Leitsatz (amtlich)

1. Weist der vom Immobiliardarlehensnehmer nach Widerruf seiner Darlehensvertragserklärung beauftragte und bevollmächtigte Notar zur Herbeiführung der Lastenfreiheit des vom Darlehensnehmer verkauften Grundstücks den Erwerber an, einen Teil des Kaufpreises zum Zwecke der Ablösung der restlichen Darlehensvaluta und zur Erfüllung der von der Darlehensgeberin geforderten Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen, so ist die kraft Anweisung erfolgte Zahlung des Erwerbers an die Darlehensgeberin als eigene Leistung des Darlehensnehmers anzusehen.

2. Einer Rückforderung der auf diese Weise geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung steht § 814 BGB entgegen, weil hinsichtlich der Kenntnis der Nichtschuld nach § 166 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den widerrufenden Darlehensnehmer abzustellen ist.

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 18.03.2014; Aktenzeichen 2 O 319/13)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Heidelberg vom 18.3.2014 - 2 O 319/13 - im Kostenpunkt aufgehoben und dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 20.626,69 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen Auszahlung der von der Beklagten bei der Ablösung von zwei Immobiliardarlehen einbehaltenen Vorfälligkeitsentschädigungen.

Die Beklagte gewährte den Klägern zur Finanzierung des Erwerbs einer von ihnen selbst genutzten Immobilie im Jahr 2004 zwei Realdarlehen, die am 29.08./4.9.2012 durch Anschlusskredite über 106.121,75 EUR und 55.575,85 EUR abgelöst worden sind (Anlagen K 1 und K 2). Am 10.5.2013 veräußerten die Kläger die Immobilie für 195.000 EUR (Anlage B 10); am selben Tag erklärte der Kläger 2 den Widerruf seiner Darlehensvertragserklärungen (vgl. Widerrufsschreiben des Klägers vom 27.5.2013, Anlage K 7). Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger den Widerruf auch für die Klägerin erklärte. Die Klägerin 1 hat ihre Vertragserklärungen im Laufe des Rechtsstreits erster Instanz (vorsorglich) widerrufen.

Die Beklagte bewilligte am 7.6.2013 gegenüber dem Urkundsnotar die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld unter der Auflage, dass nicht nur die jeweilige Darlehensvaluta, sondern auch die aufgelisteten Vorfälligkeitsentschädigungen von 17.907,56 EUR und 2.722,13 EUR gezahlt werden (Anlage B 4). Der Notar veranlasste die entsprechende Zahlung der Käufer i.H.v. 181.853,48 EUR auf das von der Beklagten eingerichtete Treuhandkonto Nr.. Den restlichen Kaufpreis überwiesen die Käufer je zur Hälfte an die Klägerin und den Kläger (Anlage C 1, 2 und 4, AH OLG). Die Beklagte hatte die Kläger zuvor erfolglos mit Schreiben vom 7.6.2013 aufgefordert, eine Vereinbarung über die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung zu unterzeichnen (Anlage K 6).

Die Kläger machen geltend, die ihnen bei Abschluss der Anschlussfinanzierung erteilten Widerrufsbelehrungen seien nicht gesetzeskonform, weil sie nicht deutlich genug gestaltet seien und außerdem nicht über die den Verbrauchern zustehenden Rechte nach Widerruf informierten. Sie fordern Herausgabe der von den Käufern gemäß Anweisung des Notars auf das Treuhandkonto gezahlten Beträge für die Vorfälligkeitsentschädigung und Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ihrerseits widerklagend Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt.

Das LG hat nach Beweisaufnahme der Klage durch Urteil vom 18.3.2014, auf das wegen der weiteren Feststellungen zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand Bezug genommen wird, hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben. Der beiderseitige Widerruf der Darlehensvertragserklärungen durch die Kläger sei wirksam, weil die Darlehensnehmer nicht deutlich genug über ihr Recht zum Verbraucherwiderruf belehrt worden seien, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Da die Kläger auch dem Zahlungsverlangen der Beklagten im Zusammenhang mit der Erteilung der Löschungsbewilligung nicht zugestimmt hätten, fehle es an einem Anspruchsgrund für die begehrte Vorfälligkeitsentschädigung. Insbesondere habe die Beklagte das Schweigen der Kläger auf ihr Anschreiben vom 7.6.2013 nicht als Einverständnis verstehen dürfen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte, die mit der Berufung den im ersten Rechtszug gestellten Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgt. Dem LG könne von Rechts wegen nicht in der Beurteilung gefolgt werden, dass die inhaltlich korrekte Widerrufsbelehrung allein wegen ihrer drucktechnischen Gestaltung unwirksam sei. Die vom LG geforderte Hervorhebung des Belehrungstextes finde im Gesetz keine Grundlage und stehe auch in Widerspruch zur höchstrich...

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