Leitsatz (amtlich)

Den Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung kann eine Verkehrsunfallgeschädigter vom Schädiger nicht fordern, da diese nicht vom Schutzzweck des § 249 BGB umfasst sind (im Anschluss an die Rechtsprechung des Senats, z.B. Beschl. v. 9.12.2010 - 1 W 64/10).

Selbst wenn man annimmt, dass dem Rechtsanwalt für die Deckungsanfrage überhaupt eine gesonderte Gebühr zusteht (offengelassen von BGH NJW 2011, 1222) und es sich auch nicht um eine Vorbereitungshandlung i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 RVG handelt (so aber OLG München JurBüro 1993, 163), so unterhält der Geschädigte die Rechtsschutzversicherung, um sich gegen das Kostenrisiko abzusichern, das sich ergibt, wenn er in einem Rechtsstreit unbegründete Forderungen geltend macht oder sich als Beklagter erfolglos gegen vom Prozessgegner erhobene Ansprüche verteidigt. Die Absicherung gegen dieses Risiko ist jedoch von dem konkreten Verkehrsunfall als haftungsauslösendem Umstand unabhängig. Zur Absicherung gegen die eine Partei möglicherweise trotz Obsiegens treffende sekundäre Kostenlast bedarf es der Heranziehung der Rechtsschutzversicherung wegen der jederzeit möglichen direkten Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG), bei dem ein Insolvenzrisiko faktisch nicht besteht, nicht.

Auch nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2011, 1222) sind solche Kosten nur dann zu erstatten, wenn die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte unter den Umständen des Falles erforderlich und zweckmäßig war; das ist nicht der Fall, wenn die Rechtsschutzversicherung die Deckungszusage umstandslos erteilt. Es bedarf dann der Darlegung, warum die Partei die Zusage nicht selbst hätte einholen können.

 

Normenkette

BGB § 249

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 31.05.2011; Aktenzeichen 1 O 105/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Baden-Baden vom 31.5.2011 - 1 O 106/10 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.399,76 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.3.2010 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten von 191,65 EUR zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten der ersten Instanz haben der Kläger 35 % und die Beklagte 65 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 20.1.2010 geltend; die volle Einstandspflicht der beklagten Haftpflichtversicherung ist im Berufungsrechtszug nicht mehr im Streit.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.188,74 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.3.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt dem Kläger zum Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten 558,11 EUR zu zahlen.

Das LG hat der Klage i.H.v. 2.925 EUR nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Hiergehen richtet sich die Berufung des Klägers, soweit ihm das LG den Ersatz von Sachverständigenkosten und des Nutzungsausfallschadens sowie vorgerichtliche Anwaltskosten nicht zuerkannt hat.

Der Kläger beantragt:

1. In Abänderung des Urteiles des LG Baden-Baden wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 962,74 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.3.2010 zu zahlen.

2. In Abänderung des Urteiles des LG Baden-Baden wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 486,16 EUR zum Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 313a S. 1, 525 S. 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

1. An Kosten für den von ihm außergerichtlich beauftragten Sachverständigen kann der Kläger 474,76 EUR fordern. Das LG ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seinem Sachverständigen die ihn bekannten Vorschäden verschwiegen hat. Dadurch ist das Gutachten aber nicht völlig unbrauchbar geworden. Vielmehr hat der gerichtliche Sachverständige sowohl die Gesamtreparaturkosten (die auch die vom Versicherungsnehmer der Beklagten nicht verursachten Vorschäden umfassen) als auch den Wiederbeschaffungswert aus dem Gutachten des Sachverständigen R. übernommen und bei letzterem lediglich einen Betrag für die nichtreparierten Vorschäden in Abzug gebracht. Das rechtfertigt es, dem Kläger unter Berücksichtigung von § 254 ZPO 2/3 der ihm entstandenen Gutachterkosten zuzubilligen.

2. Den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens kann der Kläger dagegen nicht beanspruchen. Er ist beweispflichtig dafür, dass ihm auch ein solcher Schaden entstanden ist, denn der Nutzungsausfall ist nicht notwendiger Teil...

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