfahrungen und Kenntnisse bis zur Risikoklasse 4 habe, dass seine künftige Anlagestrategie ausgewogen mit einem maximalen Risikoanteil von 55 % sein solle und dass seine Aufträge nur in Übereinstimmung mit seinem Risikoprofil ausgeführt werden sollen. In der Kauforder (Wertpapiersammelorder; Anlage B 27) ist die Risikoklasse der Lehman-Zertifikate mit Risikoklasse 3 angegeben und ferner angemerkt, durch Ausführung der Order werde der Risikoanteil reduziert und der Anteil Risikoklasse 4 sei im zugelassenen Bereich.

Bei den gezeichneten Lehman-Zertifikaten handelte es sich um indexorientierte Zertifikate, die - wie die vom Kläger am 13.9.2006 erworbenen und vorzeitig zurückgezahlten Premium Express Defensiv 5 Zertifikate - auf den Dow Jones EuroSTOXX 50-Index als Basiswert bezogen und mit einem Risikopuffer von 50 % versehen waren. Die Zertifikate hatten eine maximale Laufzeit von fünf Jahren. Wegen der weiteren Einzelheiten wir...

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